•Verrat•

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Elis zerrte Kina in einen kleinen Raum hinter der Bühne. „Lass mich los!" befahl Kina.

„Niemals! Du gehörst mir!" entgegnete Elis, lachend und wollte Kina in eine Umarmung ziehen.

„Hast du eigentlich Essiggurken in den Ohren stecken, du absoluter Vollidiot?" blaffte Kina Elis an. „Hast du mir die ganze Zeit überhaupt nicht zugehört und auf Durchzug geschalten?"

„Nein Liebes, ich habe jedes einzelne Wort, das du gesagt hast, verstanden.", sagte Elis gespielt liebevoll.

„Dann bist du wohl ganz offensichtlich zu blöd es zu verstehen! Du solltest dich aus dem Vollmondrudel raushalten und Finn sollte niemals davon erfahren!"

Elis sah Kina gelangweilt an und wollte ihre Hände greifen, doch sie wich zurück. „Du hast mich verraten, mich und meine Familie!"

„Ich hab dich nicht verraten, ich habe dich befreit!", entgegnete Elis genervt.

„Ich habe doch gesagt, ich würde gehen, aber andere würden kommen! Und ich wusste, dass es dein Wunsch war, dass Finn nichts von deinem kleinen Geheimnis erfährt, aber ich habe nie zugestimmt, dass ich es nicht nutzen würde.", sagte Elis. „Ich habe sogar Jospehine für dich getötet! Du wolltest doch, dass die Verbindung nicht mehr so stark ist! Jetzt ist sie tot, da ist keine Verbindung mehr!"

„Was ist eigentlich falsch in deinem Kopf? Josephine für mich zu töten, was soll das sein? Ein kranker Liebesbeweis!", kreischte Kina.

„Ich hab sie geliebt!", brüllte Elis, eine der Ader an seinem Kopf begann zu pochen. „Sie war das wichtigste für mich, über Jahre hinweg! Ich hab sie für dich getötet, damit wir zusammen sein können. Damit ich dich markieren kann!", setzte er verzweifelt fort. Kina sah zum ersten Mal einen Funken Schmerz in seinen Augen aufflackern. Sonst funkelten und glänzten seine grünen Augen, vor allem bei Wut, aber selten zeigte er wahre, wichtige Emotionen offen. «Mein Herz gehört ihr! Ich liebe sie! Aber ich will dich, Kina! Ich will das Alphapaar sein!»

„Du bist doch absolut krank! Man tötet keine Menschen, die man liebt!"

„Ich muss mich nicht von dir beleidigen lassen!"

„Doch das musst du! Das hier,", Kina zeigte um sich herum „das ist deine Schuld! Und du musst das jetzt durchstehen, Mate!", schrie Kina und betonte das letzte Wort.

„Mate?", lachte Elis böse. „Wirklich? Damit kommst du jetzt? Ich weiss ja nicht ein Mal, ob du meine Mate bist!", brüllte Elis.

Kina ging drei Schritte zurück, knallte gegen die Türe und sah Elis schockiert an.

Sie biss sich auf die Zunge und setzte wieder ihre emotionslose Maske sowie ein offensichtlich falsches Lächeln auf.

„Und warum tötest du dann deine Luna?" fragte sie verwirrt.

Erkenntnis.

„Sie hat dir wirklich nicht mehr genutzt. Aber ich schon. Ich nutze dir und deiner Agenda. Du benutzt mich.", sagte Kina voller Erkenntnis und betonte den letzten Satz.

„Du zerstörst gerade nicht nur mein Rudel, du zerstörst dich selbst und merkst es nicht mal.", spuckte Kina, drückte die Türklinke herunter und war in der Menschenmenge verschwunden.

Kina rannte ohne Pause zu ihrem Elternhaus. Aus der Ferne sah sie, dass das Licht im oberen Stock, in Finns Schlafzimmer brannte. Eilig griff sie zur Türklinke, drückte sie herunter und wollte die Türe öffnen. Doch zum ersten Mal seit Kina geboren war, war die Türe verschlossen. Sie klingelte, doch niemand regte sich im Haus. Dann hämmerte sie wild gegen die Türe und flehte Finn an, ihr zu öffnen.

„Finn, bitte, mach auf, lass es mich erklären!", bettelte Kina unter Tränen. Mit der flachen Hand schlug sie gegen die schwere Türe.

„Finn, bitte, lass uns reden! Bitte verkriech dich nicht, nicht vor mir! Ich bin doch deine Schwester!", Kina weinte.

Doch Finn bewegte sich nicht. Müde und erschöpft sank Kina neben der Haustüre in sich zusammen, umklammerte ihre Beine und legte den Kopf auf ihre Knie.

Ihre Gedanken nahmen Fahrt auf und zeigten ihr das Chaos, was am heutigen Tag über das Vollmondrudel hereingebrochen war.

Sie hatte Finn verraten und Elis hatte sie verraten. Das Schlimmste, was sie sich hatte ausmalen können, war eingetreten. Finn hatte erfahren, dass er angelogen worden war, von seiner eigenen Zwillingsschwester. Würde er ihr diesen Verrat jemals verzeihen können? Auch wenn sie ohne eigenes Zutun, nur durch das Handeln, ihrer eigenen Eltern, hineingezogen worden war? Vielleicht war gerade deswegen der Verrat an ihm so viel schlimmer, seine ganze Familie hatte sich gegen ihn verschworen, nicht einmal seine Schwester war auf seiner Seite gestanden und hatte zu ihm gestanden. Hatte sie ihn wirklich geschützt oder war das nur eine Lüge, die ihre Eltern ihr eingetrichtert hatten?

Plötzlich hörte sie, wie sich etwas im Haus tat. Schnell sprang Kina auf, richtete ihr Oberteil und stellte sich wieder vor die Türe.

Finn öffnete langsam die Türe und sah sie wütend an.

„Du hast mich verraten!", sagte Finn und knallte Kina die Türe vor der Nase zu.

Einst war dies das Zuhause von Kina und Finn gewesen, in dem Moment, als Finn die Türe zugeknallt hatte und sie wieder abgeschlossen wurde, verflogen all die Magie und schönen Erinnerungen um dieses Haus herum. Es war zu einem Mahnmal für die Lügen und den Verrat in ihrer Familie geworden. Kina hatte ihr erstes Zuhause verloren.

Alphablut - Legends of AlikanteWo Geschichten leben. Entdecke jetzt