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Am nächsten Tag zur Mittagsstunde saß Aaron auf seinem Thron im Thronsaal. Finya saß neben ihm auf einem schlichten Hocker. Neben ihr stand ein kleiner Tisch, auf dem diverse Gegenstände lagen.
Während Dimitri schräg hinter dem Thron seines Herrschers stand, stand die Garde über den ganzen Raum verteilt links des langen Teppichs. Auf der anderen Seite, ihnen gegenüber standen sechs höher gestellte Männer der regulären Wache. Auf der anderen Seite des Königs stand der Hauptmann der Wache.
Schließlich öffnete sich die Türe. Jonas betrat den Raum. Er schluckte. Mit so vielen Wachen hatte er nicht gerechnet. Langsam ging er an den Wachen vorbei, die sich nach seinem vorbei schreiten ihrem König zuwandten. Vor dem Thron blieb Jonas stehen und sank vor seinem König auf das Knie.
Aaron stand auf. Sowohl Garde, als auch Wachen gingen nun ebenfalls auf das Knie.
Langsam stieg Aaron das Podest herunter und blieb vor Jonas stehen. „Erhebt Euch, Jonas Taliza." Jonas stand auf und blieb aufrecht vor seinem König stehen Dieser wandte sich zunächst an seine noch immer knienden Wachen und Gardemitglieder. „Erhebt Euch, meine Freunde."
Er wartete, bis sich alle erhoben hatten. „Jonas Taliza hat mein Vertrauen erlangt. Er soll daher offiziell Teil der Wache werden.
Ihr alle habt ihn bereits beim Ausüben seines Dienstes erlebt. Hat einer von Euch Einwände, ihn zu einem von Euch zu machen?"
„Nein, Hoheit. Wir haben keine Einwände." antworteten 14 Stimmen im Gleichklang.
„Durch seine besonderen Dienste hat er sich den Rang eines Gardeanwärters verdient. Seid Ihr bereit, ihn als solchen anzunehmen, ihn zu trainieren und zu unterstützen?"
„Ja, Hoheit, das sind wir." antworteten die sieben Mitglieder der Garde und schlugen sich mit der Faust gegen die Brust.
Aaron lächelte sacht. „So sei es. Jonas Taliza. Seid Ihr bereit, als Wache in meine Dienste zu treten, mit allen damit verbundenen Rechten und Pflichten?"
„Ja, Hoheit, das bin ich." erwiderte Jonas ruhig.
„Aufgrund Eurer Unerfahrenheit werde ich Euch einen Mentor an die Seite stellen."
Aaron's Blick wanderte die Reihe der Wachen und der Garde entlang. „Wer von Euch ist bereit, Jonas Taliza als Mentee anzunehmen?"
Gleichzeitig traten zwei Personen einen Schritt nach vorne. „Ich, Hoheit." sprachen Dimitri und Kjell gleichzeitig.
Aaron neigte den Kopf. „Also zwei Mentoren."
„Jonas Taliza. Nehmt Ihr Dimitri Daron und Kjell Svensson als Eure Mentoren an?"
„Ich nehme sie als meine Mentoren an, Hoheit." Jonas drehte sich leicht und verneigte sich erst vor Dimitri, dann vor Kjell.    
„Jonas Taliza. Seid Ihr bereit mir nun den Treueschwur der Wachen zu leisten?"
„Ja, Hoheit."
„Dann kniet nieder."
Aaron nickte Dimitri und Kjell zu. „Tretet hinter Euren Mentee."
Die beiden Gardewachen stellten sich hinter den knienden Jonas und legten ihm je eine Hand auf die Schulter.
„Sprecht nun den Schwur." forderte Aaron ihn auf. Jonas schluckte nervös.
Dimitri drückte leicht seine Schulter und sprach ihm leise die Worte vor.
„Bei meiner Ehre schwöre ich, Jonas Taliza, Euch, König Aaron aus dem Hause Vasaril meine ewige Treue. Ich schwöre, Euch, Eure Burg und ihre Bewohner mit all meiner Kraft zu schützen.
Ich schwöre, jedwelchem Befehl von Euch zu folgen und mich jedwelchem Urteil zu beugen.
Ich schwöre, meine Kameraden mit all meinen Möglichkeiten zu unterstützen und mit ihnen zusammen zu arbeiten.
Dies alles schwöre ich Euch, meinem König."
Stolz aufgerichtet kniete Jonas vor seinem König und sprach mit fester Stimme Stück für Stück den Eid, der ihn fortan an seinen König binden sollte.
„Ich nehme Euren Eid an, Jonas Taliza." Aaron nickte seiner neuen Wache zu, wandte den Blick dann zu den beiden Mentoren und nickte ihnen zu. Beide sanken gleichzeitig auf das Knie, ohne jedoch ihre Hand von Jonas Schulter zu lösen. Gemeinsam begannen sie zu sprechen. „Wir schwören, unseren Mentee bei der Ausübung seiner Pflichten zu unterstützen, ihn zu fördern und auszubilden. Wir schwören, ihn alles zu lehren, was er für den Dienst als Wache benötigt und ihm gerechte Mentoren zu sein."
Aaron nickte zufrieden und hieß Dimitri und Kjell aufzustehen und zur Seite treten.
Dann wandte er sich an Finya. Diese hatte die ganze Zeremonie gespannt und neugierig beobachtet. Gerade noch rechtzeitig merkte sie, wie Aaron aufstand und sich ihr zu wandte.
„Reiche mir die Jacke."
Finya erhob sich ebenfalls und reichte Aaron ein sauber zusammengelegtes Stoffbündel.
Mit dem Stoffbündel in der Hand trat Aaron vor Jonas. „Erhebe dich, Jonas."
Aaron lächelte sacht, als er zur informellen Anrede wechselte.
Jonas erhob sich. „...mein König..." sprach er mit einer Verneigung.
Aaron faltete den Stoff auseinander und hielt Jonas die Uniformjacke entgegen. „Zum Zeichen, dass du fortan meine Uniform tragen wirst, erhältst die hier diese Jacke."
Mit einer Verneigung ließ sich Jonas in die Jacke hinein helfen. Sie passte wie angegossen.
Aaron streckte seine Hand Finya entgegen. Diese trat auf ihn zu und legte ihm mehrere Fesseln in die Hand.
„Zur Ausübung deiner Pflicht gebe ich dir diese Fesseln. Sie sind mit Silber verstärkt und sollen dir stets gute Dienste leisten."
Erneut verneigte sich Jonas, nahm die Seile entgegen und befestigte sie in seinem Gürtel.
Ein drittes Mal ließ sich Aaron einen Gegenstand von Finya reichen.
„Jonas. Bereits während deiner letzten Dienste durftest du den Silberdolch, das Zeichen einer Wache, tragen. Heute erhältst du deinen eigenen, deinen persönlichen Dolch. Ich habe ihn eigens für dich fertigen lassen, denn du bist bereits jetzt ein Anwärter für meine Garde.
Trage diesen Dolch in Ehre. Er soll dich stets an deine Aufgabe und deine Position erinnern."
Mit beiden Händen reichte Aaron seiner neuen Wache einen Silberdolch in einer tiefroten, fast schwarzen, Dolchscheide.
Jonas nahm ihn respektvoll mit ebenfalls beiden Händen entgegen. Seine Augen weiteten sich vor Erstaunen. Anders als der schlichte Dolch, den er bei seinen letzten Schichten getragen hatte, war dieser Dolch eindeutig etwas besonderes. Der Griff war mit edlen, dunkelrotem Leder bezogen. Feine Muster, Linien und Ornamente waren in das Leder eingeritzt. Der Knauf bildete das Wappen des Königs ab. Selbst die Dolchscheide war mit metallenen Beschlägen verziert und zugleich stabilisiert.
Langsam und behutsam zog Jonas die Klinge ein Stück heraus. Seine Augen weiteten sich noch mehr, als sich sein Blick ungläubig auf Aaron legte. In die Silberklinge waren feine Muster geätzt. Direkt unterhalb des Heftes konnte Jonas in verschnörkelten Buchstaben seinen eigenen Namen erkennen und darunter die Worte ‚Ogun des Königs'.
Ungläubig blickte er den König an, der jedoch nur schmunzelte. „Ich sagte doch, ich habe ihn eigens für dich anfertigen lassen."
Jonas verneigte sich tief und respektvoll und befestigte den Dolch an seiner Hüfte.
Schließlich zog Aaron Jonas an sich heran und umarmte ihn. „Willkommen in der Reihe meiner Wachen."
Nacheinander traten alle Gardemitglieder und alle Wachen auf Jonas zu und wiederholten die Geste, hießen ihn in ihrem Kreis willkommen.
Als der Letzte wieder seinen Posten eingenommen hatte, trat Jonas auf Finya zu, die immer noch neben dem König stand.
„Mit Eurer Erlaubnis..." fragend blickte er zu Aaron, der ihm zunickte.
Jonas trat einen weiteren Schritt auf Finya zu, legte ihr beide Hände auf die Arme und zog sie sanft an sich. „Danke, Finya. Ohne Euch würde ich heute nicht hier stehen."
Finya lächelte. „Wenn es nach mir geht, habt Ihr es Euch verdient."
Aaron schmunzelte, richtete dann aber das Wort an seine Wachen. „Begleitet mich nun alle in den Salon. Das Essen ist angerichtet. Du, Jonas, wirst heute als mein Ehrengast neben mir sitzen."
Finya unterdrückte ein Stöhnen. Mit 16 Leuten würde das Essen anstrengend für sie werden. 
Aaron lächelte und legte seine Hand auf ihren Rücken. Leise sprach er sie an. „Keine Sorge, Finya. Du musst heute nur Jonas und mich bedienen."
Im Salon standen bereits mehrere Sklaven bereit. Die meisten von ihnen hatte Finya bereits einmal gesehen, aber es waren auch neue Gesichter darunter.
Manche der Sklaven wirkten unsicher oder nervös, doch kein einziger schien unglücklich.
Finya lächelte. Sie hatte lange gebraucht, um zu erkennen, dass es ihr hier gut gehen konnte.
Doch der König war wirklich ein guter und gerechter Herr.
Entgegen seiner anfänglichen Aussage, war er sogar sehr geduldig mit ihr gewesen und sie hatte es ihm gedankt, indem sie sich bemüht hatte, seinen Wünschen gerecht zu werden.
Als alle Platz genommen hatten, gingen die Sklaven neben den Wachen auf die Knie. Finya nickte Rebecca, die Dimitri und Eric bedienen würde, grüßend zu und ließ sich dann zwischen Aaron und Jonas auf den Boden sinken.
„Du solltest übrigens zeitnah mit deinem Dolch zu Yorick gehen." wandte sich Dimitri, der an Jonas anderer Seite saß, nach dem ersten Gang an seinen Mentee. „Er muss noch auf deine Bedürfnisse angepasst und austariert werden."
Jonas lächelte und ließ seine Finger über die Scheide gleiten. „Ich kann es noch immer nicht fassen, nun einen derartigen Dolch zu besitzen." Dimitri lachte freundlich und auch Kjell stimmte in das Lachen ein. „Wir alle haben individuelle Dolche. Dass du allerdings jetzt schon einen Gardedolch erhältst bedeutet einiges. Der König vertraut dir. Du wirst bald merken, wie viel besser es sich mit diesem Dolch kämpfen lässt im Vergleich zu einem Standarddolch."

Finya 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt