Chapter 17

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Zurück in Deutschland war ich ein wenig traurig. Ich hatte die Zeit in Spanien genossen, denn ich hatte meine Beziehung zu Johannes in der Öffentlichkeit nicht verstecken müssen. Ich genoss die Nähe zu ihm so sehr und aus diesem Grund fiel es mir sehr schwer ihn in der Schule wieder zu sehen ohne ihm eine Liebe zu zeigen oder mich mit ihm im Privaten Sinne zu unterhalten.

Stattdessen wartete eine Überraschung auf uns. Allerdings war es keine gute. Im Gegenteil. Unsere Beziehung lief grundsätzlich echt gut. Levi hatte sich an die Situation gewöhnt und hatte Johannes als Teil seines Lebens akzeptiert. Auch ich hatte meine Bindungsängste zurückgestellt und mich vollkommen auf die Beziehung fokussiert. Johannes und ich waren in den vergangenen Wochen und Monaten eng zusammengewachsen.

Doch das Schicksal schien gegen uns zu sein, denn nach der sechsten Stunde am Donnerstag, behielt Johannes mich unter dem Vorwand einer Notenbesprechung zurück. Bisher war es uns immer sehr gut gelungen das private von dem schulischen zu trennen. Nie hatten wir dem Verlangen eines Kusses oder ähnlichem nachgegeben und unsere Professionalität bewahrt. Doch heute wusste ich, dass dies nicht der Fall sein würde, denn Johannes sah sich nervös um, während er sein Handy aus seiner Hosentasche kramte. "Schau dir das an", murmelte er leise.

Ich nahm sein Smartphone entgegen und sah ihn nervös an. Seine Blicke wanderten unruhig zwischen den Türen der Umkleidekabinen hin und her. Noch nie hatte ich ihn so aufgeregt gesehen und ich wusste, dass es ernst sein musste, also senkte ich den Blick auf das leuchtende Display. Es war ein Foto. Wir waren darauf zu sehen. Eng umschlungen und uns küssend in dem Club in Spanien. Ohne mein Blick abzuwenden fragte ich: "Woher hast du das?".

Ich konnte spüren wie mein Blutdruck in die Höhe schoss und sich mein Herzschlag verdoppelte. Das konnte nichts gutes heißen.

"Mir wurde das anonym geschickt. Klick das Foto mal weg und schau dir die Nachricht dazu an", sagte Johannes leise ohne sein Blick von den Türen abzuwenden. Ich tat wie geheißen und las die Zeilen. "Finger weg von der Kleinen oder ich erzähle deinem Arbeitgeber von euch", stand da.

Mein Herz rutschte mir förmlich in die Hose und mir wurde augenblicklich kotzübel. Ich keuchte auf und ohne ein Wort zu sagen, drückte ich Johannes sein Handy in die Hand und lief in die Umkleide. Es war niemand mehr da. Darüber war ich froh, denn ich lief auf direktem Weg zu einem der Waschbecken und übergab mich.

Es machte mir Angst. Natürlich war unsere Beziehung nicht illegal, aber trotzdem war sie ein moralisches Tabu. Und wir wussten nicht, ob der Direktor Johannes vielleicht feuern würde. Und dies wäre in Anbetracht der Verbeamtung die Johannes anstrebte, äußerst unschicklich.

Ich wusch mein Mund aus, spritzte mir kaltes Wasser ins Gesicht und ging zurück in die Halle. Johannes stand noch immer an der selben Stelle. Sein Blick wirkte leer.

"Was willst du tun?", fragte ich Johannes. "Ich weiß es selbst nicht. Vielleicht sollten wir erst einmal getrennte Wege gehen, bis ich mir überlegt habe, wie wir weiter vorgehen", sagte er. Ich hatte sowas zwar schon erwartet, denn es war das vernünftigste was wir tun konnten, doch trotz dessen versetzte mir der Satz ein Stich ins Herz.

Auf dem Schulhof warteten Jamie, Linnea und Emilia. Ich hatte meine Schwierigkeiten damit so zu tun, als wäre nichts. " Und? Was hast du?", fragte Jamie. Ich war verwirrt. Dann fiel mir wieder ein unter welchem Vorwand ich mit Johannes gesprochen hatte. Ich stotterte einige wirre Worte vor mich hin und sagte dann: "Es gibt ein Fehler in seinem System, er gibt mir nächste Woche Bescheid".

Den Rest des Tages verbrachte ich damit, mit Levi zu spielen. Er hatte auf Weihnachten von einigen Verwandten Autos bekommen, also spielten wir mit den Autos und der Rennstrecke. Er liebte Autos. Immer wenn wir Abuelo waren, erzählte der ihm von Autos. Ich wusste nicht so viel über die Fahrzeuge auf vier Rädern und es war mir unerklärlich woher Levi sein Interesse dafür nahm. Wenn wir irgendwo hin fuhren konnte er jede einzelne Automarke benennen. Also lagen wir auf dem Teppich und schoben die Autos hin und her während er mir etwas über Autos erzählte.

Es half mir den Schlamassel in dem Johannes und ich steckten zu vergessen.

In der Nacht hatte ich kaum geschlafen. Ich hatte mich hauptsächlich von der einen Seite auf die andere gedreht und dabei kaum ein Auge zu getan. Stattdessen hatte ich immer wieder über die Situation nachgedacht. Zahllose Szenarien die sich in meinem Kopf abspielten und mich schier verrückt machten. Der Gedanke daran, dass ich Johannes seinen Job und jede weitere Stelle als Lehrer kosten könnte, brachte mich erneut dazu mich zu übergeben.

Am nächsten Morgen meldete ich mich kurzer Hand von der Schule ab. Levi wollte trotzdem in den Kindergarten, also fuhr ich ihn hin und legte mich zu Hause wieder in mein Bett.

Es war schon fast Nachmittags, als das Telefon klingelte. Zu meinem Nachteil nahm ich ab, ohne ein Blick auf das Display zu werfen, denn zu meinem Übel meldete sich meine Mutter.

Fast wäre mir ein genervter Laut entwischt, doch ich wollte nicht diejenige sein die das Gespräch zerstörte, noch bevor es überhaupt angefangen hatte. "Bist du noch mit diesem Kerl, diesem Lehrer zusammen?", fragte meine Mutter. Ich schluckte. In meinem Kopf ratterten die Gedanken. Immerhin wollte ich ihr nicht die Wahrheit sagen, denn die Schadenfreude die daraufhin folgen würde, wollte ich mir ersparen, also antwortete ich: "Ja, wieso?".
Es war ja die Wahrheit. Getrennt waren wir noch nicht, nur ein Problem hatten wir.
"Aha. Lernen wir ihn auch mal kennen?", fragte sie nach einer kurzen Denkpause weiter.

Gott sei Dank klingelte der Postbote in diesem Moment, denn so sehr mir die schrecklichen Launen meiner Mutter auch missfielen, ich hatte nicht vor sie an zu lügen, denn das wäre unumgänglich wenn ich einen weiteren Streit vermeiden wollte.

Two Miles apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt