Dimitri hatte kaum zu Ende gesprochen, als Kjell bereits auf Jonas zu rannte. Kraftvoll rammte er diesen zur Seite und hielt im nächsten Moment grinsend das Tuch in die Höhe.
Stöhnend rappelte sich Jonas wieder auf, während Kjell dem erschrockenen Taro das Tuch wieder ansteckte.
„Arvid." kommandierte Dimitri.
Dieses Mal war Jonas auf die Stärke des Angriffs vorbereitet.
Blitzschnell zog er Taro an sich heran und drehte sich mit ihm aus dem Angriff heraus.
Zufrieden nickte Dimitri. „Ich sehe, du hast die Aufgabe verstanden. Daher jetzt ohne Ansage."
Wie beim morgendlichen Training folgte Angriff auf Angriff. Hatten die Gardemitglieder anfangs noch häufig das Tuch erwischt, so viel es ihnen mit der Zeit immer schwerer. Jonas schien stets einen Schritt voraus zu sein. Mal schob er den Jungen ein Stück von sich weg, mal zog er ihn an sich heran, mal wirbelte er gemeinsam mit ihm herum.
Gerade hatte er Arvid wieder ins Leere laufen lassen, als vom Rand des Innenhofs ein Klatschen ertönte. Sofort hob Dimitri die Hand und beendete so die Übung.
Jonas stellte Taro wieder auf die Füße, klopfte ihm leicht auf die Schulter und drehte sich um. Augenblicklich ließ er sich auf sein Knie sinken. „Hoheit..."
Noch immer applaudierend ging Aaron auf Jonas zu. „Das war sehr gut, Jonas." lobte er ihn. „Dimitri, ich würde die Übung gerne noch etwas verschärfen." „Was schwebt Euch vor, Hoheit?"
„Zuerst einmal..." Aaron zog Taro das Tuch aus dem Hosenbund. „Geh spielen Taro. Du hast für den Rest des Tages frei." Strahlend, aber auch erschöpft, verneigte sich der Junge vor seinem Herren und lief dann in die Burg.
Nur kurz sah er dem Jungen nach und steckte das Tuch dann seitlich in seinen eigenen Gürtel. Jonas Augen weiteten sich, als er ahnte, was der Plan des Königs war.
„Gleiche Übung wie eben." erklärte Aaron. „Nur möchte ich, dass Ihr dieses Mal nicht rein defensiv handelt, sondern in die Offensive geht."
Sichtlich zweifelnd blickte Jonas zu seinem König.
„Aber..." setzte er leicht hilflos an, doch dieser schüttelte nur den Kopf. „Bei dieser Übung ist es Eure Aufgabe, mich zu schützen. Tut, was Ihr hierfür für nötig erachtet."
Jonas seufzte resignierend und stellte sich vor seinen König. Kurz nickte er Dimitri zu und sofort startete der erste Angriff.
Jonas vermied es sichtlich, seinen König zu berühren, was von der Garde sofort ausgenutzt wurde. Keiner von ihnen hatte Hemmungen, den König im Training anzugreifen und so konnten sie bei jedem Angriff das Tuch erobern.
Schließlich stoppte Aaron die Übung sichtlich ungehalten.
„So wird das nichts, Jonas. Ich erwarte mehr Einsatz." wandte er sich streng an Jonas.
„Ich werde es versuchen, Hoheit."
Aaron schüttelte nur den Kopf. „Nicht versuchen. TUN." erklärte er wieder etwas freundlicher. „Vergiss für den Moment, was ich bin."
Fast schon hilflos erwiderte Jonas den Blick. „Wie soll ich das schaffen? Ihr seid mein König..."
Nachdenklich musterte Aaron den jungen Mann. „Ja. Ich bin Euer König. Aber gerade deshalb erwarte ich, dass Ihr Euch anstrengt. Jetzt, für die Dauer des Trainings bin ich einfach nur Aaron, den Ihr schützen müsst."
Jonas Augen weiteten sich. Dann verneigte er sich tief und respektvoll.
„Ich denke, wir verstehen uns. Also weiter." nickte Aaron ihm zu.
Erneut starteten die Angriffe.
Und dieses Mal klappte es deutlich besser. Mal schob Jonas den König leicht zur Seite, während er selbst in den Angriff hinein ging, mal zog er ihn an sich und drehte sich mit ihm.
Zwar unterlag er im direkten Zweikampf meist den deutlich trainierteren Wachen, dennoch gelang es ihm immer besser, die Angriffe zu kontern. Nach einer ganzen Weile hob Aaron die Hand. „Das war schon viel besser, Jonas. Kurze Pause."
Er selbst ging zu Dimitri und begann, sich leise mit ihm zu unterhalten.
Jonas nutzte die Zeit, um wieder einigermaßen zu Kräften zu kommen. Viel zu schnell trat Aaron wieder, das rote Tuch in der Hand, auf ihn zu.
„Letzte Übung für heute."
Er reichte Jonas das Tuch und nickte Dimitri zu. Er selbst zog sich an den Rand des Hofes zurück. Dimitri trat auf Jonas zu. „Bei dieser Übung wirst du niemanden beschützen. Wir werden dich angreifen und zu Boden ringen. Es sei denn du schaffst es, uns zuerst zu berühren. In diesem Fall endet der jeweilige Angriff. Soweit klar?" Jonas nickte. „Ja, Dimitri. Ich muss den ersten Körperkontakt herstellen."
„Richtig" Dimitri nickte. „Dann verbinde dir jetzt die Augen."
„Aber..."
Dimitri grinste. „Du hast mich schon richtig verstanden."
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Finya 2
VampireBitte zuerst Teil 1 lesen! Finya hat ihren Platz als Sklavin an König Aaron's Seite letztendlich akzeptiert. Dennoch sieht sie sich immer wieder neuen Herausforderungen gegenüber. Wird sie Aaron weiterhin vertrauen oder wird sie doch scheitern?