•Alleine•

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Nervös sass er auf dem Sofa und klopfte seine Finger gegen das Polster. Er sehnte sich nach Kina. Seit zwei Wochen hatte er sie nicht mehr gesehen. Jedes Mal, an ihrer Türe geklopft hatte, hatte Jacob ihn weggeschickt.

„Tut mir leid, aber sie will dich nicht sehen." hatte er beim letzten Mal gesagt. Elis wäre fast auf ihn losgegangen. Er konnte die Trennung von seiner Mate nicht aushalten. Er konnte nicht mehr schlafen und essen und war nur noch ein Schatten seiner selbst. „Lass mich zu ihr!" brüllte er, doch Jacob hatte ihm die Türe vor der Nase zugeschlagen.

Er hörte Schritte vor der Türe, die Türklinke wurde herunter gedrückt und Kina trat ein. Sie würdigte ihn keines Blickes und setzte sich weit entfernt von ihm auf einen kleinen Hocker. Elis sprang auf und ging auf sie zu. Er hauchte ihren Namen und wollte sie in die Arme nehmen. „Nicht." sagt sie, ohne ihn dabei anzublicken und stoppte ihn so zwei Meter vor sich.

Sie atmete tief ein und aus, eine Hand hielt sie an ihrem Unterbauch. „So geht das nicht weiter, Elis." sagte sie bestimmt. Er schnurrte, als er seinen Namen aus ihrem Mund hörte.

„Das was du mir und meiner Familie angetan hast. Ich weiss nicht, ob ich dir das jemals verzeihen kann." Nun blickte sie ihn mit ihren grossen grauen Augen an. Ihr Gesicht war eingefallen und blass, zeigte jedoch keine Emotion. Sie schluckte, als sich ihre Blicke trafen „Und selbst wenn ich es dir verzeihen könnte, ich will es nicht." fuhr sie fort. Panik kam in Elis auf, wieder wollte er nach ihrer Hand greifen doch sie schüttelte den Kopf. Er öffnete den Mund, um etwas zu sagen. „Lass mich ausreden.", unterbrach sie ihn. „Jedes Mal wenn ich die ansehen würde, würde ich daran erinnert werden, wer mein Leben zerstört hat. Ich habe meinen Bruder geliebt, ich habe ihn beschützt, ich habe dieses Rudel beschützt! Du hast mir all das genommen. Was denkst du, warum haben mein Vater und ich all diese Jahre dieses Geheimnis für uns behalten? Das ich die rechtmässige Alpha des Rudels bin? Wir haben Finn beschützt, wir haben das Rudel beschützt! Und du nimmst dir das Recht, all das kaputt zu machen, indem du das alles öffentlich gemacht hast? Du hast mich und meine Familie, du hast Finn verraten, ohne an die Konsequenzen zu denken. Du hast das nur gemacht, um selbst einen Vorteil daraus zu ziehen!" Kina war unter grossen Schmerzen aufgestanden. Ihre Augen zeigten einen Sturm von Trauer, Wut und Enttäuschung.

„Ich hab dir das erzählt, weil du mein Mate bist. Die Person, die zu mir stehen sollte und mich unterstützen sollte. Ich wollte keine Geheimnisse vor dir haben. Ich war ehrlich zu dir. Du hast das missbraucht." sagte Kina resigniert. „Nein, nein. Ich habe nichts missbraucht. Du verstehst nur nicht, was ich damit erreichen wollte" wiedersprach Elis.

„Du hast meine Familie zerstört! Du hast es so weit kommen lassen, dass mein Bruder mich tot sehen wollte und mein Vater meinen Bruder töten musste!" schrie sie und weinte bitterlich. Elis hätte sie gerne in den Arm genommen, doch sie wich immer weiter von ihm zurück. Elis winselte wieder.

„Du hast zugelassen, dass mein Rudel, mein zu Hause angegriffen wird. Als es am schwächsten war!"

„Ich bin dein Rudel! Und ich hätte dich beschützen können!" rief er wütend aus. Er konnte all die Vorwürfe, die Kina ihm machte nicht länger ertragen. Er konnte den Gedanken nicht ertragen, dass er ihr Leben zersört haben sollte. Sie war seine Mate, er und das Blutmondrudel sollte ihr Leben sein.

„Nein, du bist nicht mein Rudel. Mein Rudel ist das Vollmondrudel. Es ist meine Familie, mein Zuhause. Hier bin ich aufgewachsen. Wegen dir ist alles niedergebrannt und alle Menschen, die ich gern hatte sind tot!"
Elis winselte wieder. Sie lehnte das Blutmondrudel, sein Rudel, ihr Rudel, ab.

„Du hast mein Vertrauen missbraucht! Du warst egoistisch und selbstzentriert." „Das war nicht egoistisch und selbstzentriert!" entgegnete er. „Ich habe der Welt gezeigt, dass wir stark sind. Du und ich, wir hätten das Blutmondrudel und das Vollmondrudel vereinigen können! Das grösste Rudel der Welt! Wir wären stärker und mächtiger als alle anderen, das sind wir immer noch!" sagte er mit strahlenden Augen voller Überzeugung.

Kina lachte auf. Traurig sagte sie: „Du merkst nicht mal, wenn du falsch liegts. Du kannst sir nicht ein Mal deine Fehler selbst eingestehen. Mach die Augen auf Elis, du hast es kaputt gemacht. Es gibt kein wir." Erschrocken sah Elis Kina an. Sein Magen zog sich zusammen. Es gibt kein wir.

„Natürlich gibt es ein wir! Kina und Elis, das Alphapaar!" antwortete Elis schockiert.
„Darum geht es doch überhaupt nicht!" wiedersprach Kina verzweifelt. „Bei dir dreht sich alles nur darum, grösser und stärker zu sein! Es ging dir nie um mich. Es ging dir nur um den Teil von mir, der das Alphablut in sich trägt. Aber nie um mich, die im Vollmondrudel zu Hause war, deren Familie und Freunde hier gelebt haben und deren Identität nicht daraus bestand, dass sie Alphablut in sich hatte."

„Und mit jemanden, der so rücksichtslos Entscheidungen trifft, die so grosse Auswirkungen auf mein Leben haben, kann und werde ich nicht zusammen sein." Er hielt inne, seine Augen öffneten sich weit und er sah Kina erschrocken an. „Kina bitte. Bitte sag mir, dass du das nicht so meinst." flehte er. Er ging einen Schritt auf sie zu und wollte nach ihrer Hand greifen, doch sie wich zurück.
„Ich kann kein Leben leben, in dem ständig auf mir und meinen Gefühlen herumgetrampelt wird. Du, Elis, bist das grösste, egoistischte Arschloch von allen! Du verdienst es nicht, geliebt zu werden, weil du es nicht mal merkst und es dir scheissegal ist! Die Leute, denen du wichtig bist, kümmern dich nicht!", fuhr Kina fort. Das Stechen in ihrer Brust wurde immer stärker, die Tränen traten ihr in die Augen.

„Du wirst mich nie wieder sehen Elis. Du wirst mich nicht markieren. Du wirst kein Leben mit mir zusammen haben. Weil ich dich ablehne.", flüsterte Kina weinend.

Elis sah sie ungläubig an. Die Welt drehte sich und wurde immer dunkler. Er war wie gelähmt und konnte keine Antwort geben. Er brach zusammen und schlug hart auf den Boden auf. Er hörte, wie sich Schritte von ihm weg bewegten und sich die Türe öffnete. Die Schritte hielten kurz inne. „Weisst du Elis, du hast in den letzten zwanzig Minuten nicht ein einziges Mal gefragt, wie es mir geht oder dich dafür entschuldigt, was passiert ist." Die Türe schloss sich. Einige Minuten lag er auf dem kalten Boden und lauschte seinem rasenden Herzen. Das Stechen in seiner Brust war kaum auszuhalten. Mit jedem Wort, das Kina gesagt hatte war es stärker geworden.
Es war, als würde ihm das volle Ausmass der Mateverbindung erst in diesem Moment klar werden. Vor seinen Augen zeichnete sich das Leben, das er mit Kina an seiner Seite hätte haben können, ab. Es war geprägt von Liebe, Unterstützung und Zuwendung. Zum ersten Mal in seinem Leben war ihm alles andere um sich egal, er wollte nur Kina.
Kina.
Er wünschte sich nichts sehnlicher, als Kina in seinen Armen zu spüren und an seiner Seite zu wissen.

Er wusste es, sie war seine Mate. Endlich.

Alphablut - Legends of AlikanteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt