62.

164 13 0
                                    

Das Abendessen neigte sich dem Ende zu und die ersten Gäste waren bereits auf ihre Zimmer gegangen, als eine Wache auf König Aaron zukam. „Imperator Aegir wünscht, Euch im kleinen Salon zu sprechen, Hoheit." richtete der Mann das Wort an Aaron.
Aaron warf einen kurzen, abschätzenden Blick auf seine Sklavin, die bereits ziemlich müde wirkte. Finya hob den Kopf, sah ihn direkt an und deutete ein Nicken an. Aaron erwiderte diese kaum sichtbare Geste.
Er stand auf und sah zu Finya. „Folge mir, Finya."
Die Wache legte Finya die Hand auf die Schulter, um sie am Aufstehen zu hindern. „Verzeiht, Hoheit. Mein Imperator möchte mit Euch alleine sprechen."
Aaron knurrte. Seine Augen blitzten nicht nur rot auf, sie verfärbten sich tief rot. „Lasst augenblicklich meine Sklavin los, bevor ich mich vergesse." sprach er die Wache drohend an. Als diese keine Anstalten machte, seiner Aufforderung nach zu kommen, machte er einen bedrohlichen Schritt auf den Vampir zu. „Ist es in diesem Reich neuerdings üblich, sich an fremdem Eigentum zu vergreifen?" Aarons Tonfall war noch schneidender geworden. „Wenn Euch etwas an Eurer Hand liegt, lasst meine Sklavin auf der Stelle los." Nun doch etwas eingeschüchtert zog der Mann seine Hand zurück. „Ich befolge nur den Befehl meines Imperators." versuchte er zu abzuwiegeln.
„Ich bezweifle, dass er Euch befohlen hat, Hand an mein Eigentum zu legen. Meine Sklavin wird mich begleiten. Ich werde es nicht riskieren, dass ihr andere Herren ein weiteres Mal an diesem Abend zu nahe kommen."
Die Wache sah sich hilflos um, nickte dann aber.
„Steh auf, Finya." forderte Aaron sie erneut auf.
Kurz darauf betraten sie den Salon, wo Imperator Aegir bereits in einem fast schon thronähnlichen Sessel wartete. Sein Blick verdüsterte sich, als er Finya sah. „Hatte ich nicht klare Anweisungen gegeben?" sprach er die Wache an, die sichtlich verlegen wirkte. „Ich habe darauf bestanden, meine Sklavin mitzubringen." ergriff Aaron das Wort und setzte sich Aegir gegenüber. Zeitgleich ließ Finya sich neben ihm auf die Knie sinken. „Meine Sklavin weiß, dass sie nichts nach außen dringen lassen darf, was sie hier hört. Wir können also frei sprechen."
Immer noch verärgert nickte Aegir. „Was ich eigentlich mit Euch besprechen wollte..." setzte er dann an. „Mir gefällt Eure Sklavin. Ich will sie haben und das, seit ich sie das erste Mal gesehen habe. Sie ist die perfekte Sklavin, um mein Bett zu wärmen."
Finya zuckte leicht zusammen und Aaron legte ihr besitzergreifend und zugleich beruhigend die Hand auf die Schulter." „Finya steht nicht zum Verkauf." erwiderte Aaron nur ruhig. „Hört Euch doch erst einmal mein Angebot an, König Aaron." Mit diesen Worten griff er in eine Schublade und legte fünf Beutel mit Gold auf den Tisch. Finyas Augen wurden groß. Aaron hingegen blieb ruhig. „Sie ist nicht zu verkaufen." wiederholte er. Aegir legte zwei weitere Beutel dazu, doch Aaron blieb unbeeindruckt. „Nicht einmal für Euer ganzes Reich gebe ich Finya her. Erspart uns also dieses Spiel, bevor ich es als persönliche Beleidigung sehe." Aegir seufzte und räumte die Beutel wieder weg. „Wirklich schade" sprach er mit sichtlichem Bedauern
„Wenn ich schon hier bin, sollten wir gleich über die Wahrung der Grenzen sprechen...." ergriff Aaron das Wort. „Sehr gerne." er griff nach einer Glocke und läutete. Nur wenig später betrat Haruto mit einem Servierwagen den Raum. Der Mann war nur noch ein Schatten seiner selbst. Jeglicher Stolz war aus seinen Augen verschwunden. Auf seinem Unterarm prangte das Zeichen des Imperators - eingebrannt in die  Haut als Brandmahl. Unterwürfig ging er vor seinem Herren auf die Knie, der jedoch nur leicht nach ihm trat. „Du weißt, was zu tun ist." Haruto nickte eilig und füllte zwei Kelche mit Wein. Einen davon drückte er Finya in die Hand, bevor er sich mit dem anderen neben Aegir kniete und den Kelch empor reckte."Inzwischen  ist Euer kleines Geschenk recht gehorsam geworden. Noch mehr, seit er mein Zeichen trägt und ich ihm angedroht habe, weitere Zeichen einbrennen zu lassen" erzählte Aegir im Plauderton. „Aber jetzt lasst uns reden."
Obwohl Finya inzwischen zum Umfallen müde war, schaffte sie es, aufmerksam zu bleiben. Den Kelch hielt sie vor sich in den Händen und hob ihn nur an, wenn Aaron trinken wollte. Haruto erging es nicht so gut. Sein Herr erwartete von ihm, den Kelch die ganze Zeit weit empor gereckt zu halten. Sobald er ihn nur leicht sinken ließ, gab Aegir seinem Sklaven eine Kopfnuss. Dennoch ließ Haruto den Kelch immer häufiger sinken. Zu sehr schmerzten seine Arme. Immer wieder blickte er Finya an und je länger die beiden Sklaven neben ihren Herren knieten, desto hasserfüllter wurde sein Blick. Nach einer weiteren Kopfnuss fing Haruto schließlich an, zu wimmern. „Bi....e, Mei...er. Ich   kang ngnich mehr." flehte er. Sichtlich wütend blickte Aegir auf seinen Sklaven hinab und schlug ihm so fest ins Gesicht, dass Haruto taumelte. Wie durch ein Wunder verschüttete Haruto dabei keinen Tropfen Wein. „Wie kannst du es wagen, mich derart vor meinem Gast zu beleidigen?" fuhr er ihn an. „Ich werde dich dafür auspeitschen lassen." erneut begann Haruto zu wimmern. Erst ein leichter Tritt gegen seine Beine ließ ihn verstummen. Erneut blickte er hasserfüllt zu Finya. Sie war schuld an seiner Situation. Wäre sie nicht gewesen...
Finya erwiderte den Blick ruhig, drängte sich aber unauffällig etwas näher an ihren Herren. Mit jedem Anderen hätte sie Mitleid gehabt, nicht jedoch mit Haruto. Dazu hatte er ihr in der Vergangenheit zu viel angetan.
Aaron stellte sein Bein ein Stück aus und bot Finya so unauffällig die Stütze, die sie gerade brauchte. Längst hatte auch er den hasserfüllten Blick Harutos bemerkt. Kurz hatte er sogar erwägt, Aegir darauf aufmerksam zu machen, diesen Gedanken jedoch wieder verworfen. Haruto litt bereits genug und es war nicht nötig, dieses Leid noch zu vergrößern.
Zwei Stunden später verließ Aaron mit Finya den Raum. Die Verhandlungen waren gut gelaufen und Aegir hatte zugestimmt, seine Angriffe einzustellen, wenn Aaron im Gegenzug die Handelsbeziehungen mit ihm vertiefte. Dennoch gab Aaron nicht viel auf Aegirs Wort.

In seinem Zimmer angekommen, sank Finya erneut neben ihrem Herren auf die Knie. Aaron seufzte. „Setz dich auf den Sessel. Du hast für heute genug gekniet." Er wartete, bis sie saß. „Ich bin übrigens sehr zufrieden mit dir und stolz auf dich. Du hast dich vorbildlich verhalten." Finya lächelte sacht. „Ich habe nur getan, was Ihr von mir erwartet habt." „Nein, meine kleine Sklavin. Du hast mehr getan. Du hast meine Erwartungen bei weitem übertroffen. Mir ist sehr wohl bewusst, dass dir unangenehm war, was ich vor König Ashok von dir gefordert habe und doch bist du meinen Befehlen ohne zu zögern nachgekommen."
Finya lächelte sacht. „Ich vertraue Euch, Herr. Deshalb war es mir möglich."
Finya unterdrückte ein Gähnen. „Noch etwas, worauf ich stolz bin..." Aaron schmunzelte. „Du bist trotz deiner Müdigkeit aufmerksam geblieben."
Er strich ihr sanft über das Haar. „Schlaf jetzt, meine kleine Sklavin. Morgen nach dem Frühstück reisen wir wieder ab."

Finya 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt