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Die Mitglieder der Garde kamen aus ihren Verstecken hervor. Auf ein Zeichen Aarons hin nahm auch Finya ihren ursprünglichen Platz auf dem Hocker wieder ein.
„Drei Wochen ohne Blut und dann mit einem Menschen im gleichen Raum...das schaffen nicht viele..." ergriff Andrej sichtlich beeindruckt das Wort. Auch die Anderen nickten bestätigend.  „Es bleibt dennoch die Frage, wie ich weiter mit ihm verfahre. Irgendwelche Ideen?" fragte der König in die Runde. „Im Grunde scheint er eine ehrliche und zuverlässige Haut zu sein." erwiderte Ivar. „Dementsprechend sollte die Strafe ausfallen." Wieder neigten die Anderen bestätigend den Kopf. Finya zögerte. „Herr...." ergriff sie dann doch das Wort. Sieben Augenpaare wanderten zu ihr, ein achtes als Gregori kurz darauf den Raum betrat.
„Hast du eine Idee, was ich mit ihm tun soll, Finya?" Aaron schien ehrlich interessiert. „Ich weiß nicht, ob es wirklich eine Idee ist, Herr...." begann sie. „Aber es scheint, dass er Euch alle beeindruckt hat mit seiner...Selbstbeherrschung." Die Männer nickten. „Das hat er. Normalerweise achten wir darauf, mindestens einmal pro Woche zu trinken." erklärte Dimitri. „Drei Wochen ohne Blut sind eine verdammt lange Zeit." fügte Eric hinzu.
„Und auch, dass er zu seinem Wort gestanden hat und hierher gekommen ist, schien Euch zu imponieren." erneut nickten die Männer bestätigend. „Ich für meinen Teil hatte auch das Gefühl, dass ihm seine Tat ehrlich Leid tut. Er hat sich nicht nur bei Euch entschuldigt, Herr, sondern auch bei mir. Und das obwohl ich nur eine Sklavin bin." „Du bist gewiss nicht NUR eine Sklavin, Finya. Aber ja, ansonsten hast du Recht."
Finya lächelte sacht. „Worauf ich hinaus will, Herr. Jonas ist ehrlich, zuverlässig, selbstbeherrscht und höflich. Vielleicht wäre es ja eine Überlegung wert, die Reihen Eurer Wachen mit ihm zu ergänzen?"
Unsicher blickte Finya Aaron an. Dieser rieb sich nachdenklich über das Kinn. „Das wäre ja wohl eher eine Belohnung und keine Bestrafung." Finya grinste schief. „Ich habe selber bereits erfahren, dass Ihr aus scheinbar kleinen Dingen eine effektive Strafe machen könnt, Herr. „Da hast du wohl recht, Finya." Aaron schmunzelte. „Was meint Ihr?" wandte er sich an seine Garde.
„In gewisser Weise hat Finya recht..." ergriff Dimitri das Wort. „Er muss ja nicht gleich als Wache dienen....eine unliebsame Aufgabe, nachts wird er  eingesperrt...es könnte funktionieren." Eric nickte zustimmend. „Und wenn es nicht funktioniert sitzt er eben wieder ausschließlich im Kerker."
Aaron nickte. Wie so oft in letzter Zeit wanderte seine Hand auf Finyas Kopf und er begann, ihr durch das Haar zu kraulen. „Gut. Dann wäre das abgemacht. Gregori, bring Jonas morgen früh in den Thronsaal."

Später am Abend saß Aaron im Sessel seiner Wohnung vor dem brennenden Kamin. Finya kniete an seiner Seite. Nur noch selten forderte er von ihr, ihn in seinen Gemächern zu bedienen, doch heute stand ihm der Sinn danach. Daher hatte Finya auch eine Schale mit süßem Gebäck und einen Weinkelch vor sich stehen. Gerade steckte er Finya wieder ein Gebäckstück zu. Anstatt jedoch wie sonst seine Hand gleich zurück zu ziehen, verharrte er und strich mit dem Daumen sacht über Finyas Lippe. „Was machst du nur mit mir, meine kleine Sklavin." wandte er sich sanft an sie. „Früher wäre ich nie so milde gegenüber Jonas gewesen." Finya lehnte sich Aaron's Berührung leicht entgegen, schien diese Zuwendung sogar zu genießen. „Früher wäre ich nie bereit gewesen, Euch derart zu dienen, Herr. Jetzt tue ich es gerne." erwiderte Finya und wirkte dabei gänzlich entspannt. Aaron's Hand glitt über Finyas Wange, bevor er sich von ihr löste. „Nicht alle Veränderungen sind schlecht, Herr. Manchmal braucht es nur seine Zeit, bis man das positive erkennen kann. Aaron lachte leise und schob Finya ein weiteres Gebäckstück zwischen die Lippen und auch dieses Mal ließ er seinen Finger über Finyas Lippe gleiten. „Wahr gesprochen, meine kleine, weise Sklavin. Ich sollte dich wirklich von deinen anderen Arbeiten abziehen. "
Aaron wollte gerade seine Hand zurück ziehen, als Finya von sich aus den Kontakt suchte. Zaghaft berührte sie mit den Lippen Aaron's Finger. Sichtlich erstaunt blickte Aaron auf Finya hinab. Er konnte nicht leugnen, dass ihm gefiel, was Finya tat. Erst nach einer Weile zog er seine Hand zurück und strich Finya über den Kopf. „Für heute ist es genug, Finya. Geh schlafen."

Noch lange lag Finya wach im Bett und konnte nicht einschlafen. Zu viele Gedanken gingen ihr durch den Kopf.
Sie führte bei weitem nicht das Leben, das sie sich erträumt hatte. Dennoch war sie glücklich und zufrieden. Mehr noch als das. Sie fühlte sich wohl. Und auch wenn sie die Burg nicht verlassen durfte, fühlte sie sich freier als je zuvor in ihrem Leben. Ihr fehlte es an nichts.
Im schwachen Schein des Mondes betrachtete sie ihre Hände. Die Schwielen durch die jahrelange harte Arbeit in ihrem Heimatdorf waren kaum noch zu sehen.
Finya lächelte sacht. Ihr ging es gut und sie diente ihrem Herren mit Freude. Schon lange empfand sie es nicht mehr als demütigend, neben ihm zu knien. Im Gegenteil. So nah neben ihm fühlte sie sich sicher und geborgen.
Sie genoss jede noch so kleine Aufmerksamkeit von ihm.
Nie hätte Finya gedacht, dass sie nach Haruto einen Mann derart nah an sich heran lassen würde, doch sie tat es seit dem ersten Mal, als ihr Herr ihr durch das Haar gefahren war. Sie genoss es sogar. Sie war ihrem Herren verfallen.
‚Morgen' beschloss sie. Morgen würde sie endlich mit Arvid und Kjell reden. Sie wusste, dass die Garde bereits vor Sonnenaufgang im Innenhof trainierte. Und dort wollte sie die beiden Brüder abfangen.

Zufrieden schloss Finya die Augen und war kurz darauf eingeschlafen.

Finya 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt