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Finya wollte gerade den Servierwagen mit dem Frühstücksgeschirr in die Küche bringen, als Ihr Herr sie aufhielt. „Lass ihn erstmal stehen. Ich habe eine andere Aufgabe für dich." erklärte er. Finya ließ den Wagen an der Türe stehen und kehrte zurück auf die Terrasse. „Ja, Herr?" fragte sie nach. „Geh in mein Arbeitszimmer und hol mir die Schatulle aus der obersten Schreibtischschublade."
Finya verneigte sich leicht. Als sie aus dem Arbeitszimmer kam, saß Aaron bereits auf einem der Sessel im Wohnzimmer. Finya ging auf ihn zu und reichte ihm die Schatulle mit einer respektvollen Verneigung. Die Box war aus einem dunklen, glatten Holz gefertigt. Die Maserung bildete feine Muster. Mit einem Lächeln nahm Aaron die edle Box entgegen. „Setz dich, Finya." Er drehte die Box, sodass der Verschlussriegel zu Finya zeigte.
„Es ist ein Geschenk für dich. Es steht dir frei, es zu tragen." erklärte er und öffnete die Schatulle.
Auf nachtblauem Samt lag eine aufwändig gearbeitete goldene Halskette, an deren Spitze ein großer Anhänger hing.
In den Anhänger war das Wappen des Königs eingehämmert. Das bereits jahrhunderte alte Wappen der Familie Vasaril, wie Finya inzwischen wusste. Sacht fuhr Finya mit dem Finger über den Anhänger, fuhr über die Edelsteine und Diamanten, die in diesen eingearbeitet waren.
Als ob sie sich verbrannt hätte, zuckte ihre Hand dann plötzlich zurück und sie sah Aaron mit großen Augen an. Dieser musterte sie fragend. „Das....das kann ich nicht annehmen, Herr." erklärte sie dann mit bemüht fester Stimme. „Das.... Das ist einfach zu viel. Ich bin doch nur eine Sklavin...Ich bin das nicht we..." „Stop." unterbrach Aaron seine Sklavin. „Du bist das sehr wohl wert. Und du bist nicht ‚nur' eine Sklavin. Du bist MEINE Sklavin. Wenn ich es dir schenke, kannst du es sehr wohl annehmen. Aber wie gesagt...Es steht dir frei, es zu tragen." erklärte Aaron, wobei sein letzter Satz deutlich kühler klang. Erstaunt sah Finya ihren Herren an. Hatte er am Schluss wirklich verletzt geklungen? Sie senkte den Blick und betrachtete wieder die Kette. Erneut fuhr ihr Finger die Konturen entlang. „Sie ist wunderschön..." sprach sie mehr zu sich selbst. Aaron musterte sie abwartend. Auf einmal ging ein Ruck durch Finya. Sie sank vor Aaron auf die Knie, strich ihre Haare zur Seite und sah ihren Herren bittend an.
Sofort entspannte sich Aaron, stellte die Box auf das Tischchen, entnahm ihr die Kette und legte sie Finya um.
Zufrieden blickte er auf Finya hinab und strich ihr wie so oft in letzter Zeit durch das Haar.
„Ich danke Euch Herr." Finya sah auf und blickte ihren Herren direkt an. „Ich werde Euer Geschenk mit Stolz und Ehrfurcht tragen."
Aaron lehnte sich zurück und strich Finya weiterhin durch das Haar. „Es steht dir wie gesagt frei, mein Zeichen zu tragen. Allerdings würde ich dich bitten, es zumindest im Schloss von Imperator Aegir zu tun, denn ich habe nicht vor, dir den alten Schmuck anzulegen."„Das werde ich, Herr." Finya lächelte und lehnte sich Aarons Berührung entgegen.

Drei Tage später stand Finya mit ihrem Herren, der die letzten Reisevorbereitungen überwachte, im Innenhof. Die Sonne war noch nicht aufgegangen. Dementsprechend müde war Finya. Immer wieder unterdrückte sie ein Gähnen. „Du kannst gleich in der Kutsche schlafen." erklärte er. Zufrieden registrierte er, dass Finya auch an diesem Tag wieder sein Geschenk trug.
Als Ivar an ihm vorbei ging, hielt er ihn auf und wechselte einige Worte in einer fremden Sprache mit ihm. Ivar nickte und ging zurück in die Burg.
Kurz darauf trat ein sichtlich übermüdeter Yorick vor Aaron. „Ich habe die ganze Nacht durchgearbeitet, Hoheit. Hier ist, was ihr wolltet." Mit einer Verneigung reichte er Aaron einen Samtbeutel. Kurz warf Aaron einen Blick hinein. „Genau wie ich es mir vorgestellt habe. Danke Yorick." Damit schloss er den Beutel und ließ ihn in seinen Umhang gleiten. Finya bekam davon kaum etwas mit so müde wie sie war.
Inzwischen war auch Ivar aus der Burg zurück gekehrt und machte sich im inneren der Kutsche zu schaffen. „Leg dich in die Kutsche, Finya. Ivar hat dir ein Lager gerichtet." Dankend verneigte sich Finya. In der Kutsche war die eine Bank zu einer Art Bett umgebaut. Kaum, dass Finya lag, war sie bereits eingeschlafen.
Als Finya schließlich erwachte, war es bereits heller Morgen und die Kutsche rollte sanft durch die Gegend. Langsam öffnete Finya die Augen. „Guten Morgen, meine kleine Sklavin." grüßte Aaron sie freundlich. „Guten Morgen, Herr" erwiderte Finya den Gruß und setzte sich auf. Eine Weile fuhren sie schweigend weiter und Aaron gab seiner Sklavin Zeit, richtig wach zu werden. „Herr...?" richtete sich Finya schließlich leicht  verlegen an ihn. „Ich...müsste mal..."
Aaron nickte nur und klopfte gegen die Rückwand der Kutsche, die daraufhin stehen blieb.
Finya lief auf ein Wäldchen zu, das etwa 50 Meter entfernt lag und verschwand zwischen den ersten Bäumen.
König Aaron war in der Kutsche sitzen geblieben. Als er jedoch kurz darauf einen spitzen Schrei hörte, stand er im nächsten Augenblick bereits vor der Kutsche und kam nur einen Wimpernschlag später fast gleichzeitig mit einem Großteil der Garde am Waldrand an. Lediglich Arvid und Kjell waren bei der Kutsche geblieben, um diese zu bewachen.
Gemeinsam suchten sie die ersten Bäume ab, doch Finya war verschwunden. „Ich hab' etwas..." Eric bückte sich und hob Finyas Halskette auf. „Ausschwärmen." kam sogleich der Befehl von Dimitri.
Aarons Augen blitzten rot auf vor Wut. Er zweifelte keinen Augenblick daran, dass Finya nicht freiwillig verschwunden war. Doch wer war so dumm, eine Sklavin des Königs zu entführen?
„Hier lang..." Gregori deutete tiefer in den Wald. „Hier sind abgebrochene Zweige".
Wer auch immer Finya entführt hatte, hatte es sichtlich eilig gehabt und eine regelrechte Schneise hinterlassen. So verließen Aaron und seine Garde bereits wenige Sekunden später den Wald. Etwa 500 Meter weiter rannte eine Gestalt in Richtung Westen. Über ihrer Schulter hing Finya, die sich mit aller Kraft wehrte.
Die Garde und der König erhöhten nochmals ihre Geschwindigkeit. Immer näher kamen sie dem fremden Vampir. Als sie nur noch etwa 100 Meter entfernt waren, ließ der Vampir Finya zu Boden sinken, riss ihren Kopf zur Seite und beugte sich über sie. „Stop, oder die Sklavin stirbt."
50 Meter weiter kam Aaron mit den Anderen zum Stehen. Deutlich konnte er Finyas nun panischen Herzschlag hören.
Dimitri trat langsam einen Schritt nach vorne. Der fremde Vampir knurrte drohend und Dimitri hob beschwichtigend die Hände. „Gib auf, du hast keine Chance." sprach er ihn an. „Das sehe ich anders." erwiderte dieser. „Entweder ihr lasst mich mit ihr gehen, oder die Sklavin stirbt."
Eric hatte Aaron bestimmt hinter Dimitri geschoben und mit den Anderen einen Kreis um ihn gebildet, um ihn zu schützen, sollten weitere Angreifer in der Nähe sein.
Dimitri machte einen weiteren Schritt auf den Vampir zu. „Letzte Warnung...." knurrte dieser.
Erneut ergriff Dimitri das Wort. „Weißt du überhaupt, wessen Sklavin du da gerade vor dir hast?"
Der Vampir blickte auf, jedoch ohne Finya los zu lassen. Seine Augen leuchteten blutrot. Dimitri trat einen Schritt zur Seite und gab den Blick auf den König frei.
Im gleichen Augenblick weiteten sich die Augen des Mannes vor Entsetzen. Als ob er sich an Finya verbrannt hätte, sprang er einen halben Meter nach hinten und ließ Finya los. „...der König..." stammelte er leise.
Er wollte sich gerade vor seinem Herrscher zu Boden werfen, wurde im gleichen Augenblick jedoch schon gepackt.
Ivar und Andrej hatten den Moment der Überraschung genutzt und waren hinter ihn getreten.
Während sie mit der einen Hand jeweils eine Schulter des fremden Vampirs nach vorne drückten, griffen sie mit der anderen Hand sein Handgelenk und zogen seinen Arm gestreckt nach hinten.
Der fremde Vampir leistete keinerlei Widerstand. Auf den Knien und durch den Griff der Vampire nach vorne gebeugt, war er nun auch nicht mehr in der Lage, sich zu bewegen. Zeitgleich stand Gregori bereits mit Finya auf dem Arm vor Aaron und stellte sie vor ihm ab. Sofort zog dieser seine Sklavin besitzergreifend an sich, sog tief ihren Geruch ein und knurrte leicht.

Finya 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt