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Aaron saß mit Gregori in seinem Büro. Gerade füllte er zwei Kelche mit Wein.
„Wie macht sich unser Neuzugang?"
„Ehrlich gesagt denke ich, dass die Ställe die falsche Aufgabe für ihn sind."
Aaron's Blick verfinsterte sich. „Macht er Probleme?" Gregori schüttelte den Kopf. „Ganz im Gegenteil. Er ist angepasst und fleißig. Er erledigt alles, was ihm aufgetragen wird,  mit Sorgfalt und ohne zu murren." Aaron runzelte die Stirn. „Und wo ist dann das Problem?" „Ich denke einfach wir vergeuden sein Potential, wenn er weiter nur in den Ställen arbeitet."
Aaron ließ den Wein nachdenklich in seinem Kelch kreisen. „Vielleicht hast du Recht. Aber wo soll ich ihn sonst einsetzen?" Gregori schwieg nachdenklich. „So verrückt es klingen mag...vielleicht sollten wir ihn doch einer der Wachgruppen zuteilen. Tordienst oder irgend etwas dergleichen. Nichts, wo er alleine ist. Er schiebt Wachdienst, steht aber selbst auch unter Beobachtung. Dabei könnten wir gleichzeitig prüfen, wie ernst es ihm wirklich ist. Aaron wiegte nachdenklich den Kopf und seufzte. „Früher hätte ich mir nie solche Gedanken gemacht. Früher hätte ich über ihn die Todesstrafe verhängt und die Angelegenheit wäre erledigt gewesen." 
Gregori nickte leicht. „Finya hat Euch verändert." Aaron lächelte. „Ja das hat sie. Und mit ihrer unkonventionellen Art, die Dinge zu sehen, ist sie nicht nur einmal eine gute Ratgeberin gewesen. In Ordnung. Schick mir den Stallmeister. Ich will von ihm hören, wie Jonas sich einfügt. Dementsprechend entscheide ich, wo genau ich ihn einsetzen werde. Jonas  soll dann nach seiner Schicht zu mir kommen."

Einige Zeit später betrat der Stallmeister das Büro. Aaron wartete, bis er Platz genommen hatte.
Gewohnheitsmäßig wanderte die Hand an seine Seite, um über Finyas Kopf zu kraulen, doch seine Sklavin kniete nicht neben ihm. Leicht gereizt seufzte Aaron. Er hatte Finya und Rebecca den Tag über frei gegeben, damit die beiden Freundinnen diesen gemeinsam verbringen konnten. Doch inzwischen bereute er seine Entscheidung. Er vermisste die Gesellschaft seiner Sklavin. Sie beruhigte ihn und irgendwie half sie ihm sogar, klarer zu denken.
„Danke, dass du gleich gekommen bist, Jakob." grüßte er dann seinen Stallmeister.
Wie alle hier ihm Schloss kannte dieser seinen König und bezog dessen Stimmungswechsel nicht sofort auf sich. Aaron wusste genau, was er an seinen Leuten hatte und war dankbar für ihre Geduld.
„Es geht um Jonas." erklärte er schließlich. „Gregori ist der Meinung, dass er bei dir in den Ställen nicht so gut aufgehoben ist." Jakob nickte. „Da hat er in gewisser Weise Recht, Hoheit."
Aaron blickte ihn abwartend an. „Jonas leistet gute Arbeit. Sehr gute sogar. Ich kann mich auf ihn fast mehr verlassen, als auf die Sklaven, die seit Jahren unter meiner Aufsicht arbeiten." begann der Stallmeister zu erklären.  „Er ist sich für keine Aufgabe zu schade. Egal was ich ihm auftrage, er erledigt es ohne ein Wort der Klage. Da bin ich von den Sklaven teilweise anderes gewohnt. Manche von ihnen versuchen immer wieder, unangenehmen Aufgaben auszuweichen." Jakob musste schmunzeln. „Aber wie gesagt: Nicht Jonas."
Aaron nickte langsam. „Wie macht er sich gegenüber den Sklaven, die mit ihm arbeiten?" „Er ist höflich und freundlich zu allen. Er betrachtet sich nicht als etwas Besseres, weil er ein Vampir ist und sie Menschen sind. Er verhält sich ihnen gegenüber wie gleichgestellt." Aaron nickte zufrieden. Das war es, was er hatte hören wollen. „Das Ganze klingt aber nach einem großen ABER..." hakte er dann nach. „Du sagtest, Gregori hätte in gewisser Weise Recht."
Jakob nickte erneut. „Ja. Das ABER ist, dass er kein so rechtes Händchen für die Pferde hat. Er versorgt und pflegt sie gut, das schon. Er kommt auch selbst mit den Schwierigen gut klar, aber es liegt ihm einfach nicht so wirklich. Auch wenn ich es bedauern werde, wenn Ihr ihn von den Ställen abzieht..Ich denke, dass seine Talente an anderer Stelle liegen."
Erneut wollte Aaron seine Hand auf den Kopf seiner Sklavin legen und erneut brummte er unzufrieden, als er wieder an ihre Abwesenheit erinnert wurde.
„Hältst du ihn für zuverlässig genug, um in den Reihen der Wachen zu arbeiten?" „Auf jeden Fall, Hoheit. Erst gestern hat einer der neuen Sklaven versucht zu fliehen, als wir die Pferde auf die Koppel gebracht haben. Ich selbst war gerade voll eingespannt. Der Sklave hatte es irgendwie geschafft, dass einige Pferde stiegen. Dadurch habe ich es nicht gleich mitbekommen. Als Jonas ihn eingeholt hatte, war der Mann schon auf halbem Weg zum Wald. So schnell konnte ich gar nicht reagieren, wie er den Führstrick seines Pferdes einem anderen Sklaven gegeben hatte und den Sklaven wieder zurückgeholt hat. Ich weiß nicht wie er es geschafft hat, aber als die beiden zurück gekommen sind, ist der Sklave ruhig neben ihm hergegangen und freiwillig mit ihm zurück gekommen."
Aaron brummte, dieses Mal wirklich leicht unzufrieden. „Und warum erfahre ich erst jetzt davon?"
Jakob senkte leicht den Kopf. „Verzeiht, Hoheit. Der Sklave wurde zur Strafe in den Kerker gesperrt. Somit war die Angelegenheit für mich erledigt"
Aaron nickte. „In Ordnung. Das nächste Mal erwarte ich aber, dass du mir gleich Meldung machst."
Jakob nickte. „Das werde ich."
„Abgesehen von dem Fluchtversuch....wie hat sich der Sklave sonst verhalten?" Jakob überlegte einen Moment. „Natürlich hat er mit seinem Schicksal gehadert, das tun sie alle. Dennoch hat er gute Arbeit geleistet und ich war bis gestern zufrieden mit ihm." Aaron nickte. „Danke. Du kannst wieder gehen."
Langsam aber sicher wurde seine Laune jedoch immer schlechter. Er wollte die Anwesenheit seiner Sklavin nicht mehr länger missen. „Bevor du zurück in die Ställe gehst....Such Finya und schicke sie zu mir. Wahrscheinlich sitzt sie im Garten. Sie soll Rebecca mitbringen."

Wenig später betrat Finya nach kurzem Klopfen das Büro. Hinter ihr stand Rebecca, die doch etwas verunsichert wirkte.
Die beiden Frauen gingen auf Aaron zu und sofort entspannte sich dieser. Als beide Frauen ergeben vor ihm knieten, lächelte er sacht. „Entschuldige, dass ich deinen freien Tag unterbrechen muss, Finya. Aber mir fehlt deine Gesellschaft." Finya erwiderte das Lächeln. „Danke auch an dich, Rebecca. Ihr werdet den Nachmittag ein anderes Mal nachholen dürfen." Anders als Finya wirkte Rebecca eher verlegen. Ihre größte Angst hatte sie zwar inzwischen abgelegt, aber noch immer schaffte sie es nicht, den Blickkontakt zu ihrem Herren aufrecht zu erhalten. Aaron wies an seine beiden Seiten. Kurz darauf kniete Finya zu seiner Linken und Rebecca zu seiner Rechten. Sofort legte sich seine Hand besitzergreifend auf Finyas Kopf und er begann, durch ihr Haar zu streichen, während er Rebecca nur einmal kurz über den Kopf strich, worüber diese insgeheim jedoch dankbar war.
Eine Weile arbeitete Aaron schweigend weiter. Seine beiden Sklavinnen ließ er in dieser Zeit bequem auf dem Boden sitzen. Als es am späten Nachmittag schließlich klopfte, nahmen beide Sklavinnen jedoch sofort wieder eine kniende Position ein. Anerkennend legte Aaron Rebecca eine Hand auf die Schulter. „Sehr gut.." lobte er sie, bevor er das Zeichen zum Eintreten gab.
Eine Sklavin schob einen Servierwagen mit dem Nachmittagstee herein und stellte die Sachen vor Finya ab.
Als sich die Türe wieder hinter ihr geschlossen hatte, blickte Aaron nachdenklich auf Rebecca. „Rebecca...." sprach er sie an. „Ja, Herr?" „Ich denke, es ist an der Zeit, dass du lernst, mich zu bedienen." Augenblicklich wurde Rebecca blass und begann, leicht zu zittern. Schon oft hatte sie gesehen, wie ihre Freundin den König bedient hatte und dabei von ihm gefüttert worden war. Sie konnte sich nicht vorstellen, sich ihm derart zu unterwerfen und schluckte schwer. „Wie....wie Ihr wünscht....Herr." brachte sie stockend hervor. Aaron lachte leise auf. Es war ein freundliches Lachen. Dennoch zuckte Rebecca zusammen. „Keine Sorge, Rebecca." wandte er sich freundlich an sie. „Für heute erwarte ich nur von dir, dass du mir den Weinkelch reichst, wenn ich trinken möchte." Rebecca nickte leicht und entspannte sich etwas.
Aaron ließ sich von Finya den Weinkelch geben und drückte ihn Rebecca in die Hand. „Du kannst den Kelch vor dich auf den Boden stellen." erklärte er. „Wenn ich meine Hand jedoch so..." er führte die Geste aus, die auch Finya kannte „...vor dich halte, hältst du mir den Kelch entgegen, damit ihn bequem greifen kann."
Rebecca nickte und stellte den Kelch vor sich ab. „Lass es uns gleich einmal probieren." Aarons Stimme war freundlich und entspannt. Er bewegte seine Hand, die Handfläche nach oben, in Rebeccas Blickfeld. Deutlich merkte er, wie Rebecca sich anspannte und wartete geduldig, bis sie ihm, leicht zitternd, den Kelch reichte.
Er nahm einen Schluck, reichte ihn Rebecca zurück und nickte ihr zufrieden zu. „Genau so."
Während Rebecca den Kelch wieder abstellte, gab er Finya ein Zeichen, einen kleinen Teller mit Gebäckteilchen zu richten.
Finya lächelte und reichte Aaron den Teller. Schreckhaft zuckte Rebecca zusammen, als Aaron den Teller in ihr Blickfeld hielt. „...für dich, Rebecca. Lass es dir schmecken." Mit großen Augen nahm Rebecca den Teller entgegen und stellte ihn vor sich ab. „Danke, Herr."
Als Aaron sah, dass sie zögerte, nickte er ihr aufmunternd zu. „Iss."
Er selbst ließ sich von Finya die Schale reichen. Schließlich nahm er ein Stück, das besonders in Honig getränkt war, und schob es Finya zwischen die Lippen. Wie so oft in letzter Zeit strich er mit dem Finger sanft über ihre Lippe. Finya schloss die Augen. Sie wusste selbst nicht so recht, warum sie diese Berührung derart genoss. Sacht berührten ihre Lippen Aarons Finger, der ganz mit Honig bedeckt war.
Ohne weiter darüber nachzudenken, begann Finya sanft den Honig von Aarons Finger zu lecken. Dieser hob zwar erst erstaunt die Augenbraue, genoss diese Zuwendung seiner kleinen Sklavin dann aber sichtlich.
Sogleich fütterte er sie mit einem weiteren Stück. Etwas mutiger begann Finya dieses Mal sogleich, den Honig von seinen Fingern zu schlecken. 

Finya 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt