TEIL NEUNUNDVIERZIG

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Nach einer kleinen Weile betritt Marcel wieder das Zimmer, hinter ihm folgt Philip.  ,,Du müsstest wieder in dein Zimmer." Sagt Philip zu Marco und dieser schaut nicht besonders glücklich aus. ,,Na komm, ich bringe dich Papi." Lacht Marcel und nimmt ihm erst Luis aus dem Arm, den er mir wieder gibt und schiebt ihn dann aus dem Raum. Ich schau den Beiden einen Moment nach, bevor mein Blick zu Philip geht. ,,Na Mutti." Lacht er und kommt näher. ,,Bitte, bei Mutti fühle ich mich wie Mitte 40." ,,Na gut. Dann nicht Mutti. Sag, wie geht es dir? Du hast die ganze Belegschaft in Aufruhr versetzt." Fragt er und blickt auf das kleine Bündel in meinem Arm. ,,Ich fühle mich wie überfahren, aber der Kleine war es definitiv wert." ,,Wusstest du das Wetten auf seinen Namen laufen?" Fragt er und ich lache: ,,Nicht wahr, oder? Und welcher Name steht hoch im Kurs?" ,,Ben und Tom sind ganz vorne dabei." ,,Und worauf hast du getippt?" ,,Ich hab nicht mitgemacht. Das war eher so ein Schwestern-Ding. Aber nun raus damit, wie heißt der Kleine." ,,Louis." Sage ich und streichle meinem Sohn über den Kopf. ,,Schöner Name." ,,Danke." ,,Marco scheint auch hin und weg zu sein." ,,Ja, auch wenn das so alles nicht geplant war bin ich froh das  wir uns mittlerweile gut verstehen." Erkläre ich und er nickt. ,,Ja, man merkt wie sehr er euch liebt." Seufzt er und ich schüttle den Kopf: ,,Den Kleinen kann man auch nur lieben aber zwischen uns läuft nichts." ,,Ach komm Emma. Was meinst du warum ich damals so schnell aufgegeben habe?" ,,Weil wir uns einig waren, das es für mehr als Freundschaft nicht reicht." Sage ich und bringe ihn zum lachen: ,,Klar. Das war eher deine Ansicht. Aber ich hätte schon Interesse an einem weiteren, intensiveren Kennenlernen gehabt. Aber immer wenn du erzählt hast wie du dich trotz deine Zweifel darauf freust Mama zu werden und das du und Marco euch wieder versteht. Da war mir es sehr schnell klar. Du bist immer noch in ihn verliebt und ich hatte nicht einmal eine Chance." Sein Geständnis überrumpelt mich. 

,,Was, Philip. Ich." Stottere ich mir zusammen und er meint: ,,Ist schon in Ordnung. Ich hatte noch ein wenig Hoffnung, das er nicht so empfindet aber nach dem Blick eben. Da war mir alles klar." ,,Welcher Blick?" Frage ich total verwirrt. ,,Ach komm, Emma. Jetzt tu nicht so. Der Typ liebt dich und euren Sohn. Der hat sowas von Herzchen in den Augen. Dem hat es gar nicht geschmeckt, das er gehen musste und ich hier bin." Ich schaue ihn nur an. Es finden sich keine Worte in meinem Kopf. ,,Du hast es echt nicht gemerkt?" Fragt er kopfschüttelnd und mir steigen wieder Tränen in die Augen. ,,Ich habe echt gedacht nachdem was damals passiert ist, würde das nie wieder werden." Schluchze ich und wiege Luis in meinem Arm, der nicht so ganz versteht was los ist. ,,Ich denke ihr solltet dringend reden." Schmunzelt Philip und fügt hinzu: ,,Das ist was tolles, Emma. Du musst jetzt nicht weinen. Freu dich über den kleinen Fratz in deinem Arm und werde mit Marco eine glückliche Familie." Ich wische mir die Tränen von den Wagen und hauche ein: ,,Danke" in seine Richtung. ,,Vielleicht stellst du mir ja mal deine Single-Freundinnen vom Fußball vor." Meint er und bringt uns zum lachen. ,,Ich nehm dich einfach mal mit ins Stadion wenn ich wieder gehe." Sage ich. ,,Ich nehme dich beim Wort. Jetzt muss ich aber mal wieder an die Arbeit. Irgendsoeine Kollegin hat beschlossen erst mal nicht arbeiten zu wollen und nun bleibt alles wieder an mir hängen." Lacht er und ich sage: ,,Oh man, das ist ja echt eine fiese Kollegin. Aber ich denke die wird es wieder gut machen. Mit Kuchen und Stadionbesuchen." Wir lachen und er meint: ,,Erst mal sollst du wieder fit werden und deine Zeit mit deiner Familie genießen. Alles andere kommt dann." Ich nicke und er sagt: ,,Wir sehen uns, ich komme bestimmt noch mal vorbei." ,,Bis dann."

Kaum ist Philip weg, klopft es schon wieder und Jenny betritt mein Zimmer. ,,Hey, Mami." Säuselt sie und kommt auf mich zu. ,,Ist der Kleine niedlich." Meint sie entzückt und schaut auf den Kleinen herunter, der in meinem Arm friedlich schlummert. ,,Hi. Ja, der ist schon Zucker." Sage ich und schaue verträumt auf den kleinen Fratz. ,,Das ging jetzt alles doch sehr schnell. Auf einmal ist er da." Stellt sie fest und ich sage: ,,Ja, geplant war das definitiv nicht." ,,Wie geht es dir den?" Fragt sie und ich seufze: ,,Mir tut immer noch alles weh aber ich muss ihn nur anschauen und ich weiß es hat sich gelohnt." ,,Und es wir ja besser werden. Wie lange musst du hier bleiben?" ,,Keine Ahnung. Ich habe noch nicht gefragt. So schnell wir möglich will ich nach Hause." ,,Kann ich verstehen. Wie heißt der Kleine den?" ,,Das ist Louis Reus." Sage ich stolz und sie schaut mich erstaunt an: ,,Reus?" ,,Ja, es hat sich irgendwie richtig angefühlt." Meine ich und sie lacht: ,,Jetzt hat der kleine den Nachnamen die du auch haben willst. " ,,Jenny." Sage ich empört. ,,Du weißt das ich Recht habe." Meint sie schulterzuckend und ich schüttle nur den Kopf. ,,Über dieses Thema werden wir jetzt nicht reden." Bestimme ich und sie meint: ,,Na gut, dann halt beim nächsten Mal." ,,Wenn du meinst. Würdest du ein Foto von mir machen? Ich sehe zwar bestimmt voll fertig aus aber als Erinnerung." Frage ich sie vorsichtig. ,,Na klar, kein Problem. Du siehst auch bezaubernd aus." Meint sie euphorisch und schnappt sich mein Handy vom Nachttisch. ,,Du lügst ohne rot zu werden." Lache ich. Sie schüttelt nur den Kopf und knipst ein paar Bilder. 

Als sie fertig ist, fragt ich sie: ,,Würdest du den Kleinen einmal wieder in sein Bettchen legen, ich kann mich noch nicht so groß bewegen?" ,,Klar, kein Problem." Vorsichtig nimmt sie mir Louis ab und legt ihn in sein kleines Bett. ,,Wahnsinn, so ein kleiner Mini-Mensch." Meint sie verzückt und ich sage: ,,Ja, ich kann es auch nicht so ganz glaube das er mein Sohn sein soll. Das er bis gestern noch in meinem Bauch war und nun hier ist." Sie schaut ihn ganz verliebt an und ich frage vorsichtig: ,,Ich weiß nicht ob ich fragen darf, aber wie sieht es bei euch aus? Wollt ihr Nachwuchs?" Sie schaut mich an und meint: ,,Wir wollen. Seit zwei Jahren schon." ,,Oh, das wusste ich nicht. Wenn dir das hier zuviel ist, ich halte dich nicht hier fest. Ich hätte nicht fragen sollen." Meine ich betroffen. ,,Alles gut." Wehrt sie ab und schaut immer noch Louis an. Dann hebt sie den Blick. ,,Ich kann dir ein Geheimnis verraten oder?" ,,Klar, ich werde nichts sagen." Meine ich. Jenny nickt zufrieden und wendet sich an Louis: ,,Und du auch nicht, oder?" Von ihm kommt nur ein schmatzen und sie nickt: ,,Das nehme ich als Versprechen. Also, es ist noch sehr frisch und es weiß noch keiner. Marcel wollte ich das gestern erzählen aber dann ist ja was dazwischen gekommen." Sie sieht mich lächelnd an: ,,Ich bin jetzt in der sechsten Woche, also ist es noch ganz frisch." ,,Oh nein, wie wunderbar." Freue ich mich und Jubel auf. Jedoch rebelliert mein Körper direkt und ich lasse mich daraufhin wieder in die Kissen sinken. ,,Da wird Marcel sich aber sehr drüber freuen." ,,Worüber würde ich mich freuen?" Fragt Marcel der genau in diesem Moment in mein Zimmer platzt. Jenny schaut ihren Mann ganz erschrocken an. ,,Sie meint, ihr wollt gleich los damit ihr nicht erst um Mitternacht zu Hause seid und da meinte ich, dass du nach der Nacht auf dem Stuhl dich wahrscheinlich sehr darüber freuen würdest wieder in dein eigenes Bett zu kommen." Log ich mir schnell eine Geschichte zusammen. ,,Oh, ja. Ich bin zwar gerne bei dir geblieben aber mein Rücken killt mich schon ein bisschen." ,,Kann ich mir vorstellen. Danke das du da gewesen bist." Sage ich an ihn gewandt und er meint: ,,Habe ich gerne gemacht. Auf Marco ist ja kein Verlass." ,,Ej, das habe ich gehört." Sagt nun der angesprochene und kommt hinter Marcel ins Zimmer gehumpelt. Der Rollstuhl ist verschwunden aber dafür ist er jetzt mit Krücken unterwegs. ,,Ich hab nichts gesagt." Meint nun Marcel und hebt die Hände. ,,Schon klar." Marco schüttelt den Kopf. ,,Dann wollen wir mal los, damit wir wirklich nicht so spät nach Hause kommen." Sagt Jenny und steht auf. ,,Marco nehmen wir auch mit." Meint Marcel und ich schaue die beiden Männer erstaunt an. ,,Du wurdest schon entlassen?" Frage ich Marco und er erklärt: ,,Ja, die Akutbehandlung ist soweit abgeschlossen und alles weitere soll jetzt in Dortmund erfolgen." Ich nicke und bin etwas enttäuscht, das Marco jetzt schon wieder auf Wolfsburg verschwindet. Ich umarme zuerst Jenny, dann Marcel zum Abschied. Dann beobachte ich wie Marco sich zu Louis stellt und ihm über die Wange streicht: ,,Und du passt auf deine Mami auf bis ich wieder bei euch bin, ja? Wir sehen uns so schnell wie möglich wieder." Dann wendet er sich mir zu und auch wir umarmen uns. ,,Pass auf euch auf und erhol dich gut." ,,Du auch." Gebe ich zurück als wir uns lösen. 

Nachdem die drei den Raum verlassen bleibe ich alleine zurück. Abgesehen von Louis der in seinem Bettchen schlummert. Ich bin müde und erschöpft, aber auch unendlich glücklich über das kleine Wunder das immer mal wieder im Schlaf seufzt. Philips Worte hallen noch leise durch meinen Kopf aber ich bin zu müde um heute noch über so große Themen nachzudenken. Ich freue mich darauf, wenn ich mit meinem kleine Schatz nach Hause kann und dann wird alles seinen Weg gehen.

(2) Vom Ende zum AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt