•Schuldgefühle•

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Erschöpft trat Kina in den Eingangsbereich ein. Sie war erstaunt, Lilac im Wohnzimmer zu sehen, wie sie eine dampfende Tasse Tee trank und in den Wald starrte.

Kurz überlegte Kina, ob sie sich nach oben schleichen oder sich zu Lilac setzen sollte. Sie entschied sich für Letzteres.
Lilac schreckte auf, als Kina sich auf den Hocker vor sie setzte und ihr so den Blick in den Wald versperrte. Sie versuchte zu lächelnd, während ihre Tränen die Wangen hinunter kullterten.

„Er war so sauer.", schluchzte sie.
„Aber doch nicht auf dich! Wenn er auf jemanden sauer sein sollte, dann auf Alpha Elis oder auf mich."
„Ich weiss nicht. Vielleicht war auch sauer auf dich. Und auf Alpha Elis sowieso. Aber doch nicht auf dich! Das könnte er nicht. Nie.", antwortete Lilac traurig.
„Es tut mir so leid, was dir, was euch, passiert ist. Ich hätte es aufhalten sollen."
„Ach was, du hättest nichts dagegen tun können." Wenn sie nur wüsste, dachte sich Kina traurig.

Schweigend sassen sich Kina und Lilac gegenüber.
„Weisst du, ich beneide dich um die Beziehung, die du zu Jacob hast. Ich weiss, ich kenne ihn erst seit einer unglaublich kurzen Zeit und er ist wundervoll! Aber das was ihr habt, ist so viel tiefer und bedeutender als eine Mateverbindung.
Ich meine, ihr wohnt ja sogar zusammen!"
„Jacob ist toll.", meinte Kina. „Ich freue mich so unglaublich für ihn, dass er sich gefunden hat. Und klar, wir verstehen uns wie Geschwister, wir sind ja auch so aufgewachsen. Aber eure Beziehung kann so viel mehr als das werden. So viel Liebe, Leidenschaft und Vertrauen!", erwiderte Kina.
„Ich hoffe es." antwortete Lilac, schloss die Augen und kuschelte sich in die Decke ein. Für sie war das Gespräch somit beendet.

„Lilac, weisst du wer Suris Mate ist?" fragte Kina im Gehen.
„Ja, wieso?" fragte Lilac müde.
„Alpha Silas hat sich nach ihr erkundigt." Lilac setzte sich plötzlich auf und sah Kina mit verdunkelten Augen an
„Was hast du ihm gesagt?" spuckte sie.
Beschwichtigend hob Kina ihre Arme.
„Ganz ruhig, er weiss von nichts und Finn und Adrian auch nicht."
„Besser so!" zischte Lilac und legte sich mit verschränkten Armen wieder auf die Couch.
Kina ging die Treppe hinauf. „Weisst du Lilac, ich glaube du musst die Beziehung zwischen mir und Jacob nicht beneiden. Du hast auch so eine intensive Verbindung zu Suri."

Müde viel Kina in ihr Bett. Sie starrte an die Decke und fragte sich, wann ihr Leben so kompliziert geworden war. Komplizierter, als es schon war.

Sie war ein Alphawolf, der ein Geheimnis daraus machen musste, um ihren Bruder und ihren Bruder zu schützen.
Ein fremdes Rudel übernahm die Kontrolle und war dabei ihren Bruder als Alpha zu stürzen.
Ihr Mate war ein verrückter Alpha, der einen Krieg anzettelte und eine andere Frau markiert hatte.

Ihre Gedanken kreisten wild durcheinander, so dass ihr schwindelig wurde und sie sich am Bettrahmen festkrallen musste. Sie versuchte Schlaf zu finden, doch immer wieder tauchten die grün glänzenden Augen von Alpha Elis auf.
Er verfolgte sie bis in den Schlaf.
Und wenn sie es sich eingestah, wünschte sie sich in Moment nichts sehnlicher als in seine Arme zu fallen und vom Geruch von Schnee und Lagerfeuer benebelt zu werden.
Konnte sie Alpha Elis als ihren Mate akzeptieren, ohne ihr Rudel zu riskieren?
Würde sie ihn als ihren Mate akzeptieren, müsste sie sich ihm offenbaren und er würde erfahren, dass sie Alphablut in sich trägt. Er würde die Puzzleteile zusammensetzen und schlussfolgern, dass Finn kein Alphablut in sich trug.

Denn in einem Wolfswelpenwurf gab es jeweils nur einen einzigen Welpen, der das Alphablut erbte. So konnten niemals beide Zwillinge oder alle Drillinge das Alphablut erben, aber sehr wohl ältere und jüngere Geschwister.

Im schlimmsten Fall würde Finn erfahren, dass er kein Alphablut in sich trägt und dass seine Familie sein ganzes Leben lang eine Lüge vorgelebt hatte.

Noch mehr Schuldgefühle überkamen Kina.
Schuldgefühle gegenüber Alpha Elis, ihrem Mate, dass er sie suchen musste und offensichtlich nicht erkennen wollte oder konnte.
Schuldgefühle gegenüber Finn, der sein Lebenlang über seine wahre Identität angelogen wurde.
Schuldgefühle gegenüber Jacob, der seit seiner Kindheit Teil des Geheimnis war und nun auch noch unter Alpha Elis leiden musste.
Schuldgefühle, aber auch Wut, gegenüber Lilac, die von ihrem Mate geküsst wurde.

Kina weinte stumm, die Schuldgefühle erdrückten sie. Die grünen Augen begleiteten sie in einen unruhigen Schlaf. Immer wieder hörte sie Alpha Elis Stimme, der sie suchte.

Alphablut - Legends of AlikanteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt