Über die Berge - Teil 39

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Die Spanier und die Tlaxcalteken waren jetzt die Herren von Cholula und sie würden diese Stadt garantiert nicht ohne Kampf wieder aufgeben. Es änderte sich etwas im Reich der Mexica und Blaue Eidechse war unglaublich stolz darauf, seinen Teil dazu beizutragen.

Noch vor wenigen Tagen wollte er unbedingt das neue Murmeltier in Xochimilco werden. Doch dann hatten die Azteken mitten in der Nacht ihre Tür eingetreten und seinen Vater und ihn aus dem Schlaf gerissen. Nur mit dem Lendenschurz bekleidet wurden sie durch die Nacht geprügelt und mussten so schnell es nur ging den Pass hinauf rennen, um dort die Schanzen zu errichten.

Wie Sklaven wurden sie behandelt und als sie nach einem ganzen runden Mond endlich fertig waren, konnten sie froh sein, dass sie noch immer am Leben waren. Denn zwei andere Männer aus ihrem Dorf hatten es nicht geschafft. Sie waren in dem schweren Gelände verunglückt und gestorben.

Diese Zeit beim Schanzenbau hatte Blaue Eidechse endgültig die Augen geöffnet. Er wollte nicht länger ein Handlanger der Azteken sein. All die Jahre hatte er die Jungs aus dem Dorf gehasst, weil sie ihn immer wieder verprügelt hatten. Jetzt konnte er zumindest verstehen, warum er bei ihnen so verhasst war.

Nie wieder wollte er auch nur im Entferntesten etwas mit den Azteken zu tun haben. Schon gar nicht wollte er für sie arbeiten. Sollte er jemals einen Sohn haben, dann würde der garantiert nicht von den anderen Jungs verprügelt werden, weil er ihren Vätern die Ernte weg nahm.

Nachdem er fast einen ganzen Tag im heiligen Bezirk von Cholula gewartet hatte, suchten ihn Malinche und ein spanischer Krieger dort auf. Genau wie alle anderen Spanier trug auch dieser Krieger eine Rüstung aus Metall an seinem Oberkörper. Auch seine Arme und sein Kopf waren von diesem Metall bedeckt. Seine linke Hand ruhte lässig auf dem Griff seines Degens. 

Staunend betrachtete Blaue Eidechse diesen Mann aus der Nähe und wunderte sich darüber, wie gut er sich in seiner Rüstung bewegen konnte. Das Ding war anscheinend nicht starr, sondern sehr flexibel. Sogar seine Hände konnte er problemlos bewegen. Nur seine Beine waren ungeschützt. 

Freundlich lächelte der Mann ihn an. Er war wohl ein paar Jahre älter als die Frau, aber immer noch sehr jung, ungefähr im gleichen Alter wie Blaue Eidechse.

„Ich bin Martín, wie lautet dein Name?", fragte der Spanier ihn freundlich und fast ohne Akzent auf Nahuatl. Anscheinend hatten die Späher ihm berichtet, dass seine Worte der Wahrheit entsprachen. Es gab tatsächlich einen Hinterhalt der Azteken auf dem Pass.

„Ich bin Blaue Eidechse. Mein Vater ist das offizielle Murmeltier eines Dorfes am Stadtrand von Xochimilco."

Kurz erklärte Malinche ihm, was ein offizielles Murmeltier war und er nickte.

„Wenn dein Vater im Dienst der Azteken steht, warum hilfst du uns dann?", fragte Martín ein wenig skeptisch.

„Lange Zeit wollte ich meinem Vater nachfolgen und sein Amt übernehmen. Aber heute will ich das nicht mehr. Ich will nicht für die Azteken arbeiten. Viel lieber will ich sehen, wie der Herr von Malinche das Reich der Mexica erschüttert."

Malinche trat einen kleinen Schritt vor. „Wie kommst du auf diesen Gedanken? Mein Herr ist der beste Freund Moctezumas." Sie musste ein kleines Lächeln unterdrücken als sie das sagte, doch der Schalk in ihren Augen blieb Blaue Eidechse nicht verborgen. 

Wissend lächelte er die beiden an. „Ich wünsche deinem Herren und euch allen eine gute Reise nach Tenochtitlán. Möget ihr die Stadt lebend wieder verlassen."

„Gut, Blaue Eidechse, dann geh jetzt heim nach Xochimilco und pass auf, dass die Azteken dich nicht erwischen."

Martín gab ihm ein Zeichen, dass er mit ihm kommen solle und so nahm er sein Tragebrett mit seinen Waren wieder auf. Mit einem Hochgefühl im Bauch und einem Grinsen im Gesicht lief er neben ihm her bis zu den tlaxcaltekischen Wachen am Stadtrand, während Malinche zurückblieb und sich sein Gesicht und seinen Namen einprägte.

Der letzte JaguarkriegerWo Geschichten leben. Entdecke jetzt