Jacob steckte seinen Kopf in die Türe und schaute vorsichtig hinein. „Komm nur herein Jacob.", meinte Magnus trocken.
„Na das nenn ich mal eine angenehme Überraschung.", brach Kina nach einigen Minuten das Schweigen und wendete sich zu ihrem Vater. „Was wollen die hier?" „Offensichtlich nicht ins Mitternachtsrudel. Die haben uns verarscht!" rief Adrian, wütend.
„Kontext?" fragte Kina. „Bitte?"
„Vor gut zwei Stunden sind sie an der Nordgreze aufgetaucht. Sie warteten friedlich, gaben all ihre Waffen her und baten um Unterkunft auf ihrer Durchreise. Magnus und ich haben ihnen die Unterkunft gewährt, mit dem Versprechen, dass sie in zwei Tagen in das Mitternachtsrudel weiterreisen würde. Sie meinten, sie hätten eine Besprechung mit dem Alpha. Also hab ich angerufen und die haben sogar bestätigt, dass sie in zwei Tagen erwartet würden! Von Alikante war keine Rede!"Das Mitternachtsrudel grenzte südlich an das Vollmondrudel. Die Beziehungen zwischen den zwei Rudeln waren in der Vergangenheit oftmals angespannt gewesen, in letzter Zeit waren die Spannungen verflogen.
Alikante, die heilige Stadt, lag im Süden des Kontinents, tausende Kilometer vom Vollmondrudel entfernt. Sie gilt als die Geburtsstätte der Werwölfe, dort lebt ein sehr mächtiges, reinblütiges Rudel. Man könnte Alikante auch als Hauptstadt der Werwölfe bezeichnen. Jedem aussenstehenden Werwolf wird ein einziges Mal in seinem Leben gewährt, in die heilige Stadt zu reisen. Kina war noch nie in Alikante gewesen.Finn sprang auf. „Was wollen die denn in Alikante? Mit hundert Kriegern? Sich heiligen lassen?" lachte er laut auf.
„Können wir sie nicht einfach wegschicken oder vertreiben?" fragte Finn.
Adrian schüttelte den Kopf. „Es sind hundert Krieger. Gut ausgebildet, immerhin sind es ja Blutmondkrieger. Selbst wenn wir gegen sie kämpfen würden, bin ich mir nicht sicher, ob wir gewinnen würden."
„Also wollen wir jetzt einfach dabei zuschauen, wie wir vom Blutmondrudel überrannt werden?" fragte Kina ungläubig. „Meine Hoffnung ist, dass sie schnell weiter ziehen werden.", antwortete Magnus, klang aber nicht völlig überzeugt.
Kina lehnte sich in ihrem Stuhl zurück.
„Wir müssen aufpassen, dass wir nicht irgendwo hineingezogen werden. Falls wir nicht schon mittendrin sind."
„Insbesondere weil Alpha Elis und das Blutmondrudel für seine Konflikte mit anderen Rudeln bekannt ist. Das letzte, was ich gehört hatte, war das der Alpha an der Ostküste einige Konflikte mit den angrenzenden Rudeln angefangen haben soll. Und sagen wir so, von den Rudeln ist nichts mehr, ausser den Grundmauern, übrig." ergänzte Finn.
„Wie auch immer, wir müssen die Lage im Auge behalten und so viel Informationen wie möglich sammeln. Wenn sie tatsächlich auf dem Weg in die heilige Stadt sind, müssen wir sie informieren." schloss Finn und erhob sich.„Kina, kannst du Adam kontaktieren und herausfinden, ob er etwas weiss und bereit wäre zu helfen?" fragte Finn seine Schwester. Sie nickte, ehe sie gemeinsam mit Jacob den Raum verliess.
„Ich werde die Rudel nördlich von uns kontaktieren, um etwas herauszufinden. Und das Mitternachtsrudel.", meinte Jacob. Nickend dankte Kina ihm. Sie griff zu ihrem Handy und wählte Adams Nummer, doch er reagierte nicht auf ihren Anruf.
Schulterzuckend packte Kina ihr Handy in die Tasche und lief in Richtung der Garage. Sie drehte sich kurz um und rief Jacob zu: „Ich fahre kurz zu Adam. Ruf mich an, wenn du etwas weiss!". Er nickte bejahend.In der Garage angekommen wählte sie einen dunklen Sportwagen, schnappte sich sie Autoschlüssel und fuhr aus der Garage.
Die meisten Werwölfe fuhren nicht gerne Auto, doch für Kina war es eine Möglichkeit, so viel Abstand wie möglich zwischen sich und das Rudel zu bringen, weg von der Rolle, die sie spielen musste.
Sie schalltete das Radio ein, Countrymusik lief, und fuhr die lange Strasse aus dem Territorium heraus. Die Bäume um sie herum blühten und die Vögel zwitscherten.
An einer kleinen Ausfahrt im Wald hielt sie den Wagen an, stieg heraus und machte sich auf den Weg in das Dickicht. Innerhalb weniger Minuten stand sie auf einer kleinen Lichtung, die Sonne schien herab auf die in den unterschiedlichsten Farben blühende Wiese. Kina legte sich in das hohe Gras und stecktesie Arme und Beine von sich. Für einen Moment war sie alleine, auch wenn die Natur um sie herum lebte. Sie hörte wie die Bienen summten, wie die Vögel in der Luft umher sausten und das Gras wuchs. Manchmal wünschte sie sich, sich einfach so in einen Wolf verwandeln zu können und den Moment auf diese animalische und rudimentäre Art und Weise geniessen zu dürfen.
Ein Moment der inneren Ruhe. Ganzheitlichkeit.Plötzlich spürte sie, dass sie beobachtet wurde. Um nicht in Panik zu geraten, kontrollierte sie ihre Atmung und hielt sie flach. Einatmen, ausatmen, so wie Jacob sie in Stresssituationen immer wieder erinnerte.
Einatmen.
Ausatmen.Vorsichtig richtete sie sich auf und Blickte über die Lichtung. Plötzlich riss der nervige Klingelton sie aus dem Konzept und für eine kurzen Moment erstarrte all das Leben um sie herum. Die Bienen summten nicht mehr, die Vögel flogen nicht mehr und das Gras hörte auf zu wachsen, ehe alles wieder den gewohnten Weg ging. Von Kina unbemerkt, huschte ein dunkler Schatten am Waldrand entlang.
„Jacob, was hast du herausgefunden?", fragte Kina als sie sich das Handy ans Ohr hielt, aufstand und zum Wagen zurück lief.
„Nichts. Weder Neumond noch Halbmond nehmen ihr Telefon ab. Ich habe es sogar bei den ganz kleinen Rudeln versucht. Nichts!", klang Jacobs metallische Stimme aus dem Handy. „Und Kina, ich hab versucht jemanden aus Mitternacht zu erreichen. Auch keine Antwort." Seltsam.
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Alphablut - Legends of Alikante
Manusia SerigalaElis hat nach der erfolgslosen Suche nach seiner Mate eine andere Frau markiert. Mitten in einem sich anbahnenden Krieg tritt plötzliche Kina, seine vorbestimmte Mate, in sein Leben und alles steht Kopf. Ist die Verbindung zwischen Kina und Elis sta...