Kapitel 40

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Kapitel 40:

Mert's Sicht :

Nachdem ich sie in der Stadt abgesetzt hatte, fuhr ich in die Arbeit. Ich wollte sie nicht gehen lassen, die Sache mit dem Unfall machte die Angst nur noch größer. Ich konnte ein 21- jähriges Mädchen ja nicht zuhause einsperren, nur damit ich mir keine Sorgen machen muss. Jeder Abschied von ihr stürzte mich in Verzweiflung. Zu lange hatte ich ohne ihren Anblick gelebt, nun wollte ich keine Sekunde ohne sie sein. Kurz musste ich über mich selber lachen, wer hätte gedacht, dass ich jemals so kitschig denken würde?
Langsam schlenderte ich in mein Büro und machte mich seufzend an die Arbeit.

Cemre's Sicht :

Der Mann den ich so sehr verhasste, verachtete aber dennoch Angst vor ihm hatte stand vor mir. Der Mann der verantwortlich für all das Leiden war. Der mich von dem wichtigsten Menschen meines Lebens getrennt hatte. Tarık. Über die Jahre hatte er sich verändert, sah viel reifer, aber auch gefährlicher aus. Mein Herz und Atem führten ein Wettrennen, keiner von den beiden würde als Sieger herausgehen. Seine Blicke waren unergründlich, während man aus meinen pure Angst ablesen konnte. Der Schlüssel fiel aus meiner zittrigen Hand und unterbrach so die unangenehme Stille die uns umgab.

Tarık: Cemre?

Seine raue Stimme ließ die Angst in mir größer werden. Meine zugeschnürte Kehle machte es mir unmöglich, ihm zu antworten.
Mit langsamen Schritten kam er auf mich zu, ich konnte mich nicht bewegen. Es war so als wären meine Füße auf den Boden festgenagelt. Er war mir so nah, dass ich seinen Atem auf meinem Gesicht spüren konnte. Tief atmete ich ein und aus, ehe ich ihm in die Augen blickte. Ich wollte meine Angst nicht zeigen, ich wollte ihm zeigen, dass er sein Ziel nicht erreicht hatte. Meine Beine fühlten sich an wie Wackelpudding, dennoch stand ich aufrecht vor ihm. Seine Blicke gingen immer weiter runter, bis sie an meiner Hand stoppten. Seine Augen weiteten sich, ich wusste ganz genau warum.
Er sah den Ring an meinem Finger, er sah, dass er gescheitert ist. Das er verloren hat, uns trotzallem nicht auseinander bringen konnte.
Er berührte meine Hand, sofort zog ich sie zurück.

Tarık: So schnell hast du Mert, also vergessen?

Er dachte ernsthaft, ich hätte einen anderen. Diese Genugtuung würde ich ihm nicht gönnen, sollte er doch denken, dass es so ist, die Überraschung danach würde umso besser werden. All meinen Mut nahm ich zusammen und antwortete mit einer Gegenfrage.

Cemre: Was suchst du hier?

Ich konnte es nicht verhindern, dass meine Stimme zitterte. Er machte einen Schritt zurück, sodass ein gewisser Abstand zwischen uns war. Erleichtert atmete ich auf.

Tarık: Na, was wohl? Dich natürlich.

Ernst schaute er mir in die Augen. Nach all den Jahren kam er wieder. Das musste doch einen Grund haben. Ich wollte es nicht erfahren. Ich wollte den Grund für sein Auftauchen nicht erfahren, wie sehr würde er mir diesmal schaden?

Mert's Sicht:

Sekunden ohne Cemre schienen endlos, während jede Minute mit ihr viel zu schnell verflog. Ein Blick auf die Uhr verriet mir, dass ich noch ganze sieben Stunden vor mir hatte. Der Unfall hatte uns, vorallem ihr, ganz schön zu schaffen gemacht, deswegen beschloss ich diesen Abend eine kleine Überraschung für sie zu machen. Sofort griff ich nach meinem Handy und wählte die Nummer von dem Blumenladen. Es dauerte keine halbe Minute bis sie abhoben.

Laden: Guten Tag, was können wir für Sie tun?
Mert: Guten Tag, hätten Sie vielleicht 100 weiße und rote Tulpen, die sie heute Abend um 20 Uhr liefern könnten?
Laden: 100?

Seine Stimme klang verwirrt. Klar, so eine Bestellung bekamen sie höchstwahrscheinlich nicht täglich. Wer bestellt schon hundert Tulpen?

Mert: Ja, hundert. Jeweils fünfzig weiße und fünfzig rote. Wäre das möglich?
Laden: Natürlich, welche Straße?

Ich nannte ihm Cemre's Straße und besprach noch die Bezahlung, ehe ich auflegte. Danach rief ich Leyla an, sie musste dafür sorgen, dass Cemre um die Uhrzeit nicht zuhause ist.

Leyla: Mert?
Mert: Leyla, kannst du mir bei einer Sache helfen?
Leyla: Klar, schieß los.

Leyla war eine richtig gute Freundin von mir geworden. Egal um was es ging, ich wusste, dass auf sie Verlass ist.

Mert: Du musst dafür sorgen, dass Cemre von 19 bis 21 Uhr nicht zuhause ist.
Leyla: Warum?
Mert: Kann ich dir das später erzählen? Ich muss noch einiges erledigen.
Leyla: Off Mert, was spannst du mich so auf die Folter?
Mert: Cemre wird dir danach sowieso alles erzählen, ihr Mädchen redet doch stundenlang über sowas. (lachte ich)
Leyla: Nein, eben nicht. Jedes Detail muss ich ihr aus der Nase ziehen, genau wie bei dir. Also was das angeht, passt ihr perfekt zusammen.

Ihre Stimme klang beleidigt, dennoch musste ich lachen. Nachdem ich mit ihr alles besprochen hatte, machte ich mich wieder an die Arbeit. Leyla würde sie um 18 Uhr abholen und mit ihr ins Kino gehen. Das würde mir genug Zeit geben um alles vorzubereiten. Die Vorfreude auf den heutigen Abend motivierte mich für die restlichen Stunden die ich noch arbeiten musste.

Als die Stunden des Tages sich dem Ende entgegen neigten stöhnte ich erleichtert auf. Rasch packte ich meine Sachen ein und begab mich raus. Trotz der späten Uhrzeit, schien die Sonne auf dem wolkenfreien Himmel. Ich stieg in mein Auto ein und machte mich auf den Weg zu Can. Er war einer meiner besten Freunde und der Besitzer eines Restaurants. Ich wollte Cemre zum Essen ausführen. Was kochen wäre wahrscheinlich romantischer, aber meine Kochkünste ließen zu wünschen übrig. Noch einmal wollte ich nicht einfach nur eine Dosensuppe in der Mikrowelle aufwärmen.

Angekommen, klopfte ich an seiner Tür, die er innerhalb von einer Minute öffnete.

Can: Vaay, unutulduk. (Ich dachte schon, ich wurde vergessen)
Mert: Yok be oğlum, işden güçden zamanmı bulabiliyorum. (Nein man, ich finde nur keine Zeit wegen der Arbeit undso)
Can: Mit 'Undso' meinst du wohl Cemre? (lachte er)
Mert: Sus, lan. ( Fresse,junge) (lachte ich)

Wir gingen rein und setzten uns dann in der Küche hin.

Can: Erzähl, wie läuft's?
Mert: Alles bestens, guck ich wollt dich was fragen.

Ich erklärte ihm alles ganz genau wie ich es geplant hatte und sagte, dass ich sein Restaurant heute Abend brauchte.

Can: Klar bruder, für dich immer. Wann lern ich meine Yenge eigentlich kennen? (fragte er grinsend) (Schwägerin)

Cemre und er hatten sich noch nie gesehen, er kannte sie nur von den Fotos die ich ihm gezeigt hatte und von meinen Erzählungen.

Mert: Bald, inşallah. (sagte ich lächelnd)
Can: Alter, du heiratest. Wurde auch mal Zeit, dass du sesshaft wirst. (lachte er)

Wir redeten noch eine Weile über dies und das und machten uns dann auf den Weg zum Restaurant. Dort planten wir alles gründlich. Alles sollte perfekt sein. Die Deko, die Musik, das Essen, einfach alles. Nachdem wir fertig mit allem waren, verabschiedete ich mich mit dem üblichen Handschlag von ihm und fuhr zu mir nachhause um mich umzuziehen.

Bei mir zuhause, sprang ich zuerst unter die Dusche. Viel Zeit hatte ich nicht, deswegen war ich bedacht darauf alles in Rekordgeschwindigkeit zu erledigen. Nach einer kurzen Dusche zog ich mich um und richtete meine Haare. Das Wohnzimmer sah so aus als hätte eine Bombe eingeschlagen. In einem Tempo, welches sogar Usain Bolt Konkurrenz machen würde, räumte ich alles auf.
Gerade als ich dabei war meine Schuhe anzuziehen vibrierte mein Handy. Ich hob ab und hörte Leyla's lauten Atem.

Leyla: Mert?
Mert: Noldu? (Was ist passiert?)
Leyla: Mert, Cemre..

Ihre Stimme klang panisch. War ihr etwas passiert? Sofort durchfuhr mich die Angst.

Mert: Leyla, wo seit ihr? Ist etwas passiert?
Leyla: Mert, Cemre ist nicht da. Die Einkaufstüten und ihr Schlüssel liegen auf dem Boden, aber sie ist nicht da.

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Wie es das Schicksal willWo Geschichten leben. Entdecke jetzt