•Das Erbe des Alphas•

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Als er die Türe öffnete, sah Elis sie mit erschrockenen Augen an. Es lag ein trüber Schleier über seinen Augen, seine Wangen waren faltig und eingefallen, er hatte sich seit Tagen nicht mehr rasiert. „Kina.", hauchte er erleichtert und öffnete seine Arme. Dankend kuschelte sich Kina an Elis Brust und lauschte dem beruhigenden Schlagen seines Herzes. Er roch wie immer nach frischen Schnee und Lagerfeuer. Seine Arme waren um ihren Körper gewickelt und er hielt sie fest an sich gedrückt, als hätte er Angst, sie würde jeden Moment, aus seinem Griff entwischen und nie wieder kommen.

„Komm, lass uns einen Spaziergang machen und reden.", meinte Kina und griff nach Elis Hand. Er nahm sie und drückte sie kurz, ehe sich seine Finger mit ihrem verknoteten. Unbemerkt verliessen sie das Rudelhaus durch eine Hintertüre.

Sie liefen wieder zu dem kleinen Teich hinter dem Rudelhaus, der verlassen vor ihnen lag. Die Wolken spiegelten sich grau im Wasser. Sie setzten sich nebeneinander auf die Bank und Elis sah sie erwartungsvoll an.

„Ich möchte, dass du das Vollmondrudel wieder verlässt.", Elis sah sie erschrocken an. „Lass mich ausreden. Ich kann nicht zulassen, dass dieses Rudel und dass mein Bruder Teil des Chaos werden, das du verursachst.", sagte sie ehrlich.

„Ich habe meinen Eltern vor Jahren versprochen, dass ich auf Finn aufpassen werde und ihn beschütze. Und das mache ich hiermit. Ich will, dass du aus dem Vollmondrudel verschwindest, im Gegenzug erzähle ich die Wahrheit, über mich.", meinte Kina. „Und wirst du mit mir kommen?", fragte Elis Kina ängstlich.

„Ich glaube schon, aber wenn ich hier gebraucht werde, werde ich hier sein.", antwortete sie. „Ich schätze das muss mir als Zusicherung reichen, oder?" Kina nickte bejahend.

Gemeinsam blickten sie auf den Teich, ein Reiher fischte erfolglos nach Fischen.

„Wie du weisst ist Finn der Alpha des Vollmondrudel. Was ist dir an ihm aufgefallen?"

„Dass er kein Alpha ist, aber dennoch der Alpha des Rudels ist.", meinte Elis.

„Mhh.", stimmte Kina ihm zu. „Und was meinst du, wer ist der tatsächliche Alpha des Vollmondrudels?"

Er kratzte sich am Hinterkopf und schien zu überlegen. Er atmete tief ein, ohne wieder auszuatmen. Elis drehte sich zu Kina um und sah sie überrascht an. „Du!", sagte er plötzlich als die Erkenntnis ihn getroffen hatte. Er hatte es tatsächlich geahnt.

Kina lächelte ihn schwach an. Jacob hatte Recht, er hatte es bereits geahnt.
„Aber wie?", fragte Elis verwirrt.
„Was du vielleicht noch nicht weisst, Finn und ich sind Zwillinge."

Überrascht hob Elis die Augenbrauen.

„Jedenfalls, ich bin die Erstgeborene von Alpha Magnus, geboren bei Vollmond. Finn ist der Zweitgeborene von Alpha Magnus, geboren bei abnehmendem Mond. Ich trage das Alphablut in mir, Finn trägt kein Alphablut in ihm. Die offzielle Variante lautet natürlich anders. Finn ist der Erstgeborene, geboren bei Vollmond und ich die Zweitgeborene. Somit ist Finn der geborene Alpha des Vollmondurdels. Und so bin ich halt nur die Schwester des Alphas." sagte Kina schulterzuckend.

„So macht natürlich so einiges mehr Sinn.", schmunzelte Elis. „Wie meinst du das?", fragte Kina verwirrt.

„Weisst du, man merkt, wenn man genau darauf achtet, dass er nicht der Alpha sein kann, die Aura, das Auftreten und natürlich der Geruch, wenn man sehr gebau achtet, fehlt. Ich konnte mich niemals mit Finn alleine treffen, natürlich nicht. Immer war dein Vater oder du auch noch dabei, dann fällt nicht wirklich auf, dass er kein Alpha ist. Bei dir merkt nicht unbedingt , dass du es sein solltest. Man merkt einfach etwas an dir. Und bis eben konnte ich es nicht benennen, aber es ist eine gewisse Stärke, die nur ein Alpha hat, die du in dir trägst.", meinte Elis.

„Dann haben wir es nicht besonders gut gemacht, wenn man es merkt.", sagte Kina resigniert und lehnte sich nach hinten. „Nein, ihr habt es nicht gut gemacht, dass du dich verstecken musstest.", sagte Elis wütend.

Sie nahm seine Hand und drückte sie kurz. „Es ist okay, ich würde es wieder tun."

„Warum hast du das alles mitgemacht?", fragte Elis. „Warum nicht? Es war für meinen Bruder, meine Familie. Ich würde alles für sie tun!", antwortete Kina empört.

„Mhh.", kam aus Elis Mund, verständnislos.

„Und was bedeutet das jetzt für uns?", fragte Kina Elis. Er zuckte mit den Schultern. „An der Tatsache, dass wir Mates sind natürlich nichts. Alles andere? Gewaltig viel!", antwortete Elis. „Dir ist bewusst, dass dieses Gehemnis niemand anderes erfahren darf, oder?", fragte Kina. „Mir ist bewusst, dass das dein Wunsch ist.", meinte Elis und kratzte sich mit seiner freien Hand am Kinn.

„Ich frage mich, wer du wärst und wo du heute wärst, wenn du dich nicht ein Leben lang hättest verstecken müssen.", fragte Elis sie und blickte ihr tief in die Augen. „Du hast die Vorraussetzungen grosses zu erreichen. So viel mehr als nur die Schwester eines Alphas zu sein.", den letzten Teil betonte er genervt und machte mit seinen beiden Händen Gänsefüsschenbewegungen.

„Zum Beispiel meine Luna zu sein." schmunzelte Elis. Kina kicherte. „Weisst du, mir ist es nie darum gegangen, grosses zu erreichen. Es ging immer nur darum, Finn zu schützen."

„Ist das das, was du wirklich willst, oder wurde dir das so eingeredet?", frage Elis und Kina blickte nachdenklich auf den Teich.

„Darauf kommt es nicht an, es ist das Beste für Finn und das Rudel.", meinte Kina nach einiger Zeit.

„Aber nicht das Beste für dich.", stellte Elis fest. Kina schüttelte traurig, zustimmend den Kopf.

„Nein, nicht das Beste für mich."

„In einer Welt, in der du keine Rücksicht auf deine Familie nehmen müsstest, was wärst du dann?", fragte Elis. Kina blickte in seine strahlenden, grünen Augen und lächelte.

„Alles, was ich sein möchte.", antwortete sie vage.

„Willkommen in meiner Welt.", meinte Elis, mit einem gefährlichen Unterton.

Alphablut - Legends of AlikanteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt