Chapter 9

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Ich hatte mich selten so sehr über Ferien gefreut, wie über diese Herbstferien die mit der kommenden Woche begannen. Levi hatte ich von der Kita abgemeldet und wir genossen die Tage zu zweit.

Immer wieder dachte ich an das Thema Johannes, doch ich konnte nicht darüber nachdenken. Ich hatte schon so lange keinen Freund mehr gehabt und das Ende meiner letzten Beziehung war eins der schmerzhaftesten Erlebnisse gewesen. Psychologen hassen Selbstdiagnosen, aber ich war mir ziemlich sicher, dass ich Verlustängste und auch die damit einhergehenden Bindungsängste hatte. Aber es stimmte schon. Wollte ich denn nun für immer Single bleiben deswegen?

Ich hatte Levi für den Dienstag vom Training angemeldet und mein Handy für die ganze Woche ausgeschaltet. Doch am Donnerstag fasste ich mir ein Herz und beschloss die Sache anzugehen. Ich wollte endlich mal wieder auf eine romantische Weise lieben und geliebt werden. Und um ehrlich zu sein, wollte ich auch mal wieder Sex haben.

Also setzte ich mich mit Levi nach dem Abendessen auf die Couch. "Mein Schatz, magst du Johannes?", begann ich das Thema. "Ja, wieso?", antwortete er. "Und ist das blöd wenn wir immer so viel Zeit mit ihm verbringen?", fragte ich weiter. "Nein, ich mag Johannes", wiederholte Levi. "Bist du sicher? Ich möchte nicht das du dich dabei unwohl fühlst oder du das Gefühl hast, dass ich Papa ersetzen will", erklärte ich. Levi schien nachzudenken und sagte irgendwann: "Schon gut Mama, ich weiß dass du Papa liebst und das hat ja nichts mit Johannes zu tun, oder?". Ich lächelte. Das war mein wunderbarer Sohn.
"Nein, da hast du schon Recht. Aber du weißt ja wie das ist wenn sich zwei Menschen sehr mögen, oder? Papa hab ich sehr gemocht, deshalb gibt es dich. Und jetzt mag ich Johannes auch sehr", erklärte ich dann weiter. "Machst du dann mit Johannes jetzt auch ein Baby", fragte er. Ich hatte Mühe nicht laut zu lachen. "Nein, man macht nicht sofort ein Baby, wenn man jemanden mag. Aber weißt du, ich möchte Johannes gerne sagen, dass ich ihn mag. Und dann würden wir vielleicht noch mehr Zeit mit ihm verbringen", erwiderte ich dann. "Okay", sagte Levi und stand auf.

Ich kratzte mich am Kopf. Ich war mir nicht sicher ob Levi so ganz verstanden hatte, was ich ihm versucht hatte zu erklären, aber es kam wohl einfach auf einen Versuch an.

Also drückte dich den Power Schalter meines Smartphones und wartete ab. Als der Bildschirm hell wurde, blinkten augenblicklich einige Nachrichten auf. Emilia, Linnea und Jamie wussten das ich eine Auszeit nehmen wollte, also hatte ich nur ein paar vereinzelte Nachrichten aus der Klassengruppe. Aber dafür ganz viele von Johannes. Ich las sie mir durch. Die letzten beiden Nachrichten waren von gestern und vorgestern. "Hab grad mit Valentin gesprochen. Er sagt ihr habt euch unterhalten und du brauchst wahrscheinlich eine Denkpause", stand in der Nachricht von Dienstag. Am Mittwoch hatte er geschrieben: "Hey, ich hoffe es geht euch gut. Wenn was ist kannst du dich gern melden".

Ich holte tief Luft und tippte dann eine Nachricht: "Hey, entschuldige , dass ich einfach so offline gegangen bin, aber wir haben mal ein paar Tage für uns gebraucht. Valentin hat recht. Ich wollte mal ein bisschen nachdenken. Können wir uns vielleicht treffen?".

Nervös warf ich das kleine Rechteck weg. Das Piepen ließ mich zusammen zucken. "Klar, gern. Soll ich kurz vorbeikommen?", hatte er geschrieben. Ich schickte einen Daumen hoch und nur knappe zwanzig Minuten später klingelte es an der Tür. Levi spielte noch immer in seinem Zimmer und ich hatte auch nicht vor ihn dabei zu unterbrechen.

Wir setzten uns auf das Sofa im Wohnzimmer. Ein paar Mal holte ich Luft und setzte zum Sprechen an, doch ich war mir nicht sicher wie ich das Thema beginnen sollte. Johannes spürte wie nervös ich war, also griff er nach meiner Hand und lächelte mich aufmunternd an.

"Also hör zu. Mir fällt das ganze ein bisschen schwer. Ich bin jetzt seit fast sechs Jahren Single. Ich habe einen Sohn der das nicht anders kennt und ich habe ein paar Probleme die mir das ganze ein bisschen schwer machen. Ich habe Angst jemanden zu verlieren und wenn ich mich- naja emotional binde, dann wird die Angst nicht gerade weniger. Und ich weiß selbst, dass nur ich das ändern kann. Es ist nichts Neues, dass man sich nicht aussuchen kann in wen man sich verliebt und wenn ich ehrlich bin hat es mich ordentlich erwischt. Ich hab mich Hals über Kopf in dich verliebt und bis jetzt dachte ich immer, dass das nur bei mir so wäre, aber Valentin hat gesagt dir geht es auch so, aber jetzt glaube ich, dass nicht ich entscheiden sollte ob wir zusammenkommen oder so weil auch wenn es durch die Tatsache, dass ich volljährig und eine Berufsschülerin bin nicht illegal ist, ist eine Lehrer-Schüler Beziehung so eine Art moralisches Tabu und wir wissen ja nicht was der werte Herr Schulleiter dazu sagen würde und außerdem ist da Levi, der zwar sagt es ist okay, aber ich hab das Gefühl er versteht es nicht und dann noch Ilay, er lebt nicht mehr und trotzdem hab ich das Gefühl ich würde ihn betrügen und dabei möchte ich so gerne mit dir zusammen sein und auch mal wieder Sex haben, ich mein das ist ja immerhin eine total sinnvolle Sache und mit dir macht das sicher Spaß und stimmt, Thema du, wie findest du das, du kannst mir nicht erzählen, dass du eine Frau willst die so viel Mist auf dem Buckel hat und einen Sohn hat, ich wette du hast dir immer eine kinderlose Frau vorgestellt mit der du dann deine eigenen Kinder bekommst, aber-", ratterte ich runter. Die Worte überschlugen sich und ich war kurz davor loszuheulen. In mir herrschte das reinste Gefühlschaos.

Johannes unterbrach mich in dem er mich zu sich zog und mich umarmte. Er sah mich an. In seinem Gesicht zeichnete sich ein leichtes, wehmütiges Grinsen ab. "Ach Luna, meine kleine Maus...", flüsterte er.

Ohne noch einmal darüber nachzudenken küsste er mich.

Two Miles apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt