Chapter 45

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Johannes kam mit zur ersten Vorsorgeuntersuchung beim Frauenarzt. Bevor ich ins Untersuchungszimmer gerufen wurde, musste ich eine Urinprobe abgeben. Und dann begaben wir uns ins Untersuchungszimmer.

Wie immer wenn ich einen Frauenarzttermin hatte, ging ich schnurstraks zum Schreibtisch der Frauenärztin und setzte mich auf den Stuhl davor. Die Frauenärztin war noch nicht da, somit waren wir alleine in dem Raum. Johannes stand etwas hilflos vor der Tür und sah sich fast ängstlich um. Sein Blick blieb am gynäkologischen Stuhl hängen. "Da musst du rauf?", fragte er geschockt. Ich nickte grinsend. Männer beim Frauenarzt waren eine lustige Angelegenheit. "Jetzt setz dich endlich hin", befahl ich. Vorsichtig setzte er sich und ich griff nach seiner Hand.

In diesem Moment ging die Tür schwungvoll auf und die Frauenärztin Doktor Weißenberg begrüßte uns freudig. Ihre blonden Haare hatte sie wie immer in einem Dutt und ihre Brille trug sie wie immer auf dem Kopf. "Mensch Frau Díaz, herzlichen Glückwunsch zur Schwangerschaft", sagte sie. "Frau Schulte", korrigierte ich sie stolz. Sie sah von ihren Unterlagen auf und lachte mich an. "Na dann wohl herzlichen Glückwunsch zur Hochzeit und zur Schwangerschaft", sagte sie. Das liebte ich an meiner Frauenärztin. Sie ging auf ihre Patienten sehr mitfühlend und emphatisch ein. Man merkte ihr an, dass ihre Termine nicht einfach nur Routine waren und sie ehrlich Spaß an ihrem Beruf hatte.

"Sie sind dann wohl Herr Schulte und der Vater von dem Kind, was?", fragte sie an Johannes gerichtet. Dieser nickte. "Also gut, Sie wissen ja schon von Ihrer ersten Schwangerschaft wie das Ganze läuft, aber ich denke ich erkläre alles nochmal, immerhin ist Ihre erste Schwangerschaft fast sieben Jahre her und ich denke Ihnen, Herr Schulte, sind Schwangerschaften nicht so geläufig", fuhr sie fort. Wieder nickte Johannes zustimmend. "Also gut. Die Urinprobe wurde analysiert, die Schwangerschaft soweit bestätigt und mit Ihrem Eiweißgehalt und Zucker stimmt soweit. Ich werde Ihnen noch einen Mutterpass ausstellen und wir werden uns gleich mal das Baby anschauen. Wissen Sie denn wie weit sie sind?", fragte Doktor Weißenberg. "Ich müsste im Dritten Monat sein", erwiderte ich. Doktor Weißenhaupt tippte in ihrem Computer herum, fragte mich nach meiner letzten Periode und teilte mir dann meinen vorraussichtlichen Geburtstermin mit. Sie nannte mir das gleiche Datum wie Johannes gesagt hatte. Der 15. Februar. Johannes grinste schelmisch.

"Sehr gut, dann bitte einmal unten herum frei machen und auf den Stuhl", forderte Frau Weißenhaupt. Ich folgte. Johannes blieb am Kopfende stehen und sah geschockt dabei zu wie die Frauenärztin mich untersuchte. Ich merkte wie aufgeregt er war und lächelte ihm ermutigend zu. "Sehr schön. Für die 9. Schwangerschaftswoche ist alles wie es sein soll. Sie dürfen sich wieder anziehen und auf die Liege liegen, wir werden mal einen Blick auf Ihr Baby werfen", hielt sie fest.

Mein Bauch wurde kalt, als sie das kalte Gel darauf verteilte. Ich sah hinunter. Man konnte bereits eine Wölbung erkennen. Bei meiner ersten Schwangerschaft mit Levi war das nicht so gewesen. Bei ihm hatte sich erst später etwas gezeigt. Doktor Weißenhaupt zog das Ultraschallgerät näher und als sie es mit etwas Druck auf meinen Bauch drückte, richteten Johannes und ich unsere Blicke auf den Bildschirm. Es dauerte einen Moment und dann zeigte sie auf den Bildschirm: "Sehen Sie, das hier ist der Dottersack und das hier ist ihr Baby". Selig fing ich an zu lächeln. Mein Baby. Unser Baby. Ich sah zu Johannes. Sein Mund formte ein O und seine Augen waren weit aufgerissen. Er riss sich von dem Anblick los, sah mich an und wisperte mit Tränen in den Augen: „Das ist unser Baby".

Die Frauenärztin gab uns einen Moment und begann dann damit auf dem Ultraschallgerät herum zu drücken. Ein klopfendes Geräusch füllte den Raum. Ich kannte das Geräusch und grinste noch breiter, während Johannes sich irritiert umsah. „Schatz, das ist der Herzschlag von unserem Kind", klärte ich ihn auf.

Als wir im Auto nach Hause saßen, hörte Johannes fast nicht mehr auf zu reden. Mit sämtlichen Adjektiven die er kannte, beschrieb er mir ausführlich, wie toll er das wie er es nannte „erste Treffen" mit unserem Baby gefunden hatte. Zuhause erwischte ich ihm immer wieder dabei wie er mit fasziniertem Blick auf meinem Bauch sah. Er würde dem Kind ein toller Vater sein, er war schon jetzt ein toller Vater für Levi.

Nach dem Abendessen gingen wir zu dritt spazieren. Levi rannte vor uns her und jagte die Tauben die auf dem Weg vor uns herum spazierten. „Wie sagen wir es ihm?", fragte Johannes. "Ich glaube wir fragen ihn einfach wie er es finden würde und sagen es dann, aber lass uns bis morgen warten", schlug ich vor.

Also machten wir es genau so. Am Abend brachte ich ihn ins Bett und legte mich noch für einen Moment zu ihm um ihm ein Buch vorzulesen. "Mama?", fragte er. "Ja, mein Schatz?", stellte ich die Gegenfrage. "Jetzt wo Johannes mich adoptiert, kann ich da nicht Papa zu ihm sagen? Er ist ja jetzt sowas wie mein Papa. Und ich kann ja einen richtigen Papa und einen Papa haben", sagte er zögerlich. Überrascht sah ich ihn an. Ich strich ihm die Haare aus der Stirn und dachte einen Moment darüber nach. Er sah Johannes wohl wirklich als seinen Vater. "Ja, Levi, wenn Johannes für dich ein Papa ist, dann kannst du das auch sagen, wenn du das so fühlst und das gerne möchtest", gab ich ihm dann eine wohlüberlegte Antwort.

Johannes saß mit einem Fußballmagazin auf dem Sofa. "Levi hat mich was gefragt", fing ich an. "Und zwar?", fragte er abwartend. "Er hat mich gefragt, ob er denn jetzt auch Papa zu dir sagen kann, jetzt wo du ihn adoptierst bist du ja quasi sein Vater", erzählte ich. Johannes sah mich erstaunt an. "Und was hast du gesagt?", fragte er mit krächzender Stimme. "Wenn er das möchte, dann soll er das tun. Ich hoffe das ist okay für dich", erwiderte ich. Johannes nickte lächelnd.

Two Miles apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt