TEIL ELF

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,,Ach du Heilige, sind hier viele Menschen." Stellt Jenny erschrocken fest. ,,Willkommen zum Saisonhöhepunkt." Lache ich und steuere mein Auto vorsichtig an den vielen Fans vorbei in Richtung Parkplatz. Mit den Tickets von Jürgen darf ich auf dem VIP Parkplatz parken und bin sehr dankbar dafür. Diese Menschenmassen hätten mich jetzt wirklich überfordert. Ich stelle mein Auto ab und wir steigen aus. ,,So, hier einmal das Trikot für dich." Überreicht Jenny Alena ein Shirt und ich hole meins aus der Tasche. Schnell wechseln wir unsere Teamshirts gegen die Schwarz-Gelben. Zu meinem Leidwesen habe ich nur ein Trikot mit Marcos Namen in meinem Schrank gefunden. ,,So, jetzt sind wir ready." Sage ich und wir gehen auf den Eingang zu. Da das Spiel bereits in fünfzehn Minuten anfängt beeilen wir uns zu unseren Plätzen zu kommen. Auf der Tribüne treffen wir auch einige der Freundinnen und Frauen der Jungs und begrüßen uns. ,,Seid ihr bereit für einen spannenden Finalabend?" Fragt Jenny und wir stimmen ihr gut gelaunt zu. Kurz vor dem Anpfiff stehe ich doch noch mal kurz auf, um uns mit Getränken zu versorgen.

Ich stelle mich bei den Getränken an und warte das ich dran komme. ,,Hübsches Trikot." Höre ich auf einmal jemand hinter mir sagen und drehe mich um. Vor mir steht ein etwa um die vierzig jähriger Mann ohne Trikot und mustert mich. ,,Danke." Gebe ich nur von mir und will mich wieder umdrehen. ,,Ihr Lieblingsspieler?" Kommt die Frage und ich verdrehe innerlich die Augen. Nach außen bleibe ich ruhig und sage: ,,Ich unterstütze die Mannschaft und da kann man sich schon mal den Namen des Kapitäns aufs Trikot flocken lassen." ,,Also keine persönliche Vorliebe? Sie waren doch mal zusammen, oder nicht?" Fragt der Typ nach und ich sage: ,,Ich wüsste nicht was sie das angehen sollte. Ich bin hier um meine Freunde zu unterstützen." ,,Nicht ihren Freund?" Fragt er nun provokant und ich frage etwas gereizt: ,,Was wollen sie von mir?" ,,Nur eine klare Aussage, sind sie wieder mit Marco Reus zusammen? Unterstützt ihn seine Freundin nach dem Liebescomeback beim Saisonhöhepunkt?" Und da dämmert es mir, der Typ ist ein Reporter. ,,Hören Sie mir genau zu: Ich weiß nicht für welches Schmierblatt sie schreiben und es ist mir auch total egal. Aber was in meinem Privatleben abgeht, hat sie nicht die Bohne zu interessieren. Ich bin hier um meine Freunde bei ihrem letzten Saisonspiel zu unterstützen und was für ein Trikot ich trage ist vollkommen egal, Hauptsache das richtige Logo ist drauf. Und wenn sie mich jetzt in Ruhe lassen könnten, das Spiel fängt an und deswegen sind wir doch alle hier." Mache ich ihm eine Ansage und drehe mich weg. Zum Glück bin ich direkt dran und bekomme wenig später die richtigen Getränke überreicht. Anschließend beeile ich mich zurück zum Platz zu kommen.

Leider hat die ganze Situation dafür gesorgt, dass ich leider den Anpfiff verpasst habe. Ich verteile die Getränke an die Mädels und frage: ,,Was habe ich verpasst?" ,,Die Bayern hatten schon die erste Chance, aber wurde gut verteidigt." Erklärt mir Alena und ich nicke. Das Spiel fängt ja gut an, dabei läuft es erst seit 5 Minuten. ,,Was hat eigentlich so lange gedauert? Du warst gefühlt eine Ewigkeit weg." Fragt Jenny, schaut dabei kurz zu mir und dann wieder zum Spiel. ,,Ich musste nur etwas klären. Nicht der Rede wert." Winke ich ab und schaue auch aufs Feld. Das Spiel ist direkt packend und zieht uns in den Bann. Es geht immer wieder hin und her. Die Bayern haben ein wenig mehr Druck aufs Tor und Dortmund schafft es nur zu vereinzelten Konterchancen. Kurz vor der Halbzeitpause passiert es dann, die Bayern schaffen es sich durch die Abwehr der Dortmunder zu kämpfen und den Ball im Tor unterzubringen. Kurz nach dem erneuten Anstoß wird zur Halbzeit gepfiffen.

,,So ein Mist. Wenn das hier heute was werden soll, dann müssen die Jungs noch ein bisschen was rauf legen." Sage ich zu meinen Begleiterinnen und wir beginnen mit einer kleinen Halbzeitanalyse. Diese wird allerdings von meinem Handy gestört, welches durch Klingeln auf sich aufmerksam macht. Ich schaue drauf und sehe die Nummer vom Krankenhaus. ,,Bin gleich wieder da." Sage ich zu den Beiden und versuche eine etwas ruhigere Ecke zu finden. Währenddessen gehe ich auch schon ans Telefon. Eine Kollegin aus der Personalplanung ist dran und eröffnet mir, das ich morgen bitte zwei Stunden früher zur Arbeit kommen soll. Wir sind knapp besetzt und egal wie das Spiel hier ausgeht, wird mit Ausschreitungen und in Folge dessen vermehrten Verletzungen gerechnet. In Zusammenhang mit Alkohol kann ich das sehr gut nachvollziehen. Auch wenn ich absolut keine Lust habe auf die ganzen Idioten, irgendwie hab ich aber auch keine Wahl und will meine Kollegen auch nicht hängen lassen. Wird also eine kurz Nacht. Seufzend lege ich nach dem kurzen Gespräch auf und gehe zurück zum Platz. ,,Und was war so wichtig?" Fragt mich Jenny direkt und ich antworte: ,,Ich soll morgen schon um 5 statt um 7 anfangen, die rechnen mit jeder Menge Betrunkener Idioten." ,,Wie gut das ich jetzt erstmal Urlaub habe." Kommt daraufhin nur ihr Kommentar und ich beneide sie um die freien Tage. Mein nächster Urlaub wird das Trainingslager sein und das dauert noch ein paar Wochen. Außerdem hat das wenig mit Entspannung zu tun. Bevor ich abschweife, betreten die Mannschaften auch schon wieder das Feld und wir wechseln wieder in den Fußball-Fan-Modus.
Das Spiel wird angepfiffen und ich weiß nicht was Jürgen den Jungs für ne Ansage gemacht hat in der Pause, aber es wirkt. Die Dortmunder halten gut mit den Bayern und erarbeiten sich immer bessere Chancen auf den Ausgleich. Die Bayern versuchen einfach nur ihre Führung zu halten. Für sie würde auch ein Unentschieden reichen, aber der BVB braucht den Sieg. Es geht hauptsächlich nur noch auf ein Tor, das der Bayern. Die kommen so langsam in Bedrängnis und werden ruppiger in ihren Verteidigungsversuchen. Bereits zwei gelbe Karten füllen das Konto der Münchner.
Nach einem gescheiterten Angriff der Bayern, startet Dortmund den Konter. Ein langer Ball aus der Abwehr findet im Mittelfeld den Abnehmer und schon stürmen drei Angreifer auf die aufgerückte Hintermannschaft der Gäste zu. Diese versucht sich zu sortieren und die Lage unter Kontrolle zu bringen. Der Ball landet kurz vor der Strafraumgrenze bei Marco, der setzt sich gegen Kimmich durch und sieht sich nur noch Neuer gegenüber. Jedoch lässt Kimmich ihn nicht einfach so davon kommen und startet einen letzten, verzweifelten Versuch ihn aufzuhalten, indem er ihn von hinten in die Beine grätscht. Mit einem lauten Schmerzschrei geht Marco zu Boden. Das Stadion flippt aus und Kimmich sieht direkt die rote Karte. ,,Genauso sah das bei dir auch aus." Meint Alena und zu mir und wir beobachten das Geschehen auf dem Spielfeld. ,,Nur das du direkt wieder aufstanden bist und wir nicht so rumgepöbelt haben." Erklärt sie weiter. Auf dem Spielfeld ist es mittlerweile zu einer Rudelbildung gekommen und der Schiri hat Mühe her der Lage zu werden. Marco muss währenddessen behandelt werden. Ich bin zwar keine Expertin, obwohl ich bin Doktor also irgendwie schon, nur aus der Entfernung nicht, aber ich glaube das Spiel ist für ihn beendet. Das sah wirklich schlimm aus und es würde mich nicht wundern wenn sein Knöchel hinüber wäre. So ein Mist aber auch. Der Schiedsrichter verteilt noch drei Gelbe Karten wegen Meckern bevor das Spiel weiter gehen kann. Marco hat das Spielfeld humpelnd verlassen und es ist noch nicht ganz sicher ob er es wieder betreten wird. An der Seite sehe ich, das sich Moukuku schon bereit macht. Von hier kann ich leider Marcos Gesichtsausdruck nicht klar erkennen aber es sieht sehr verkniffen aus.
Das Spiel geht trotzdem weiter mit einem Freistoß aus vielversprechender Position. Mats legt sich den Ball zurecht, läuft an, schießt und Tor! 1:1 Ausgleich! Das Stadion bebt. Auch wir Mädels kreischen und feiern die Jungs. Noch ist zwar noch nichts gewonnen, aber der erste Schritt ist getan.
Zum erneuten Anpfiff kehrt Marco tatsächlich aufs Feld zurück. In seinem Gesicht kann ich ihm den Schmerz förmlich ablesen aber ich kenne ihn, sein Wille dieses Spiel zu beschreiten ist größer als alles andere und wohl auch als sein Schmerz. Es geht weiter ruppig zu und der Schiedsrichter verteilt munter weiter gelbe Karten. Alles in allem ist es ein packendes aber nicht besonders schönes Spiel. Die Gemüter auf beiden Seiten sind erhitzt und es kommt neben den Fouls auch vermehrt zu verbalen Auseinandersetzungen. Die letzten fünf Minuten laufen. Dortmund kann sich noch einmal durchsetzen und startet den Angriff aufs bayrische Tor. Ihr Angriff endet mit einer Parade von Neuer, der den Ball über die Latte bugsiert. Ecke. Das könnte die letzte richtige Chance sein. Es entsteht ein Gerangel im Strafraum. Der Ball kommt hoch herein und dann ist das Marco der den Ball ins Netz bringt. Wie genau ist irgendwie nicht ganz klar, aber der Ball ist drin. 2:1 für den BVB! Jetzt kennt das Stadion absolut kein Halten mehr und der Jubel ist ohrenbetäubend. Jetzt müssen die Jungs das Ergebnis nur noch über die Zeit bringen. Als die Tafel für die Nachspielzeit hochgehalten wird, falle ich fast vom Glaube ab. 7 Minuten. Verdammter Mist, das wird hart. Zähe, ruppige, unschöne Minuten vergehen. Bayern wirft noch einmal ohne jegliche Rücksicht alles nach vorne, aber Dortmund hält tapfer dagegen.

Und dann ist er endlich da, der heiß herbeigesehnte Schlusspfiff. Ohrenbetäubender Jubel erfüllt das Stadion. Wir liegen uns in den Armen und freuen uns riesig über den Sieg. Die Mannschaft auf dem Rasen kann es auch noch nicht ganz fassen was sie heute geschafft haben. ,,Kommst du mir auf den Rasen?" Fragt mich Jenny, Marcels Frau und ich antworte kopfschüttelnd: ,,Ich habe da nichts verloren." ,,Dein Onkel würde sich bestimmt freuen und die Jungs auch." Argumentiert sie und auch meine Begleiterinnen stimmen ihr zu. Etwas unbehaglich ist mir dennoch zu mute als ich den Spielerfrauen, Freundinnen und einigen Kindern zum Rasen folge.
Während alle direkt ihre Liebsten ansteuern, halte ich erst einmal inne am Rand und werfe einen Blick auf den Rasen. Die Bayern Spieler haben sich zum größten Teil verdrückt und auch die Ränge sind nur noch schwarz-gelb gefärbt. Hier unten hört man das begeisterte Feiern der BVB-Anhänger deutlich und es jagt mir eine Gänsehaut über den gesamten Körper. So ein atemberaubendes Gefühl. ,,Na wen haben wir den da." Werde ich aus meinem Staunen gerissen und sehe Jürgen auf mich zu kommen. ,,Ich wollte dir nur beglückwünschen zu diesem fantastischen Sieg." Sage ich und schließe ihn in eine kräftige Umarmung. ,,Danke dir." ,,Ihr habt es euch heute echt verdient. Richtig starkes Spiel." Sage ich und er winkt ab: ,,Die Jungs haben heute alles gegeben sonst wäre das nix geworden." ,,Und wer hat ihnen den Hinter heiß gemacht und ist am Spielfeld fast genauso viel gelaufen wie die Spieler auf dem Feld?" Frage ich neckisch und spiele auf seinen sehr enthusiastischen Einsatz in der Coaching Zone während des Spiels an. Er lacht nur und bevor er noch irgendwas erwidern kann, ergießt siech eine kräftige Bierdusche über ihn. Da ich recht nah an ihm stehe um ihn bei dem Lärm zu verstehen, werde ich gleich mit geduscht. Hinter Jürgen lachen sich Mats, Marcel und Kevin einen Ast ab. Ich wische mir die klebrigen Haare aus dem Gesicht und schaue sie schockiert an. ,,Das war ein unvermeidbarer Kollateral Schaden." Rechtfertig sich Marcel und Mats meint nur: ,,Kevin war's." und zeigt auf den Schuldigen. Dieser schaut nur etwas verdattert mit dem Bierglas in der Hand. ,,Du siehst aber noch so trocken aus." Sage ich zu Kevin und zwinge ihm eine Umarmung auf nach der er ebenfalls herrlich nach Bier duftet. ,,Glückwunsch zur Meisterschaft Jungs." Sage ich zu den dreien. ,,Danke. Danke." Sagt Mats und alle drei verbeugen sich wie nach einem Theaterstück.
,,Hört ihr das? Die Süd ruft unseren Meistertrainer." Gluckst Kevin und die drei schnappen sich Jürgen und laufen Richtung Südtribüne. Vor dieser haben sich schon fast die ganze Mannschaft versammelt. Einige stehen, einige sitzen, aber alle feiern mit einem fetten Grinsen im Gesicht mit ihren treusten Fans den Sieg. Ich beobachte das Spektakel weiterhin aus der Ferne und freue mich wahnsinnig für die Jungs. Sie haben sich diesen Sieg mehr als verdient.

Auf Höhe des Mittelkreis wird währenddessen schon das Podium für die Siegerehrung aufgebaut. Als alle Vorbereitungen abgeschlossen sind, bittet Nobby die Mannschaft und alle die dazugehören zum Mittelkreis. Immerhin ein paar Bayernspieler sind so anständig und haben den Rasen wieder betreten um den Jungs mit einem Spalier den Respekt zu zollen. Einer nach dem anderen betritt das Podest, bis schließlich Marco und Jürgen gemeinsam die Gruppe vervollständigt. Dabei muss Marco tatsächlich ein wenig gestützt werden und ich denke seine Party wird heute beim Arzt enden müssen. Aber erst einmal wird Marco die Schale überreicht die er mit einer La Ola begleitet in den Himmel reist. Die Jungs gröllen und springen vor Freude. Das Stadion feiert mit während jeder der Jungs die Meisterschale halten darf. Mach den obligatorischen offiziellen Fotos geht die Feierrei weiter und die Jungs duschen sich gegenseitig mit Bier und rennen wir kleine Kinder auf Schlafentzug durch die Gegend. ,,Emma, mach mal bitte ein Foto." Schreit mir Gregor zu und winkt mich zu sich. Er posiert mit ein paar Jungs mit der Schale.
Ich nehme das Handy, das er mir hinhält und versuche die Gruppe einzufangen. Nach den ersten Bilder sehe ich, dass sich mein Onkel an die Jungs anschleicht. ,,Hast du's?" Werde ich gefragt und sage: ,,Moment, eins noch." Dieser Moment reicht damit Jürgen den Jungs eine ordentliche Dusche verpassen kann. Ich halte natürlich fleißig drauf und dokumentiere die ganze Szenerie.
Die feuchtfröhliche Party geht noch ein wenig weiter bis dann nach und nach die Jungs in Richtung Kabine verschwinden. Ich verabschiede mich von meinem Onkel und den wenigen Jungs an denen ich vorbeikomme und gehe zurück zur Tribüne.
Dort sammle ich meine Freundinnen ein und wir verlassen das Stadion in Richtung Auto. Zum Glück haben wir als VIPs auch eine gesonderte Ausfahrt und komme zwar langsam aber stetig vorwärts. Zuerst bringe ich Alena zu ihrer Schwester und setze dann Jenny zu Hause ab. Als ich endlich zu Hause bin, bin ich mehr als froh endlich unter die Dusche steige zu können. Es ist noch nicht so spät, aber der lange Tag mit neunzig Minuten spiel fordert sein Tribut und ich gehe anschließend ins Bett. Zum Glück schlafe ich schnell ein und mein Kopf ist auch endlich mal leise.

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Ein etwas längeres Kapitel nach einer etwas längeren Pause für euch. Lasst gerne ein Kommentar da, dann geht es ganz schnell weiter. Bis dann Kati :)

(2) Vom Ende zum AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt