Chapter 47

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Es zeigte sich ziemlich schnell, dass wir die Unterstützung ganz schön nötig hatten. Ich verbrachte die Hälfte meiner Zeit eigentlich nur noch damit mich zu übergeben. Das Baby dachte ganz offensichtlich, dass mein Magen eine Art Trampolinpark war. Auf der fast 16 stündigen Fahrt, mussten wir mehr als zehn Mal anhalten und waren dementsprechend komplett geschafft, als wir in Madrid ankamen.

Zu unserem Glück konnten wir direkt in die Wohnung. Meine Tante hatte den Schlüssel vom Vermieter bekommen und auch schon die ersten Möbel die wir in die Wohnung bestellt hatten entgegengenommen. Nur aufgebaut waren sie noch nicht, aber das war nicht so wichtig. Die Matratzen reichten vollkommen aus. Nachdem wir uns Pizza bestellt hatten, bezogen wir die Matratzen und legten und alle zusammen im Wohnzimmer schlafen.

Erst am nächsten Tag kamen wir dazu uns in der Wohnung richtig umzusehen. Die Wohnung war schon etwas älter, doch vor einigen Jahren war sie renoviert worden und ließ sich sehen. Der spanische Stil war beibehalten worden und vermittelte ein Gefühl von Urlaub und Heimat zugleich. Levi hatte sofort sein neues Zimmer inspiziert und war hochzufrieden. Er hatte sogar ein eigenes Bad. Die On-Suite Bäder waren in Spanien relativ üblich. Auch unser Schlafzimmer hatte eines. Und eine wunderschöne Aussicht obendrauf.

Für die komplette erste Woche in Spanien blieben meine Schwiegereltern. Sie halfen uns beim Aufbauen der Möbel, dem besorgen der restlichen Haushaltsutensilien und Käthe half mir beim dekorieren. So wurden wir innerhalb kürzester Zeit fertig. Ganz fertig wurden wir nicht, aber ganz fertig würde wir wohl nie werden. Die wenigsten Wohnungsbesitzer konnten jemals sagen, dass alles so war wie es sein sollte.

Nachdem Johannes' Eltern zurück nach Deutschland geflogen waren, hatten wir noch drei Wochen bis die Schule starten würde. Ich kannte Madrid schon wie meine eigene Hosentasche, also zeigte ich Johannes und Levi die Stadt, denn die Beiden kannten sie nur sehr grob. Außerdem besuchten wir sämtliche Verwandtschaft die ebenfalls in Madrid wohnte. Bei unseren Besuchen erzählten wir ihnen auch von der Schwangerschaft. Die Verwandtschaft in Brasilien war die einzige die es über das Telefon erfuhr, aber damit konnte ich leben.

Die Zeit bis die Schule begann war nicht wirklich entspannt. Wir hatten sie hauptsächlich damit verbracht uns einzuleben. Wir hatten Levi und Johannes im Tennisverein angemeldet, uns beim Einwohnermeldeamt angemeldet, unseren Autos neue Kennzeichen besorgt und uns neue Ärzte gesucht. Vor allem mir einen neuen Frauenarzt, denn meine nächste Vorsorgeuntersuchung stand an. In der 13. Schwangerschaftswoche, direkt nachdem Johannes aus der Schule kam fuhren wir zu dem Termin.

„Guten Tag Frau Schulte, wie geht es Ihnen?", begrüßte mich die neue Frauenärztin Doktor Lopez. „Es geht aufwärts. Ich hatte in den ersten Wochen viel mit Übelkeit zu kämpfen, aber das lässt langsam nach", erklärte ich die Sachlage. Ich erzählte ihr auch von dem Umzug, meinem ersten Kind und den anderen Umständen die mein Leben so hergegeben hatte. Erst dann untersuchte sie mich. „Das sieht ja alles super aus. Ihr Baby hat sich hervorragend eingenistet. Wollen Sie gerne das Geschlecht wissen?", fragte sie dann. Erwartungsvoll sah ich Johannes an. Er schien zu überlegen. „Sie hat gefragt ob wir das Geschlecht wissen wollen oder?", versicherte er sich. Ich nickte. Sein Spanisch war schon gut, nur mit manchen Wörtern und Muttersprachlern die seiner Meinung nach viel zu schnell redeten, hatte er noch ein Problem. „Ja, wir würden das Geschlecht gern wissen", antwortete er dann. „Dann schauen wir mal. In der 13. Woche ist es keine zu 100% sichere Voraussage, doch spätestens bei der 3D Untersuchung in der 19. Woche wissen wir es sicher. Oder wenn sie einen Bluttest machen lassen. Haben sie das schon in Erwägung gezogen?", fragte sie. Ich kniff die Augen leicht zusammen. Die Frau spannte uns auf die Folter mit dem Geschlecht. „Okay, lassen sie uns erst einmal schauen, dann kann ich sie nachher immer noch über den Bluttest aufklären. Herzlichen Glückwunsch, in aller Voraussicht bekommen sie einen Jungen!", sagte sie.

In meinem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Ich könnte nicht glücklicher sein. Levi hatte sich zwar eine Schwester gewünscht, aber ich war mir sicher, dass er sich auch über einen Bruder freuen würde. Ich hatte keinerlei Präferenzen gehabt, denn der Wunsch nach einem gesunden Baby war wesentlich wichtiger und Johannes ging es auch so. Überglücklich fielen wir uns in die Arme und küssten uns. Unser Sohn war es in meinem Bauch.

Bevor wir gingen trug die Frauenärztin in mein Mutterpass ein, vereinbarte den nächsten Termin mit mir und klärte uns über den Bluttest auf. Auf der Heimfahrt sah ich in den Mutterpass. Ich war geschockt als ich mein Gewicht sah. „Ich hab fast 8 Kilo abgenommen", flüsterte ich zu Johannes. Er sah mich erstaunt an. „Ja, das hab ich mir schon gedacht. Abgesehen von deinem Babybauch bist du dünn geworden. Man hat dir die Kotzerei angesehen, das war hart", erwiderte er langsam. Zuhause sah ich in den Spiegel. Er hatte Recht. Meine Handgelenke waren dünner als je zuvor und mein Rücken wirkte fast knochig. Ich war fast angewidert von meinem Anblick. Mein Körper Gefühl war noch nie das Beste gewesen. Ich hatte mich immer etwas zu dünn gefunden. Elena dagegen war immer neidisch gewesen, doch schon in meiner ersten Schwangerschaft hatte ich durch die Trauer wahnsinnig abgenommen und war einfach nur dünn gewesen. Das gefiel mir nicht. Nach der Schwangerschaft hatte es lang gedauert bis ich etwas zugenommen hatte und das hatte ich jetzt ganz offensichtlich wieder abgenommen.

Johannes legte seine Arme von hinten um mich und sah mich im Spiegel an. „Du bist wunderschön", flüsterte er. Ich sah ihn fast traurig an. „Ich weiß nicht", sagte ich. „Doch, das bist du. Du bist zwar dünn geworden, aber du bist trotzdem wunderschön, denn du bist nicht zu dünn und außerdem hast du die letzte Wochen damit verbracht dich zu übergeben, du kannst sicher nichts dafür wie es ist", sagte er. Zweifelnd sah ich ihn an.

Two Miles apartWo Geschichten leben. Entdecke jetzt