Chapter 23

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Mit dem Mai kam mein 24. Geburtstag. Für mich war zwischen 23 und 24 immer eine Art Grenze von fast noch Jugendlich zu erwachsen gewesen, dementsprechend fühlte ich mich ziemlich seltsam als ich aufwachte. Johannes schlief noch, also genoss ich die Stille bis er aufwachte.

Wie die letzten Jahre auch, war Abuela extra für meinen Geburtstag zu Besuch. Sie war in den letzten Jahren eine Art Ersatzmama für mich geworden. Sie verachtete ihre Tochter für die Art wie sie mir eine Mutter gewesen war. Nachdem ich ihr von dem Erpressungsversuch nach Silvester erzählt hatte, hatte sie wütend bei meiner Mutter angerufen und sie zur Schnecke gemacht. Im Nachhinein hatte sich herausgestellt, dass meine Eltern über Silvester zu einer alten Schulfreundin meiner Mutter geflogen waren und sie uns deshalb gesehen hatte.

Als Johannes die Augen aufmachte, grinste er. Seit Tagen hatte er über meinen Geburtstag gesprochen und prophezeit, dass er mir den schönsten Geburtstag meines Lebens bereiten wollte. Er startete schon mal nicht schlecht, denn er beugte sich über mich und fing an mich zu küssen. „Alles gute zum Geburtstag, meine Schöne", sagte er und begann damit meinen Hals zu küssen. Es war ein ganz normaler Dienstag an dem wir beide in die Schule gehen mussten, also machten wir nicht so ausführlich Liebe wie an anderen Tagen.

Als ich aus dem Schlafzimmer heraus trat, saß Levi bereits mit Abuela an dem gedeckten Tisch. Doch bevor ich mich hin setzte, verschwand ich ins Badezimmer um mich kurz frisch zu machen. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass Johannes an meinem Hals einen großen Knutschfleck hinterlassen hatte. Kopfschüttelnd setzte ich mich an den Esstisch. Levi stand auf und sprang in meine Arme um mir zu gratulieren. Auch Abuela gratulierte mir und dann widmeten wir uns dem geradezu königlichen Frühstück.

„Mama, was hast du da?", fragte Levi auf einmal und musterte meinen Hals. Erschrocken schlug ich mir auf den Hals und sah Johannes böse an. Abuela grinste und sagte dann: „Weißt du, der Johannes mag die Mama und wenn man sich mag dann passiert das manchmal". Erwartungsvoll sah ich Levi an. Er schien es so zu akzeptieren und widmete sich wieder seinem Croissant.

Nach dem Frühstück fuhr ich in die Schule. Levi wollte vom Kindergarten zu Hause bleiben und Zeit mit Abuela verbringen. Johannes musste erst zur dritten Stunde unterrichten. Also ließ ich die drei beim Frühstück sitzen und machte mich alleine auf den Weg. In der Schule warteten Linnea, Jamie und Emilia bereits auf mich. Sie gratulierten mir und wir machten uns auf den Weg zum Unterricht.

In der Pause saßen wir auf unserer Stammbank auf dem Schulhof. Wir bequatschten die Jungssituation von Jamie, denn sie hatte sich in einen Jungen der KFZ Klasse verliebt. Die Mädels wussten nicht, dass ich einen Freund hatte und vor allem nicht, dass Johannes mein Freund war. Ich vermied mein Privatleben als Thema meistens, aber die Sprache kam nur in den seltensten Fällen darauf.

Nur an diesem Tag konnte ich es nicht vermeiden. In den letzten beiden Stunden hatten wir Mathe bei Johannes. Wie immer saß ich zwischen Emilia und Linnea in der ersten Reihe. Wir waren gerade dabei einen Regelaufschrieb über Vektorrechnung zu schreiben, da seufzte Jamie dramatisch wie noch nie auf und sagte empört: „Luna! Wieso erzählst du nicht, dass du einen Kerl hast?". Mir gefror das Blut in den Adern. „Wie kommst du darauf?", flüsterte ich leise. Ich hatte den Knutschfleck schon wieder vergessen. „Dein Knutschfleck!", sagte sie laut. Aus dem Augenwinkel konnte ich erkennen wie Johannes, genau wie ich knallrot wurde. Doch er überspielte es gekonnt und sagte: „Jamie ich bitte sie. Das können sie bitte in ihrer Freizeit klären".

Ich war nur wenige Minuten vor Johannes zu Hause. Ich fuhr in die Tiefgarage des Wohnblocks und blieb dann noch kurz sitzen um die Glückwünsche zu beantworten die ich bekommen hatte. Als Johannes neben mir parkte, stieg ich aus. Empört haute ich ihm auf die Brust. „Wehe du machst mir noch ein Mal einen Knutschfleck dahin wo es andere sehen können", sagte ich. Er grinste und ging dann neben mir her die Treppen hinauf.

„Geschenke auspacken!", rief Levi als er mich erblickte und rannte auf mich zu um mich hinter sich her ins Wohnzimmer zu ziehen. Von Abuela und Abuelo hatte ich ein selbst gebasteltes Kochbuch bekommen. Ich fing fast an zu weinen, als ich die Seiten durchblätterte. Sie hatten sämtliche Geheimrezepte aufgeschrieben, denn sie wussten genau wie sehr ich das Essen aus ihrem Restaurant liebte. Ich fiel schluchzend in die Arme von Abuela und bedankte mich überschwänglich. Dann rief ich bei Abuelo in Spanien an. Er war dort geblieben um das Restaurant weiter am laufen zu halten.

Levi hatte mir mit Johannes zusammen ein Mamabuch gekauft und es mit Johannes Hilfe ausgefüllt. Johannes hatte sich sogar die Mühe gemacht es in spanisch einzutragen. Sein Schulspanisch war schon etwas eingerostet, doch in den letzten Wochen hatte er angefangen es wiederaufzufrischen. Er wusste genau wie wichtig mir die spanische Kultur war und wie gern ich das an Levi weitergeben wollte.

Johannes gab mir einfach nur einen Briefumschlag. Darin befand sich ein Brief und drei Karten. Doch bevor ich mir die Karten genauer anschaute las ich mir den Brief durch. Wenn die Karten tatsächlich das waren wofür ich sie hielt, dann war Johannes offiziell der unglaublichste Mensch der Welt. Und tatsächlich. Drei Flugtickets für den Sommer nach Sao Paulo. Ich flog geradezu in seine Arme. Er hatte gewusst wie gerne ich meine portugiesische Familie mal wieder sehen wollte, aber das Geld war mir in den letzten zwei Jahren etwas zu schade gewesen.

Am Abend gingen wir in meinem Lieblingsrestaurant essen. Johannes ließ sich dafür extra für seinen Tennisunterricht vertreten. Alles in allem war es tatsächlich mein schönster Geburtstag gewesen.

Two Miles apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt