TEIL VIERUNDDREIßIG

182 10 1
                                    

Am nächsten Morgen werde ich in einem leeren Bett wach. Ein Blick auf mein Handy verrät mir, das mein Wecker erst in einer halben Stunde klingeln wird. Ich lasse mich zurück ins Kissen sinken und starre an die Decke. Marco ist wohl einfach gegangen denke ich frustriert. ,,So, einmal ein Guten-Morgen-Tee." Höre ich dann Marco sagen, der mit einer dampfenden Tasse in der Hand ins Zimmer kommt. Er reicht mir den Tee und setzt sich neben mich aufs Bett. ,,Ich habe gelesen, das Kaffee in der Schwangerschaft nicht so gut sein soll, deswegen habe ich einen Tee gemacht." Sagt er und schaut mich erwartungsvoll an. ,,Danke. Ich trinke tatsächlich mittlerweile immer Tee. Ich dachte du bist schon weg." Sage ich und er erklärt: ,,Ich muss auch gleich los, weil wir in einer Stunde treffen haben und ich noch ein bisschen fahre. Das Taxi müsste gleich da sein." ,,Alles klar, ich muss mich auch gleich fertig für die Arbeit machen." Sage ich und nehme einen Schluck. Dann stehen wir auf und Marco zieht sich im Flur seine Jacke und Schuhe an. ,,Dann würde ich sagen, wir schreiben und bleiben in Kontakt." ,,Ja, melde dich einfach wenn es dir passt." Sage ich und er nickt. Dann öffne ich die Haustür: ,,Viel Erfolg fürs Spiel heute Abend. Und grüß die Jungs von mir." ,,Mache ich, dir viel Spaß bei der Arbeit." Wir umarmen uns einmal kurz und dann verlässt er die Wohnung. An der Haustür dreht er sich noch einmal um und sagt: ,,Ich werde mich kümmern und um euch sorgen. Ich lasse euch nicht noch mal im Stich." Dann verlässt er das Haus, steigt ins Taxi und fährt davon. Ich bleibe einen Moment starr im Türrahmen stehen und muss mich kurz sammeln. Ich bin mir nicht ganz sicher ob er es erst meint und wirklich Wort hält, aber das wird sich zeigen.

Und in den kommenden Wochen hielt er tatsächlich sein Wort und legte sich auch richtig ins Zeug. Wir standen im regelmäßigen Kontakt und er stellte eine Million Fragen zu dem kleinen Baby in meinem Bauch, auf die meiste wusste ich keine Antwort. Woher soll ich welche Augenfarbe das Baby haben wird oder ob es Leberwurst mögen wird? Außerdem erkundet sich regelmäßig auch wie es mir geht. Die Fragerei zeigt mir aber das er wirklich Interesse an einer gemeinsamen Zukunft hat. Für die nächste Ultraschall Untersuchung lies er sich sogar extra beurlauben um dabei sein zu könnend beim Anblick des Ultraschall-Bilds standen ihm sogar die Tränen in den Augen.

Ich wurde nach dem Pokalspiel endgültig aus dem Kader gestrichen. Ich durfte nicht einmal mehr mit auf die Bank, weil unsere Teamärztin wohl ernsthaft an meiner Zurechnungsfähigkeit zu zweifeln schien und Angst hatte, das ich noch mal ein Ausflug aufs Feld unternehmen würde. Aber ich hatte nicht im geringsten das Bedürfnis danach. Außerdem konnte ich meine Schwangerschaft in Sportklamotten nicht mehr ordentlich verbergen und mein Bauch fiel schon direkt auf. Aus diesem Grund sah ich mich gezwungen nun endlich auch an die Öffentlichkeit zu gehen. Ich setzte mich einen ganzen Abend mit Katha und Sophia hin um die richtigen Worte für einen Social-Media Post zu finde und tat mich sehr schwer damit. Am Ende hatte wir ein Foto in meinem Wolfsburg Trikot gemacht, wo ich so typisch kitschig mit meinem Bauch posierte. Eigentlich finde ich dieses Bauch streicheln oder immer die Hände darauf legen absolut affig aber dennoch beruhigt es mich immer und machte irgendwie deutlich das ich schwanger war und nicht einfach so dick geworden bin. Dazu haben wir uns am Ende auf folgenden Text geeinigt: 

>> Hallo ihr Alle!

Ich weiß es war für viele eine Überraschung, das ich noch so kurzfristig nach Wolfsburg gewechselt bin. Aber wie man vielleicht unschwer erkennen kann, gibt es neben dem Wechsel auch eine weitere Veränderung in meinem Leben. Ich werde Anfang nächsten Jahres Mama und werde deshalb erst einmal pausieren. Ich freue mich riesig über den kleinen Mensch der in meinem Bauch heranwächst und kann es kaum erwarten ihn endlich in meinem Arm zu haben. Die Mannschaft und das Umfeld in Wolfsburg stehen voll und ganz hinter mir und geben mir die Möglichkeit trotz meiner Schwangerschaft Teil eines so unglaublichen Teams zu sein. Ich freue mich schon sehr darauf im nächsten Sommer dann voll und ganz wieder mit der Mannschaft anzugreifen. Bitte versteht das die ganze Situation sehr persönlich ist und ich keine weiteren Fragen zu Näheren Umständen beantworten möchte.

Wir sehen uns bald wieder auf dem Platz, eure Emma <<

Auch wenn ich nicht gerade viele Follower habe, wurde ich nur so mit Kommentaren überhäuft und mein Nachrichtenfach drohte zu explodieren. Außerdem hatten viele Klatsch- und Nachrichtenseiten meine Meldung weiter verteilt. Deshalb habe ich mich eine ganze Woche aus Instagram abgemeldet und keine Nachrichten geschaut. Die Mädels haben das für mich erledigt und mir ab und zu ganz positive Dinge gezeigt. Natürlich kam sehr, sehr häufig die Frage nach dem Vater des Kindes und wie es allgemein zu der Situation kam (in Bio haben die Leute wohl nicht besonders gut aufgepasst) aber wie ich bereits geschrieben hatte, habe ich mich nicht weiter zu dem Thema geäußert. Nachdem das Thema aber jetzt aber auch öffentlich ist, kann ich ein Stück weiter durchatmen und mich auf die Zukunft konzentrieren. Es liegt noch ein bisschen Arbeit vor mir und Organisationsarbeit aber zum ersten Mal habe ich das Gefühl die Situation größtenteils im Griff zu haben und mit ihr für den Augenblick zufrieden zu sein.

(2) Vom Ende zum AnfangWo Geschichten leben. Entdecke jetzt