Am nächsten Morgen wachte ich auf dem Teppich auf. Mein Kopf pochte und ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich noch schlimmer aussah, als ich mich fühlte. Meine Haare standen in sämtliche Richtungen ab, meine Schminke war verschmiert und sorgte dafür, dass ich aussah wie ein Panda mit Persönlichkeitsstörungen und auf meinem Shirt fand ich einige Flecken vor, die verdächtig nach Döner und Alkohol aussahen.
Ich sah mich im Wohnzimmer um. Abgesehen von den anderen Vier die ebenfalls wild verstreut auf dem Boden lagen, sah es erstaubnlich ordentlich aus. Nur ein Vorhang fehlte. Linnea benutzte ihn ganz offensichtlich als Decke.
Während ich mir einen Kaffee machte, kehrten langsam aber sicher meine Erinnerungen an die vergangene Nacht zurück. Wir hatten uns eine große Pizza beim Lieferdienst bestellt und dann vorgeglüht. Besser gesagt die anderen hatten vorgeglüht. Ich hatte nichts getrunken, wissentlich, dass ich Levi heute wieder abholen musste und das möglichst ohne Restalkohol im Blut. Währenddessen hatte Elena einige Geschichten über Johannes und mich erzählt. Danach waren wir sehr klischeehaft von Club zu Club gezogen und hatten uns zwischendurch an einer Dönerbude gestärkt. Der Dönermann hatte mir einen Döner ausgegeben. Als Braut Geschenk. Nach und nach fielen mir auch die Typen ein, die sich nach und nach zu uns gesellt hatten. Kurz dachte ich nach, aber dann realisierte ich, dass nur Emilia und Jamie kurzzeitig mit zwei der Typen rumgemacht hatten. "Na Gott sei Dank nicht ich", stellte ich fest. Da regten sich die anderen Mädchen.
Doch bevor ich ihnen einen guten Morgen wünschen konnte, rannte ich zur Toilette und übergab mich. Irritiert starrte ich in die Toilette und riss dann angewidert meinen Kopf zurück. Offenbar war der Döner nicht mehr der frischeste gewesen.
Nacheinander gingen wir duschen und frühstückten dann zusammen. Es war fast schon wieder Mittag, als sich die Mädchen verabschiedeten. Meine Kopfwehtablette zeigte Wirkung uns so begann ich langsam ein wenig aufzuräumen und zu saugen. Nachdem ich durchgelüftet hatte, setzte ich mich ins Auto und fuhr zu Johannes Eltern.
"Na? Wie war es?", fragte Käthe neugierig. Ich erzählte ihr kurz von dem Abend. Dann rief ich Levi herein. Er spielte mit Johannes Vater Bernd im Garten. "Mama ich will noch nicht gehen", sagte er in einem flehenden Ton. "Ach mein Schatz, du darfst doch wieder her kommen. Wenn Johannes und ich weg fahren kannst du noch ganz viel Zeit mit Oma Käthe und Opa Bernd verbringen", versuchte ich Levi zu beschwichtigend.
Als wir an Ostern bei Johannes Familie gewesen waren, hatte Käthe unsere Flitterwochen angesprochen. Wir hatten vorgehabt Levi mitzunehmen, doch Käthe hatte uns überredet, Levi bei ihr zu lassen und für ein paar Tage alleine zu verreisen. Wohl oder übel hatte ich zugestimmt. Zu einer ganzen Woche hatte ich mich hinreisen lassen, doch immer wieder kamen mir Zweifel, ob das die richtige Entscheidung gewesen war.
Levi sah mich für einen Moment grimmig an und fragte dann: "Wann ist das nochmal?". Ich erwiderte: "Am Wochenende", sagte ich. Er schien nochmal eine Minute nachzudenken, dann schnappte er sich seine Tasche, drehte sich um und sagte beim herausgehen bestimmmt: "Tschüss Opa Bernd, tschüss Oma Käthe, bis am Wochenende, da darf ich dann länger bei euch bleiben und wir spielen ganz viel". Ich musste lachen. Genau wie Bernd und Käthe. "Sehr willensstark, der Kleine", stellte Bernd fest. Ich nickte zustimmend. "Er hat mir gerade erklärt, dass er noch nicht gehen will, aber die Aussicht auf das Wochenende hat ihn wohl umgestimmt", sagte ich. "Wir freuen uns sehr, dass er gerne kommt und er ist immer willkommen", sagte Käthe. Ich lächelte sie dankbar an. Sie wusste genau wie viel es mir bedeutete, dass Johannes Familie mich und Levi so herzlich aufgenommen hatte. "Levi freut sich auch sehr. Er mag euch. Und er hätte sonst auch nie angefangen Oma Käthe und Opa Bernd zu sagen", sagte ich.
Zuhause saß Johannes schon auf dem Sofa und wartete auf uns. Levi stürzte sich auf ihn und fing aufgeregt an zu erzählen was er gemacht hatte. Ich nahm mir die Zeit und verschwand kurz im Schlafzimmer, denn in der Post hatte ich einen Brief entdeckt, welcher sehr wichtig für mich war. Ich atmete tief durch während ich ihn las. Er bedeutete mir sehr viel, denn er sollte mein Hochzeitsgeschenk an Johannes sein.
Den Nachmittag verbrachten wir daheim. Levi spielte auf dem Teppich, während Johannes und ich uns von unseren Junggessellenabschieden erzählten.
"Wollen wir grillen?", fragte er irgendwann. "Du kannst für Levi und dich gern grillen, aber ich will nix. Mir ist immer noch schlecht. Ich glaub der Döner war nicht gut und ich hätte nicht frühstücken sollen", sagte ich.
Am darauffolgenden Tag war mir immer noch schlecht und ich musste mich wieder übergeben, doch danach ging es mir wieder besser. Nach dem Frühstück fuhren wir das erste Mal zum Flughafen. Wir wollten meine portugiesische Familie abholen. Wir fuhren sie in ein Hotel und holten dann den spanischen Teil meiner Familie vom Flughafen ab. Sie sollten bei meinen Eltern wohnen. Abuela und Abuelo hatten sich inzwischen mit meiner Mutter ausgesprochen, denn durch ihren Krebs hatte sie sich auch bei meinen Großeltern entschuldigt.
Den Tag verbrachten wir mit der Familie. Auch am Donnerstag stand ein Brunch mit der Familie an. Glücklicherweise ging es mir wieder gut. Doch nicht lange, denn am Freitag wachte ich wieder auf und fand mich Minuten später über der Toilette wieder. Nur blieb ich dieses Mal nicht allein. Johannes kam und übergab sich ebenfalls. Offensichtlich hatten wir dieses Mal beide etwas falsches gegessen.
Als wir uns später durch die Familie telefonierten kam heraus, dass wir anscheinend die Einzigen waren. Beim Öffnen des Kühlschranks wurde uns auch ziemlich schnell klar, dass es an dem Edamer liegen musste. Er war schon längst über das Haltbarkeitsdatum hinaus und er hatte schon gestern nicht mehr sonderlich gut geschmeckt.

DU LIEST GERADE
Two Miles apart
RomanceTwo Miles apart, eine Geschichte über eine junge Frau inmitten ihrer zwanziger, deren Leben sich um 180° dreht, als sie sich Hals über Kopf in einen Mann verliebt. Die Hürden die ihre Beziehung bereitstellt, scheinen durch das Schüler-Lehrer Verhält...