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Aaron und Finya waren noch nicht lange im Thronsaal, als Gregori den Raum betrat. Jonas ging neben ihm her, ohne dass Gregori ihn führen musste. Die Kerkerwachen schienen es ernst damit genommen zu haben, ihn angemessen zu behandeln, denn er war gewaschen und hatte offensichtlich auch frische Kleidung bekommen. So entspannt wie er wirkte hatten sie ihm vermutlich auch noch einmal Blut gegeben, denn seine Augen waren strahlend blau, ohne auch nur einen Hauch von rot.
Auf ein Zeichen hin blieb Finya dieses Mal auf ihrem Hocker sitzen.
Während Gregori an der großen Flügeltüre stehen blieb, schritt Jonas nach kurzem Zögern den langen Teppich entlang. Ein Stück vom Thron entfernt ließ er sich auf beide Knie sinken und senkte den Kopf.
Von seinem erhöhten Thron aus beobachtete Aaron eine Weile schweigend seinen Gefangenen. Schließlich wandte er sich an Gregori. „Irgendwelche Vorkommnisse?" Gregori schüttelte den Kopf. „Nein, Hoheit. Der Gefangene war sehr kooperativ und hat keine Probleme gemacht."Aaron nickte zufrieden. Er hatte zwar nichts Anderes nach dem gestrigen Tag erwartet, wollte aber Jonas Reaktion sehen. Würde er selbst das Wort ergreifen und sich seines Gehorsams rühmen oder nicht? 
Jonas blieb jedoch reglos knien. Zwar war ihm die Anspannung, wie es nun weitergehen würde, mehr als deutlich anzumerken, dennoch verhielt er sich ruhig.
Aaron's Blick heftete sich erneut auf den Mann, der vor ihm kniete. „Sieh mich an."
Langsam hob Jonas den Blick. Dieses Mal blieb er trotz Finyas Anwesenheit, ruhig und entspannt. Nur kurz lächelte er Finya freundlich zu, als sein Blick auf sie fiel, sah dann aber - wieder ernst - zu Aaron.
„Hoheit...." grüßte er ihn mit einer leichten. Verneigung.
„Ich habe Euer Urteil gefällt. Steht auf, Jonas Taliza." sprach er ihn an und wechselte in die höfliche Anrede.
Jonas erhob sich und sah weiterhin zu seinem König und Richter auf.
„Ich sagte Euch bereits zu, dass ich Euch Euer Leben schenke. Bei Eurem Strafmaß sollte Euch allerdings bewusst sein, dass Ihr eine starke Fürsprecherin hattet."
Für einen Moment wirkte Jonas irritiert. Dann wanderte sein Blick jedoch ungläubig zu Finya.
„Richtig" erwiderte Aaron „Finya hat sich sehr für Euch eingesetzt."
Jonas wandte sich vollends Finya zu und verneigte sich tief und respektvoll. „Mein Dank gebührt Euch, Dame." Finya lächelte verlegen und war erleichtert, als Jonas sich wieder dem König zuwandte.
„Nun zu Eurer Strafe...." begann Aaron. „Ihr werdet einem Sklaven gleich für mich arbeiten."
Jonas neigte leicht den Kopf. „Vorerst werdet Ihr in den Ställen aushelfen. Wenn Ihr nicht gerade arbeitet, werdet Ihr in Eurer Zelle eingeschlossen sein. Erweist Ihr Euch als zuverlässig und vertrauenswürdig, werde ich Euch andere Aufgaben zuteilen lassen. Bewährt Euch, und Ihr erhaltet nach zwei Jahren Eure Freiheit zurück." Aaron's Blick lag prüfend auf Jonas. „Solltet Ihr jedoch versuchen zu fliehen oder gar jemandem hier schaden, werdet Ihr es bereuen und meine harte Seite kennen lernen."
„Ich nehme die Strafe an, Hoheit. Ich gebe Euch mein Wort, dass ich weder versuchen werde zu fliehen, noch, dass ich irgend jemandem hier versuche zu schaden ." Jonas Blick lag offen und aufrichtig auf Aaron. „Darf ich frei sprechen, Hoheit?"
„Ihr dürft."
„Ich danke Euch für das Urteil. Ich hatte, ehrlich gesagt, mit einer weitaus härteren Strafe gerechnet."
Aaron lehnte sich leicht zurück. „Wie gesagt, Ihr hattet eine Fürsprecherin. Im Grunde war die Strafe sogar Finyas Idee." Jonas blickte erneut dankend zu Finya. „Heute Nacht habe ich lange gegrübelt, welche Strafe mich wohl erwarten könnte." setzte Jonas dann leise an und senkte den Blick „Ewige Kerkerhaft war dabei noch das Mildeste, das ich mir vorstellen konnte..."
Jonas hob seinen Blick erneut und sah seinen König an „Was ich damit sagen will: ich bin zutiefst dankbar für die Chance, die Ihr mir gewährt und werde sie nicht achtlos verstreichen lassen."
Aaron neigte den Kopf. „Ich glaube Euch. Doch Taten zählen mehr als Worte. Lasst Euren Worten Taten folgen und Eure Strafe wird sich mit der Zeit abmildern. Ihr könnt nun gehen. Gregori wird Euch zu den Ställen bringen."
Erneut sank Jonas auf sein Knie und verneigte sich, bevor er den Weg zurück zu Gregori schritt.

Einige Tage später saß Aaron zusammen mit Finya in seiner Wohnung beim Mittagessen. Längst hatte er Dimitri angewiesen, Finya für keinerlei Aufgaben mehr einzuteilen. Daher verbrachte Finya deutlich mehr Zeit an der Seite ihres Herren. Oft gewährte Aaron ihr aber auch Freiraum und ließ Finya tun, wonach ihr gerade der Sinn stand. Anders als beabsichtigt konnte Finya diese Zeit aber nicht so recht genießen. Oft wusste sie nicht, was sie mit der freien Zeit anfangen sollte und langweilte sich.
Das Mittagessen neigte sich dem Ende zu und Finya hoffte, dass Aaron an diesem Nachmittag ihre Gesellschaft wünschte.
Sie wollte gerade nachfragen, als es an der Türe klopfte. „Genau passend..." Aaron wirkte sichtlich zufrieden. Kurz darauf betrat Arvid den Raum. In der Hand trug er einen kleinen Holzkoffer.
Fragend blickte Finya zwischen den beiden hin und her. Arvid grinste sie verschmitzt an. „Hast du es dir doch anders überlegt?"
Finya dämmerte es und sie begann zu strahlen. „Nein. Ich will es immer noch."
Kurz darauf saß Finya auf einem der Sessel. Arvid wandte sich an Aaron. „Für welche Stelle hat sich Finya entschieden?"
Aaron lächelte. „Finya hat mir dahingehend freie Hand gelassen. Es soll gut sichtbar und auch etwas größer sein. Ich dachte daher an die Innenseite ihres Unterarms. Was meinst du?"
Arvid griff sanft nach Finyas Hand, schob den Ärmel nach oben und drehte ihren Arm. Dann nickte er. „Ich werde dein Zeichen ohnehin erst einmal aufzeichnen. Dann habt ihr beide eine bessere Vorstellung."
Während Aaron auf einem der Sessel Platz nahm, stellte Arvid seinen Koffer auf den kleinen Tisch und öffnete ihn. Dann zog er sich einen Hocker heran, setzte sich Finya gegenüber hin und legte ihren Unterarm auf seinen Beinen ab. 
Er tränkte ein Tuch mit einer speziellen Flüssigkeit und strich damit über Finyas Unterarm. Finya erschaudert leicht. „Das ist kalt..." Arvid nickte. „Ich weiß. Aber ich muss deine Haut damit reinigen."
Er griff nach einer Feder. Mit einer speziellen Tinte begann er, mit ruhigen, geübten Strichen, das Siegel seines Königs auf Finyas Arm zu zeichnen. Schließlich begutachtete er sein Werk und wirkte zufrieden. „Was meint ihr?" wandte er sich sowohl an Aaron, als auch an Finya. „Mir gefällt es." erklärte Aaron. „Mir auch." lächelte Finya.
Arvid nickte, stellte einen kleinen Farbtiegel zurecht und nahm einen Nadelblock zur Hand. „Es ist wichtig, dass du so still wie möglich hältst, Finya. Wenn du eine Pause brauchst, sag es mir einfach. Verstanden?" Finya nickte. „Bereit?" „Ja ich bin bereit."
Mit der einen Hand fixierte Arvid Finyas Handgelenk, mit der anderen begann er, die Tätowierung zu stechen. Immer wieder tauchte er die Nadeln in die Farbe und immer wieder wischte er überschüssige Farbe von Finyas Haut. Als er merkte, dass Finya absolut still hielt, verzichtete er schließlich darauf, ihre Hand zu fixieren und konnte dadurch zügiger arbeiten.
Nach etwa einer Stunde legte er die Nadeln schließlich zur Seite. „Das war's" erklärte er. „Jetzt muss die Haut nur noch heilen." Finya blickte lächelnd auf ihren Arm. Er war zwar ziemlich gerötet, doch bereits jetzt war das königliche Wappen deutlich zu erkennen. Arvids Blick wanderte zu Aaron. „Achte darauf, dass die nächsten Tage kein Dreck an die Wunde kommt." „Das werde ich. Danke, Arvid"
Kaum, dass Arvid den Raum verlassen hatte, zog Aaron den Arm seiner Sklavin sanft zu sich und betrachtete die Tätowierung. „Es ist wirklich sehr schön geworden." Aaron lächelte, wurde aber dann ernst. „Bis die Wunde verheilt ist, wirst du keinerlei Arbeiten machen, bei denen etwas an den Arm kommen könnte." erklärte er streng. „Und für den Rest des Tages gebe ich dir ohnehin frei."
Finya seufzte leise, woraufhin Aaron sichtlich amüsiert auflachte „Jeder andere Sklavin würde sich über einen freien Tag freuen. Aber nicht meine kleine Sklavin. Nagut. Wenn du mich nur bedienst, sollte nichts an den Arm kommen. Sofern dein Arm nicht schmerzt, darfst du mich heute Abend bedienen. Ich erwarte aber, dass du ehrlich bist."

Finya 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt