TEIL NEUNZEHN

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Auch wenn es mich wahnsinnig erleichtert, dass ich es endlich raus ist, fürchte ich mich vor Marcos Reaktion. Mein Körper merkt die Anspannung im Raum und den dazugehörigen Stress. Mir wird ein wenig schwummrig und ich muss mich setzen. ,,Was?" Ist die einzige Reaktion, die von Marco kommt. Danach Stille. ,,Ist das wahr?" Fragt er geschockt und ich nicke nur beschämt.

,,Warum hast du nie was gesagt? Hast du es zur Anzeige gebracht?" Fragt er und ich schüttle nur mit dem Kopf. Die Tränen laufen mir weiter die Wangen entlang. ,,Wer weiß davon?" Ist seine nächste Frage und ich schniefe: ,,Alena und jetzt du. Sonst keiner." ,,Warum hast es mir nicht damals gesagt?" ,,Aus dem gleichen Grund warum es sonst keiner weiß. Ich schäme mich dafür das es passiert ist. Deine Reaktion hat mich damals so eingeschüchtert nach der Situation und als ich den Mut gefunden habe, dir alles zu erklären, da wolltest du nix mehr von mir hören oder hast mich immer nur nieder gemacht wenn wir uns gesehen haben. Das hat mir noch mehr das Gefühl gegeben, ich bin Schuld an allem und dann habe ich dich gelassen. Alena habe ich es nur erzählt, weil sie solange nachgebohrt hat bis ich zusammen gebrochen bin." Mein Versuch einer Erklärung kostet mich große Anstrengung. Mir wird schwindeliger und ich habe das Gefühl mich übergeben zu müssen.
Marco schweigt wieder einige Zeit. Als er gerade ansetzt etwas sagen zu wollen, überkommt mich ein starkes Übelkeitsgefühl und ich versuche schnell ins Bad zu kommen. Da meine Beine nicht gerade stabil sind, torkle ich den Weg dorthin bevor ich meine Beine nachgeben und ich mich erbreche.
Kurze Zeit später kommt Marco ins Bad und streicht mir beruhigend über den Rücken. Ich will ihn loswerden, er soll mich nicht so sehen und sich verpflichtet fühlen mir zu helfen. Allerdings bin ich zu schwach um auch noch irgendwas zu tun.
Nachdem nur noch ein Würgen überbleibt und ich gefühlt alle Flüssigkeiten ausgekotzt habe, lasse ich mich neben die Schüssel fallen und lehne mich an die kühlen Fliesen.
,,Geht es dir besser?" Fragt Marco besorgt und ich brumme nur irgendwas vor mich hin. In der Lage zu sprechen bin ich gerade definitiv nicht. ,,Komm, auf den Fliesen wirst du nun wirklich krank." Versucht er mich zu überzeugen und ich stimme ihm gedanklich zu. Allerdings scheitert mein Versuch mich zu erheben, weshalb Marco mich kurzerhand wie eine Puppe aufhebt und wieder ins Wohnzimmer trägt. Vorsichtig legt er mich auf die Couch und ich kann wegen einer Schwindelattake nur stöhnend die Augen schließen. ,,Kann ich irgendwas für dich tun?" Fragt er besorgt und ich frage: ,,Hast du Cola oder so? Irgendwas Zuckerhaltiges?" Er nickt sofort und sprintet schon fast in Richtung Küche. Kurze Zeit später kommt er wieder und reicht mir ein Glas. Ich setze mich etwas auf und trinke das Glas in einem Zug aus. Sofort fühle ich mich wieder fitter.
,,Besser?" ,,Ja, danke. Mein Kreislauf spinnt in letzter Zeit öfters mal verrückt, besonders in Zusammenhang mit Aufregung und Stress." Erkläre ich ihm und füge hinzu: ,,Aber zum Glück reicht dann meistens bisschen Zucker und es geht mir direkt besser." ,,Sehr gut. Ich habe mich etwas erschrocken als du eben so zusammengebrochen bist." Meint er und fragt dann: ,,Beim Shooting hattest du auch so einen kleinen, ich nenne es mal, Anfall, oder?" ,,Ja, dass war aber auch weil ich den Tag nichts gegessen und getrunken hatte. Aber ich glaube das war nur zusätzliche Faktoren. Ich hoffe das es nicht mehr so häufig vorkommt." Sage ich und bin froh, dass wir uns nicht mehr anschreien.
,,Nur um nochmal aufs eigentliche Thema zu kommen, ich bin der Einzige der in Frage kommt?" Fragt er etwas sanfter und ich kann nur nicken. ,,Glaub mir ich will dich in Nichts hineinziehen und dich zu irgendetwas verpflichten. Ich will nur mit offenen Karten spielen und dir nichts verschweigen, weil es dich ja auch irgendwie angeht." Versuche ich zu erklären und Marco nickt verstehend. ,,Du willst es behalten?" Fragt er dann und es versetzt mir ein kleinen Stich. ,,Ich würde es mir nie verzeihen, wenn ich das Kind weggeben würde. Wenn du nichts mit uns dann zu tun haben willst ist das vollkommen in Ordnung. Ich zwinge dich zu gar nichts." ,,Ich denke, das Ganze muss ich erst einmal verarbeiten aber ich will mich definitiv nicht drücken. Mich hätte es sehr gewundert wenn du mir eine andere Antwort gegeben hättest." Am Ende muss er etwas lächeln und ich versuche ihm auch ein aufmunterndes Lächeln zu schenken.
,,Ich lasse dir deine Zeit und deinen Raum. Du kannst dich einfach melden." Sage ich und stehe auf. Mein Kreislauf hat sich soweit ganz gut beruhigt und ich kann wieder auf festen Beinen stehen. ,,Danke. Dafür das du es mir gesagt hast." Sagt er und ich meine: ,,Das ist dir nur fair gegenüber. Ich gehe jetzt aber mal besser, die Jungs kommen sicher gleich und ich möchte den nichts erklären müssen." ,,Geht es dir den wieder soweit gut? Ich möchte ungern das du jetzt nach Hause fährst." Er klingt wirklich besorgt, aber ich winke ab: ,,Es ist wirklich schon besser und ich lauf den Weg nach Hause dann bin ich wieder fit." ,,Okay, aber dann schreibe mir wenn du zu Hause bist." ,,Mach ich." Verspreche ich ihm. Zur Verabschiedung umarmen wir uns tatsächlich seit langer Zeit mal wieder und ich verlasse anschließend sein Haus.

Auf dem Heimweg kreist ein Gedankenkarussel durch meinen Kopf. Auf der einen Seite bin ich glücklich wie es gelaufen ist, allerdings bin ich auch gespannt wann Marco sich melden wird oder ob er sich das doch noch mal anders überlegt. In meinem Kopf malen sich wieder alle mögliche Szenarien aus. Ziemlich durcheinander komme ich wenig später zu Hause an. Ich schreibe Marco eine kurze Nachricht als ich mich auf Sofa fallen lassen. Die Arbeit und der Stress haben mich ganz schön geschafft und ich schlafe wenig später ein.

(2) Vom Ende zum AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt