Chapter 41

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In ihren Händen trugen Levi, Matteo und Ayla kleine Körbe aus Bast in denen sich weiße Rosenblätter befanden. Die drei liefen vor uns her und verteilten die Blätter, während ich bei meinem Vater eingehakt hinterher lief. Wir schritten langsam im Takt zur Musik die Treppen hinunter. Die Hochzeitsgäste hatten sich von ihren Plätzen erhoben und sahen uns gespannt entgegen. Die ersten verdrückten schon ein paar Tränen. Doch ich hatte keine Augen dafür.

Das Einzige was ich sah war Johannes. Er stand strahlend vorne und wartete. Und da konnte ich mich kaum noch halten. Ich war überglücklich diesen Mann nun endlich heiraten zu können und konnte die Glückstränen nicht mehr zurückhalten. Stumm liefen sie über meine Wangen. Selten war ich so glücklich gewesen, wasserfestes Make Up benutzt zu haben. Das Zucken an meinem Arm verriet mir, dass mein Vater auch schon wieder am heulen war. Genauso wie Johannes.

Mein Vater übergab mich an Johannes und setzte sich genau wie die drei Kinder zu den anderen Gästen. Ich sah Johannes an und ich konnte sehen, wie er weinte. Dabei hatte er immer Witze gemacht und gesagt, dass er an seiner Hochzeit wohl nicht so heulen würde.

Die Musik verstummte und der Mann der uns trauen sollte, setzte zur Rede an. "Wir haben uns heute hier versammelt....".

Zwischen zwei Bäumen, welche direkt neben dem Podest angrenzten, war ein weißes Leinentuch gespannt und ein Beamer projektierte das Gesagte in Spanisch, Portugisisch und Englisch darauf. Die sprachliche Diversität hatte uns zu Beginn vor einige Herausforderungen gestellt, doch wir hatten eine Lösung gefunden.

Selbst die Gelübde hatten wir Wort für Wort eintippen lassen. Selbstverständlich ohne das Beisein des anderen. Als Johannes zu reden begann veränderte sich die Schrift und das Spanische wurde durch Deutsch ersetzt, denn als kleine Überraschung hatte Johannes sein Gelübde in Spanisch verfasst.

"Junggessellen sind Männer die nur halb aufs Ganze gehen, hat mal jemand gesagt. Wer weiß ich nicht, doch Bugs Bunny wird es nicht gewesen sein. Ich bin heute hier weil ich voll aufs Ganze gehen will. Ich will die Frau heiraten, die in mein Leben so viel Freude, Glück und Sonnenschein gebracht hat. Und wenn ich dich heirate, dann heirate ich all die Dinge die mein Leben so bunt machen. Ich heirate meine beste Freundin, all die schönen Gesten, die vielen langen Gespräche unterm Sternenhimmel, deine Familie und sogar deine Angewohnheit meine Klamotten akribisch quadratisch zusammenzufalten und sie farblich geordnet in den Schrank zu legen. Und ich bekomme einen wunderbaren Sohn. Levi, ich heirate deine Mama und ich verspreche für immer für euch da zu sein, euch zu lieben, zu ehren, euch die Welt zu zeigen und euch zu unterstützen, sowohl in Gesundheit, als auch in Krankheit", sagte Johannes mit weicher Stimme. Trotz seiner Tränen schaffte er es ohne ein Zittern in seiner Stimme.

Ich schluckte schwer. Aus der ersten Reihe hörte ich einen lauten Schluchzer und ich wusste sofort, dass es Käthe war. Ich holte tief Luft und sah noch einmal auf den kleinen Hocker neben mir. Der kleine blaue Brief lag da.

"Mama, kann Johannes eigentlich auch mein richtiger Papa sein, denn er ist so toll. Er spielt immer mit mir wenn ich das gerade will und er erzählt immer so lustige Witze. Und er hat mit Tennis spielen beigebracht. Ich wünsche mir, dass Johannes irgendwann mal mein richtiger Papa wird, hat er gesagt. Immer wieder hat er mich gefragt, ob denn auch sein echter Papa werden kannst und irgendwann habe ich mich hingesetzt und mit ihm geredet. Und aus diesem Grund, möchte ich dir hiermit einen Brief geben", sagte ich und griff nach dem blauen Brief. Mit zitternden Händen nahm Johannes den Brief entgegen und öffnete ihn. Während Johannes ihn las, winkte ich Levi zu mir und er stellte sich neben mich und griff nach meiner Hand. "Adoptionspapiere...", flüsterte Johannes leise und sah auf. Dann entwich ihm doch ein kleiner Schluchzer. "Johannes, willst du mich adoptieren?", fragte Levi.

Jetzt erst hatten die Gäste richtig verstanden um was es ging und ein überraschtes Raunen ging durch die Reihen. Johannes nickte schnell und ging dann vor Levi in die Knie um ihn fest in den Arm zu nehmen. "Ja, Levi, ich will dich adoptieren und dein Papa werden", sagte er leise. "Johannes, ich hab dich lieb", sagte Levi. Hilflos sah ich zu Elena hinüber. Ich würde gleich hemmungslos weinen wenn sie sich noch eine Minute länger umarmten.

Aber Johannes richtete sich wieder auf und Levi setzte sich wieder. Ich fuhr mit meinem Gelübde fort. "Als kleines Mädchen habe ich immer von einer Art Märchenprinz geträumt. Einer mit einem Pferd der sämtliche Probleme lösen kann und mich wie eine Prinzessin behandelt. Doch je älter ich wurde, desto weniger habe ich an einen Prinzen geglaubt. Und doch habe ich einen  gefunden. Du bist zwar kein Märchenprinz mit Pferd, aber einer mit einem Tennisschläger. Und du löst auch nicht meine Probleme in dem du sie weg zauberst, wir lösen sie gemeinsam. Wenn alles nichts hilft kannst du ja doch noch den Tennisschläger nehmen. Ich liebe meinen persönlichen Märchenprinzen. Ich liebe deine humorvolle Art, deine Empathie und das Verständnis, das du mir entgegen bringst und ich liebe es sogar, wenn du aus Wut kochst und dabei die ganze Küche durcheinander bringst. Ich möchte dich heiraten und mein Leben mit dir verbringen und dich lieben und ehren, in Gesundheit wie in Krankheit, bis das der Tod uns scheidet. Nur eines sage ich dir sofort, wenn du vor mir stirbst bringe ich dich um", sagte ich.

Und dann kam der Teil auf den ich schon seit meiner Verlobung wartete. Levi brachte uns die Ringe auf einem kleinen Kissen und nach dem "Ja, ich will", durften wir sie uns endlich gegenseitig an die Finger stecken und unsere Ehe mit einem leidenschaftlichen Kuss besiegeln. Die Tränenen versiegten und unter Applaus liefen wir den Weg zurück in Richtung Sektempfang.

Two Miles apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt