"Hast du das Ernst gemeint, dass du bald schon heiraten willst?", fragte Johannes am nächsten Morgen. Er war dabei sich anzuziehen und grinste mich nervös mit verwuschelten Haaren an, während er sich seine Socken an zog. "Ja klar. Denkst du ich sag das aus Spaß?", erwiderte ich. Stolz grinste Johannes und rutschte auf den Socken zu mir um mich zu küssen. "Ich freu mich", sagte er.
Nachdem ich Levi in der Kita abgeladen hatte, fuhr ich in die Schule. Es war die letzte Schulwoche vor Weihnachten , also erwartete mich ein äußerst entspannter Tag. Wir schauten Filme und aßen Plätzchen. Jeder von uns hatte welche mitgebracht. Ich hatte welche mit Levi gemacht. Ilays Todestag hatte mich dieses Mal nicht ganz so sehr runtergezogen, dafür Levi um so mehr. Also hatten wir am Tag danach seine Lieblingsplätzchen gemacht.
"Luna?", hörte ich eine tiefe Stimme sagen, als ich in der Pause die Treppen in Richtung Toilette hoch stieg. Ich dreht mich um und blickte in zwei grüne Augen. Sie gehörten zu einem Mann mit dunkeln Haaren und einer Brille. Ich hatte ihn noch nie gesehen und blickte ihn dementsprechend etwas verwirrt an. "Ja?", fragte ich. "Hey, sorry, können wir kurz quatschen?", fragte er.
Wir stellten uns an den Pfeiler vor dem Pausenbäcker. "Ähm, ich bin Louis. Ich bin in der Berufsklasse von der Binnenschiffer Ausbildung. Ich hab dich immer auf dem Flur gesehen und fand dich sehr hübsch. Und naja- ich hab durch Linnea aus deiner Klasse herausgefunden wer du bist und wollte einfach mal fragen, ob du Lust hättest mal mit mir auszugehen", erklärte er. Ich brauchte einen Moment bis die Informationen in meinem Kopf an kamen und ich realisierte was er gesagt hatte.
Ich hatte eine Beziehung. Also konnte ich nicht mit ihm ausgehen. Aber von dieser Beziehung durfte er nichts wissen, aber wenn ich einfach nur sagen würde, dass ich kein Interesse habe, dann würde er es Linnea sagen und die würde wissen wollen wieso und Linnea konnte ich nicht anlügen. Also was sollte ich tun? Es war wie in einem Comic wenn auf der einen Schulter der Engel und auf der anderen der Teufel saß. Aber eigentlich gab es nichts zu überlegen.
„Wie alt bist du überhaupt?", fragte ich. Vielleicht war das ja mein Ausweg. „Ich bin 20", sagte er. Innerlich grinste ich. „Hör zu, du bist sicher ein netter Kerl, aber ich suche momentan nicht nach einer Beziehung. Tut mir leid", sagte ich. Ich wollte nicht auf eine Antwort warten, also verabschiedete mich und ging auf Toilette.
Als ich wieder zurück in den Klassenraum kam, wartete Linnea schon auf mich. „Wieso willst du nicht mit ihm ausgehen?", fragte sie. Emilia saß mit dem Rücken zu uns, doch in diesem Moment drehte sie sich um. „Wie ausgehen? Hab ich was verpasst?", fragte sie neugierig. Beim Thema Jungs war sie immer sofort dabei.
Zu allem Übel kam in diesem Moment Johannes herein und stellte seinen blauen Rucksack auf das Pult. „Louis, ein Freund von mir findet Luna gut und will mit ihr ausgehen, aber Luna hat ihn gekorbt", erklärte Linnea Emilia. Im Augenwinkel konnte ich sehen wie Johannes aufschaute und versuchte unauffällig mit zu hören.
„Ja und wieso willst du nicht mit ihm ausgehen?", fragte nun auch Emilia. „Ach Mensch, der ist mir doch viel zu jung. Der ist fast fünf Jahre jünger als ich", erklärte ich nervös. „Na und? Du hängst doch auch mit uns ab und wir sind doch auch jünger und trotzdem cool", mischte sich nun auch Jamie ein. „Ja, aber mit euch will ich keine Beziehung führen und kein Sex haben. Und außerdem suche ich gar nicht nach einer Beziehung", erwiderte ich fast trotzig. „Aber Ilay ist doch jetzt schon so lange weg. Willst du für immer Single bleiben?", harkte Linnea nach. „Nein das nicht, aber das ist einfach nicht der richtige Moment. Ich weiß nicht ob Levi dafür bereit ist und ich will es eigentlich auch nicht herausfinden, denn so wie es ist bin ich glücklich und was noch wichtiger ist, Levi auch. So. Die Unterhaltung ist damit beendet", sagte ich abschließend.
Über die Stunde hinweg spürte ich den prüfenden Blick von Johannes. Ich kannte ihn. Er machte sich nicht wirklich Sorgen, aber das bisschen Eifersucht in ihm bescherte ihm sicher nicht gerade Glücksgefühle.
„Wie ich höre hast du einen Verehrer", sagte er am Abend. Ich hatte gewusst, dass es ihm keine Ruhe lassen würde. „Ich hab sogar zwei. Aber nur mit einem will ich zusammen sein. Und das bin ich auch. Und damit bin ich der glücklichste Mensch der Welt. Mir fehlt nichts und ich will auch niemand anderen, deshalb ist es wohl egal ob ich noch einen anderen Verehrer hab, denn der ist nicht wichtig", sagte ich beschwichtigend.
Johannes schien einen Moment zu überlegen. Dann stieß er sich mit einem schelmischen Grinsen von der Küchentheke ab und kam auf mich zu. Er griff mit seiner Hand an meinen Rücken und zog mich zu sich. „Das will ich ja auch hoffen. Immerhin wirst du keinen besseren Liebhaber finden als mich", flüsterte er leise in mein Ohr und begann damit, meinen Hals zu küssen. Augenblicklich bekam ich Gänsehaut und in meinem Bauch kribbelte es. Ich biss mir auf die Unterlippe. Mir war klar, was jetzt kommen würde, aber ich freute mich.
Doch wie es so oft war, konnte der Abend nicht einfach so schön enden. Im Gegenteil. Es schien als jagte das Schicksal meines Lebens Dramen um Dramen. Als ich mir gerade gemütlich meine Decke überziehen wollte und mich auf Johannes Brust schlafen legen wollte, klingelte das Telefon.
„Ahhhh! Welches Schwein ruft denn um die Zeit an?", empörte ich mich. „Ich geh schon", erwiderte Johannes. Keine halbe Minute später stand er wieder im Raum. „Für dich. Deine Mutter", sagte er. Mir fiel wortwörtlich die Kinnlade herunter. „Mutter?", fragte ich. Für meine Freundlichkeit hätte ich an diesem Abend sicher keinen Preis bekommen. „Ich hab Krebs", antwortete sie.
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Two Miles apart
RomanceTwo Miles apart, eine Geschichte über eine junge Frau inmitten ihrer zwanziger, deren Leben sich um 180° dreht, als sie sich Hals über Kopf in einen Mann verliebt. Die Hürden die ihre Beziehung bereitstellt, scheinen durch das Schüler-Lehrer Verhält...