TEIL ACHTUNDDREIßIG

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Mit einer halben Stunde staubedingter Verspätung halte ich nach vier Stunden in Marcos Auffahrt. Endlich geschafft. Ich stelle den Motor ab und steige aus. ,,Hey, da bist du ja endlich." Werde ich auch schon promt von Marco begrüßt. ,,Danke für die nette Begrüßung." Gebe ich etwas patzig zurück. ,,Entschuldige, ich bin nur etwas verwundert. Du kommst nie zu spät zu irgendwas." ,,Ja, aber auf so einer Strecke ist das Staurisiko etwas höher und ist stand fast eine halbe Stunde." ,,Es ist ja auch immer noch früh. Also alles gut." Er kommt auf mich zu und zieht mich in seine Arme. Wir umarmen uns für einen Moment und als wir uns wieder lösen sagt er: ,,Ich freue mich das du da bist." ,,Ich weiß noch nicht so ganz ob ich mich freue hier zu sein." Gebe ich ehrlich zu und er meint: ,,Ach was, das heute wir ein schöner Tag. Allein schon das wir uns wiedersehen freut mich sehr." ,,Ja, das freut mich auch." Sage ich und meine es zu 100% Ernst. ,,Dann komm erst einmal rein." Sagt er und nimmt mir meine Reisetasche ab. ,,Was hast du alles mit?" Bekomme ich als Kommentar zu hören und sage: ,,Nur das nötigsten und von allem ein Backup." Er runzelt nur die Stirn. 

,,Ich denke, ich werde mich direkt fertig machen. Dann habe ich kein Zeitdruck." Erkläre ich, als Marco mir die Tasche ins Gästezimmer getragen hat und er nickt: ,,Alles klar. Wenn du irgendwas brauchst sag Bescheid. In einer Stunde würde ich dann los wollen." Ich nicke nur uns lasse mir meine wieder aufkommende Nervosität nicht anmerken. 

Genau eine Stunde später bin ich tatsächlich fertig. Zwei Mal habe ich mich umgezogen. Erst gefiel mir mein Outfit nicht und dann das Ersatz-Outfit noch weniger. Also trage ich das Kleid welches ich von Anfang an tragen wollte, habe meine Haare halb zusammen gesteckt und mein Gesicht ein bisschen mit Make-Up aufgehübscht. Zumindest so das man meine Augenringe nicht mehr sieht. ,,Wir können." Sage ich zu Marco der im Wohnzimmer auf der Couch hockt und irgendeine Spielzusammenfassung schaut. ,,Du bist schon fertig?" Fragt er überrascht und ich nicke: ,,Ja, du hast mir eine Stunde gegeben und die ist um." Er blickt auf die Uhr und springt auf: ,,Oh man, voll die Zeit vergessen. Ich ziehe mich schnell um und dann können wir." Er verlässt hastig den Raum und ich rufe ihm nur hinterher: ,,Und ich dachte das ist deine Sonntagsjogginghose." ,,Haha." Kommt nur als Antwort. Tatsächlich schafft es Marco innerhalb von zehn Minuten fertig zu sein und wir können uns auf den Weg machen.

Erneut wische ich mir die schweißnassen Hände ab. Nervös zupfe ich am Saum meines Kleides herum. ,,Alles in Ordnung bei dir?" Fragend schaut Marco mich von der Seite an. ,,Jaja, alles gut." Murmle ich und er sagt: ,,Mach dir nicht so ein Kopf. Das wird ganz ein entspannter Tag." ,,Das glaube ich erst wenn er rum ist." Gebe ich zerknirscht zurück. Eine Panikattacke kann ich zum Glück unterdrücken, aber dennoch schlägt es mir etwas auf den Magen. Ich streichle behutsam meinen Bauch und versuche ruhig zu atmen. ,,Du siehst übrigens bezaubernd aus." Sagt er und ich werde etwas rot: ,,Danke." Marco parkt vor dem Haus seiner Eltern. Und während er locker flockig aussteigt, wirke ich sehr ungelenkig. Zwar hat er mir zuliebe den höheren Range Rover genommen, aus seinem Sportflizer wäre ich sicher nicht rausgekommen, aber dennoch sehe ich einfach sehr angestrengt bei allem was ich tue aus.
Ich watschle hinter ihm zur Haustür. Er klingelt und ich erreiche die Tür gerade als sie aufgeht. Marcos Mutter steht vor uns und strahlt uns direkt an. ,,Ach, da seid ihr ja endlich." Meint sie und Marco schließt sie direkt in die Arme. ,,Wir sind doch nur fünf Minuten zu spät." Meint er besänftigend. Als sie sich wieder lösen stehe ich etwas unschlüssig vor Manuela. ,,Danke für die Einladung." Sage ich und überreiche ihr einen Weihnachtsstern. ,,Wie schön das es geklappt hat." Sagt sie und scheucht uns dann ins Haus. Im Wohnzimmer wartet schon der Rest der Familie. Nach einer etwas holprigen Begrüßung sitzen wir kurz darauf zusammen im Wohnzimmer. Die Stimmung ist etwas komisch und ich merke das es an mir liegt. Bevor Manu sich für die Essensvorbereitung aus dem Raum verdrückt, sage ich: ,,Ich würde gerne was los werden. Ich weiß das die ganze Situation absolut nicht optimal ist. Wahrscheinlich wäre euch lieber wenn ich heute nicht hier wäre und ihr tut es nur Marco zu liebe. Ich möchte das ihr wisst, dass ich Marco nichts Böses will. Ich will ihm kein Kind unterjubeln und ihn zu irgendetwas zwingen. Was damals passiert ist war sehr hart für Marco, er hat sehr gelitten und ich weiß das ihr mich dafür verantwortlich macht und mich hasst. Die ganze Situation, wie es damals dazu gekommen und was darauf folgte ist auch ganz gewiss nicht an mir vorbei gegangen. Ich habe mit Marco ausführlich darüber gesprochen und mich erklärt. Und ich denke es stimmt wenn ich sage, wir konnten das aus der Welt schaffen." Ich schaue Marco an der etwas abwesend aber zustimmend nickt.

Ich fahre fort: ,,Das wir nun gemeinsam Eltern werden habe ich definitiv nicht geplant. Ich wollte im Fußball weiter durchstarten, Champions League und Nationalmannschaft spielen. Das kann ich nun erst mal vergessen. Aber vor allem wollte ich Marco nirgendwo mit reinziehen. Ich weiß wie sehr ich ihn verletzt habe und würde alles tun um es rückgängig zu machen aber das kann ich nicht. Ich habe ihm damals mehrfach gesagt das er zu nicht verpflichtet ist. Wenn er es so gewollt hätte, hätte er nie wieder was mit mir zu tun haben müssen. Aber er ist nun mal Marco und so kalt ist er nicht. Deswegen bemühen wir uns ein Konzept für den neuen Lebensabschnitt zu erstellen und dafür gehört für Marco nun mal seine Familie und das seid ihr. Ich möchte zumindest das ihr unser Kind eine Chance gebt." Nach der Beendigung meines Monologes schaue ich in die etwas überrumpelten Gesichter von Marcos Familie. Es ist still für eine gefühlte Ewigkeit, bevor Manuela sich erhebt und sagt: ,,Zuerst einmal, wir hassen dich nicht. Wir wissen nur nicht so ganz mit der Situation umzugehen. Wir waren zugegeben ziemlich geschockt als Marco uns von deiner Schwangerschaft erzählt hat. Wir wollten dir nicht das Gefühl geben hier nicht willkommen zu sein aber es ist einfach alles nicht so einfach. Aber du gehörst jetzt zur Familie und wahrscheinlich brauchen wir noch ein wenig und wieder warm zu werden aber das bekommen wir schon hin." ,,Danke." Bringe ich hervor und mir stehen ein bisschen Tränen in den Augen. ,,Och komm her." Tatsächlich ist es Melanie, Marcos Schwester die erste die mich in die Arme schließt. ,,Ich freue mich doch schon total darauf Tante zu werden." Meint sie und Yvonne pflichtet ihr bei: ,,Oh ja, obwohl ich nicht weiß ob das gut geht mit soviel Fußball-Genen auf einmal." Damit bringt sie alle zum Lachen und die Stimmung löst sich wieder. Nachdem sich alle beruhigt haben, verschwindet Manu mit ihren Töchtern in der Küche zum kochen. Als ich auch helfen wollte, wurde ich nur abgewiesen und auf die Couch verwiesen. ,,Soweit kommt es noch das du mithelfen musst. Du brütest mein nächstes Enkelkind aus, da musst du dich schonen." War Manus Erklärung. Also blieb ich bei den Männern im Wohnzimmer. Bei den Gesprächen über Fußball konnte ich gut mitreden, hielt mich aber dennoch eher zurück.

Kurz vor dem Essen wurden auch die Kinder wach, die vorher noch Mittagsschlaf gehalten hatten, wach und wurden von ihren Vätern fertig gemacht. So blieben schlussendlich nur Marco und ich im Wohnzimmer zurück, da sein Vater Getränke aus dem Keller holte. ,,Das hast du gut gesagt vorhin." Meint Marco zu mir und ich sage: ,,Es musste einfach raus, sonst wäre der Tag noch lang geworden." ,,Oja, aber ich denke das wird jetzt werden mit der Zeit." Ich nicke nur und hoffe er behält Recht. Wir werden zum Essen gerufen und sitzen wenig später an der reich gedeckten Tafel. Es gibt sehr leckeren Braten und dabei wurde sich auch ausgelassener unterhalten. Ich wurde über meine Arbeit und den Fußball in Wolfsburg ausgefragt und ich bekam auch einiges mit was in Dortmund so passiert ist. Nachdem wir fertig sind mit dem Essen, räumen die Mädels wieder ab bevor wir wieder alle im Wohnzimmer zusammen sitzen. ,,So, nun aber mal zu den wichtigen Fragen. Marco hat daraus immer ein Geheimnis gemacht und wollte nichts verraten Was wird den nun? Ein Mädchen oder ein Junge?" Fragt Manuela nach einiger Zeit und Marco hebt die Hände: ,,Wie oft noch? Ich weis es nicht." Ich schmunzle und krame aus meiner Tasche ein kleines Geschenk raus: ,,Willst du es wissen?" Frage ich ihn und er sagt: ,,Du spannst mich damit schon seit Wochen wenn nicht sogar Monaten auf die Folter. Verdammt ja, ich will es wissen." Ich lache auf und lege ihm das Geschenk in de Schoß: ,,Frohe Weihnachten." Ist mein Kommentar dazu und er schaut mich mit großen Augen an. ,,Darf ich das echt jetzt aufmachen?" Fragt er und ich sage: ,,Schnell, bevor ich es mir anders überlege." Alle lachen und Marco drückt das Geschenk an sich. ,,Nein, meins." Dann öffnet er das Geschenkpapier und zieht ein Babyboddy hervor, als er ihn auseinander faltet und liest was darauf steht, kommen ihm die Tränen. ,,Oh wie entzückend." Kreischt Manuela und auch die Mädels quietschen vergnügt. ,,Ist das wirklich so, wir bekommen ein Jungen?" Fragt Marco unglaubwürdig und ich sage: ,,Einen kleine Borussen, ja." Dann springt er plötzlich Jubelnd auf, zieht mich ebenfalls auf die Beine und wirbelt mich dann durch die Luft. ,,Wir bekommen einen Jungen." Ruft er und zu allem Überfluss drückt er mir noch einen Schmatzer auf die Wange. Etwas überfordert mit seiner Reaktion lasse ich mich, als er mich wieder los gelassen hat, wieder aufs Sofa sinken.
,,Wann ist es nochmal soweit?" Fragt Yvonne und ich antworte: ,,Ende Januar / Anfang Februar ungefähr. Also es geht jetzt auf den finalen Monat zu." ,,Ist das aufregend, dann wird es jetzt ja Zeit das ihr einen Namen aussucht." ,,Ja, das nehmen wir demnächst in Angriff." erkläre ich und Marco meint nur: ,,Ich habe schon ganz viele tolle Ideen." ,,Da bin ich mal gespannt." Sage ich schmunzelnd. ,,Dann ist es ja wirklich nicht mehr lang, hast du den schon soweit alles organisiert? Kinderzimmer eingerichtet und so? Wenn du Hilfe brauchst, musst du nur sagen." Bietet nun Marcos Vater seine Hilfe an. ,,Das ist lieb, aber ich glaube eigentlich ist alles organisiert. Das Zimmer mache ich nächste Woche mit den Mädels fertig, da fehlt aber auch nicht mehr viel."


(2) Vom Ende zum AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt