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„Was ich heute von Jonas gesehen habe, war gar nicht mal schlecht..." ergriff Aaron das Wort, als alle saßen.
Gregori und Dimitri saßen rechts und links der Stirnseite, Finya auf einem zusätzlichen Stuhl neben Aaron an der Stirnseite selbst.
„Allerdings fehlt es ihm entschieden an Übung und Selbstvertrauen."
Dimitri nickte. „Ich glaube, er hat nie zuvor wirklich trainiert. Er ist wie ein Schwamm. Er versucht, jede einzelne Übung in sich aufzusaugen und fast schon verbissen umzusetzen."
„Also macht er Fortschritte?"
„Das schon..." brummte Gregori. „Aber...?"
„Er ist zu verkrampft, zu verbissen, alles richtig zu machen. Es fehlt ihm an Kondition und er erwartet zu viel von sich selbst."
Aaron seufzte. „Siehst du das ebenso, Dimitri?"
„Ich muss Gregori leider zustimmen..."
„...Aaron....?"
Lächelnd wandte sich Aaron an Finya. Ihm gefiel es, wenn sie ihn, wenn auch nur selten, beim Vornamen nannte. „Ja, Finya?"
„Er war doch lange eingesperrt. Da hat er sich nicht wirklich viel bewegt..." Dimitri nickte. „Du hast Recht, Finya. Zum Teil rührt seine schlechte Kondition wohl daher."
Abwartend sah Aaron seine Sklavin an. Er ahnte, dass sie noch mehr sagen wollte und nickte ihr aufmunternd zu.
„Ich...glaube, es fehlt ihm auch an Perspektive. Er hat keine wirklichen Ziele. Also tut er das, was er gerade macht mit aller Gewalt. Es...lenkt ihn ab. Es gibt ihm zumindest ein kurzzeitiges Ziel: im Training zu bestehen, die Erwartungen zu erfüllen...Und auch dieses Ziel fällt jetzt für ihn weg. Seine Woche Training ist vorbei."
Alle drei sahen Finya überrascht an. „So habe ich das noch gar nicht betrachtet..." ergriff Dimitri schließlich das Wort. „Aber du könntest Recht haben." ergänzte Aaron.
„Die Frage ist: Wo willst du mit ihm hin?" fragend blickte Gregori seinen König an.
Dieser seufzte nur und griff nach seinem Kelch. „Mir ist klar, dass es nicht die nächsten zwei Jahre so weitergehen kann. Das Einzige, was von seiner Strafe übrig geblieben ist, ist der Kerkerarrest, wenn er gerade keine Aufgabe hat und die Ungewissheit über seine Zukunft."
Finya berührte Aaron sacht am Bein. Er lächelte müde, entspannte sich aber beinahe augenblicklich. „Ihr alle haltet ihn doch für einen guten Mann..." fragend blickte Finya in die Runde und erhielt von Allen ein zustimmendes Nicken. „Dann müsst ihr etwas ändern. Diese Ungewissheit ist keine Strafe, sie wird ihn eher zerstören."
Aarons Blick wurde härter. „Ich kann ihm seine Strafe doch nicht erlassen."
„War es denn wirklich so schlimm, was er getan hat? Es ist doch nicht wirklich viel passiert. Er hat sich täuschen lassen. Aber er tut doch aktuell alles, um diese Schuld auszugleichen..."
„Finya hat Recht, Aaron. Wie lange bist du jetzt schon auf der Suche, nach einem fähigen Ogun?
Und dann willst du diese Chance verstreichen lassen, nur, weil dein Stolz verletzt ist,  nur, weil er dir Finya streitig machen wollte?"
Aaron lächelte schwach. „Ihr habt ja Recht. Dimitri...denkst du, er ist talentiert genug, meinen Anforderungen gerecht zu werden?"
Nachdenklich wiegte  Dimitri den Kopf. „Es wird viel Arbeit. Er wird zusätzlich zum Training der Garde Einzeltrainings absolvieren müssen. Aber ja. Ich denke er ist talentiert genug. Vorausgesetzt natürlich, er will in deinen Diensten stehen."
„Und wer sagt mir, dass ich ihm wirklich vertrauen kann?"
„Niemand kann das mit Sicherheit sagen." mischte sich Gregori ein. „Gib ihn frei und schau, wie er reagiert. Oder lass ihn den Lebensschwur sprechen."
Erneut seufzte Aaron. „Wie steht der Rest der Garde zu ihm?"
„Er hat sich gut eingegliedert. Die Anderen können ihn gut leiden." erwiderte Dimitri.
„Also gut. Bring ihn heute zum Mittagessen zu mir in meine Gemächer." wandte sich Aaron erneut an Dimitri und legte dann seine Hand auf Finyas Arm. „Du wirst uns bedienen, Finya." „Sehr gerne, Herr." erwiderte sie lächelnd.

Zur Mittagszeit betrat Dimitri ein weiteres Mal die Kellergewölbe, um Jonas abzuholen.
Schweigend gingen die Männer nebeneinander her. Am Fuß der Treppe zum dritten Stock verharrte Jonas jedoch und blickte Dimitri fragend an. Dieser nickte ihm nur zu und Jonas folgte ihm mit einem leichten Seufzen. Auf einmal war sie wieder da, diese Unsicherheit. Und sie vergrößerte sich noch, als Dimitri vor einer Türe stehen blieb. „Unser König wünscht, heute mit dir zu speisen." erklärte er ruhig.
Jonas Augen weiteten sich vor Schreck. Beschämt blickte er an sich herunter. „Ich kann doch so nicht vor den König treten um mit ihm zu speisen..." Dimitri musterte Jonas Kleidung, die in der Tat etwas abgetragen und staubig wirkte.
„Das ist schon in Ordnung...er weiß, dass du nichts anderes hast." erwiderte er beruhigend, doch Jonas schüttelte vehement den Kopf.
Dimitri seufzte. Dann blickte er Jonas abschätzend an. „...es könnte gehen..." sprach er mehr zu sich selbst. „Komm. Viel Zeit bleibt uns nicht..."
Er führte Jonas eine Türe weiter und betrat seine eigene Wohnung. Sie war zwar deutlich kleiner als die des Königs, aber dennoch mehr als großzügig bemessen. Auch Dimitris Wohnung bestand aus einem hellen, freundlichen Wohnzimmer, von dem mehrere Türen abgingen. „Warte kurz..." forderte Dimitri Jonas auf, wies auf einen der Sessel und verschwand hinter einer der Türen. Kurz darauf kam er bereits mit einer schwarzen Hose und einem schlichten schwarzen Hemd zurück. „Das müsste dir passen." erklärte er und drückte Jonas die Kleidungsstücke in die Hand. Erleichtert nahm dieser sie entgegen und zog sich rasch um. „Danke, Dimitri. Ich stehe in Deiner Schuld."
Dimitri winkte ab. „Schon in Ordnung. Du kannst die Sachen auch gerne behalten. Es schadet bestimmt nicht, deine Garderobe etwas auszuweiten. Aber jetzt komm."
Kurz darauf standen sie erneut vor Aarons Türe. Dimitri klopfte an und öffnete kurz darauf bereits die Türe. „Geh rein...Der König wird gleich da sein." nickte er Jonas zu. „Kommst du nicht mit?" fragend sah Jonas zu Dimitri, doch dieser schüttelte den Kopf. „Heute nicht."
Sichtlich nervös betrat Jonas den Wohnraum und blieb in der Nähe der Sessel stehen. Schließlich schloss er kurz die Augen und entspannte sich,  als er den König in einem der angrenzenden Räume wahrnahm. Nur kurz ließ er den Blick durch den Raum gleiten. Der große Tisch war bereits für zwei Personen gedeckt. Er würde also wirklich alleine mit dem König speisen.
Jonas strich gerade nervös das Hemd glatt, als sich die Türe zum Nachbarraum öffnete und Aaron mit Finya aus dem Büro heraus kam.
Respektvoll ließ Jonas sich auf das Knie sinken, konnte aber nicht verhindern, dass man ihm seine Angespanntheit anmerkte.
„...Hoheit..."
Aaron nickte ihm freundlich zu. „Steht auf, Jonas. Ihr habt keinen Grund, angespannt zu sein."
Jonas erhob sich und lächelte schief. Allein die Tatsache, dass er sich in den Privaträumen seines Herrschers befand, war Grund genug für ihn,  angespannt zu sein.
Einladend wies er auf den Tisch, wo Finya bereits die Weinkelche gefüllt hatte. „Setzen wir uns doch. Das Essen wird gleich kommen."
Kaum, dass sie Platz genommen hatten, klopfte es bereits und ein Servierwagen wurde herein geschoben.
Finya stellte je einen Teller vor Aaron und Jonas, deckte beide ab und ging dann neben ihrem Herren auf die Knie.
Eine Weile aßen die beiden Männer schweigend.
Immer wieder wanderte Jonas Blick zu seinem König, bis dieser ihm schließlich zunickte. „Sprecht..." forderte dieser ihn schließlich auf.
„Ich...will ehrlich sein, Hoheit. Es...macht mich nervös, hier mit Euch zu speisen. Es...Ich weiß nicht, was Euer Ziel bei dem ganzen sein soll..." gab Jonas dann offen zu. „Das ist mir wohl bewusst. Aber Ihr werdet Euch bis nach dem Essen gedulden müssen."
Er nickte Finya zu, den nächsten Gang aufzutragen.
Etwa eine Stunde später war das Mittagessen schließlich beendet.
Aaron berührte Finya sacht an der Schulter. „Füll nochmal unsere Kelche auf, dann kannst du auch essen."
Wenig später saßen Aaron und Jonas in den Sesseln. Finya hatte sich an den Tisch gesetzt und entspannt begonnen, zu essen. Auch wenn sie wusste, dass sie während ihres Mahls nicht auf Aaron achten musste, wanderte ihr Blick dennoch immer wieder prüfend zu ihrem Herren.

Aaron lehnte sich entspannt zurück und schlug die Beine übereinander.
„Also gut..." begann er. „Es hat in der Tat einen Grund, dass Ihr hier seid..." nachdenklich blickte er auf Jonas, der erneut nervös wurde. Aaron wusste immer noch nicht, wie er das Thema beginnen sollte.
„Ihr wisst, warum und wie ich Euch bestraft habe..." setzte er schließlich an. „Ja, Hoheit." Aaron nickte nur leicht. „Seit ihr allerdings unfreiwillig in meinen Diensten steht, habt Ihr Euch mehr als nur einmal bewiesen und mir gute Dienste geleistet.
Die...Vergünstigungen...die ich Euch dafür gewährt habe, haben von der eigentlichen Strafe nicht mehr viel übrig gelassen."
Aaron hob leicht die Hand, hielt Jonas so von einem Einwand ab.
„Ich habe daher beschlossen, Euch die  Strafe zu erlassen. Ihr seid frei."
Jonas Augen weiteten sich erst vor Überraschung, dann spiegelte sich jedoch Enttäuschung in seinem Blick. „Danke, Hoheit." erwiderte er dennoch.
Aaron schmunzelte leicht. „Ihr scheint Euch nicht wirklich zu freuen..."
Jonas senkte den Blick. „Doch, Hoheit. Ich freue mich durchaus. Es ist nur...ich...habe gerne für Euch gearbeitet."
„Und das werdet Ihr auch weiterhin, wenn das Euer Wunsch ist."
Jonas stellte seinen Weinkelch ab und sank vor Aaron auf das Knie. „Sehr gerne werde ich Euch auch weiterhin dienen, Hoheit." erwiderte er mit einem glücklichen Strahlen.
Unterdessen hatte auch Finya ihr Mahl beendet und den Tisch abgeräumt.
Jetzt ging sie auf ihren Herren zu, sank neben ihm auf die Knie und lehnte sich leicht gegen sein Bein.
Abrupt wollte sie sich wieder von ihm lösen, als Ihr bewusst wurde, dass sie nicht alleine waren, doch Aaron zog sie sogleich wieder an sich.
Sein Blick legte sich auf Jonas, der inzwischen wieder im Sessel saß.
„Ihr werdet die nächste Zeit nur wenig Wachdienst übernehmen." erklärte er. „Ich war schon lange auf der Suche nach einem talentierten Ogun. Ihr werdet allerdings viel trainieren und Euren Trainingsrückstand aufholen müssen, bevor ich Euch als solchen in meinen Dienst nehmen kann.
Jonas blickte seinen König irritiert an. „Ich soll ein Ogun sein?"
Aaron lachte leise. „Es besteht kein Zweifel. Dimitri hat Euch die letzte Woche immer wieder getestet. Das heute Vormittag war die abschließende Prüfung."
Noch immer wirkte Jonas mehr als ungläubig. „Wie sonst, glaubt Ihr, konntet Ihr mit verbundenen Augen die Angriffe erkennen?" Aaron wirkte sichtlich amüsiert, wurde dann aber wieder ernst. „Eure Unwissenheit erklärt jedoch auch Eure Schwierigkeiten und Eure Unsicherheit. Das ist aber alles nichts, was sich nicht ablegen lässt, sofern Ihr daran arbeitet."
„Das werde ich." erwiderte Jonas aufrichtig.
„Dann sind wir uns also einig.
Ihr erhaltet bis auf weiteres den offiziellen Status einer Wache des Königs. Morgen, zur Mittagsstunde, werdet Ihr mir dafür den Treueschwur leisten.
Ihr werdet täglich am Training meiner Garde teilnehmen.
Ihr werdet weitere Trainingseinheiten mit den Mitgliedern meiner Garde absolvieren. Über Umfang und Inhalt entscheidet Dimitri oder auch Eric.
Solltet Ihr Euch bewähren und das Trainingsziel erreichen, werde ich Euch in meine persönliche Garde aufnehmen. In diesem Fall werdet Ihr mir den Lebensschwur leisten."
Ungläubig blickte Jonas zu seinem König auf. „Das...ich...es..." stammelte er, bevor er aufstand und sich tief verneigte. „Es ist mir eine Ehre, Hoheit."
Aaron nickte ihm freundlich zu. „Dimitri wird Euch eine Unterkunft zuweisen. Nach Eurem Treueschwur morgen werdet Ihr zudem die Uniform der Wachen tragen." er grinste leicht. „Damit sollte sich auch Euer Kleidungsproblem gelöst haben." Leicht verlegen strich Jonas seine Kleidung glatt, erwiderte dann aber das Grinsen.
„Geht jetzt zu Dimitri. Er wird Euch in Euren neuen Tagesablauf einweisen."

Finya 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt