Lange nicht gesehen

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Die Therme ist noch relativ voll, als wir ankommen und ich bin froh, dass Marco die Tickets schon online gebucht hat und wir so die Warteschlange entspannt hinter uns lassen können. Und als ich beim Schwimmer-Becken ankomme, finde ich dieses komplett leer vor. Ich war beim Umziehen und Duschen wohl schneller als Marco und gehe direkt ins Wasser, um los zu schwimmen. Ich genieße die Ruhe und das kühle Wasser. Als Marco ebenfalls ins Becken kommt, schwimmt auch er direkt los und wir ziehen unabhängig voneinander in Ruhe unsere Bahnen. Aus Gewohnheit zähle ich mit und mache nach einem Kilometer eine Pause am Beckenrand.

Marco schlägt kurz darauf neben mir an und schaut mich an. "Schon fertig?"

"Nur eine Pause. Außer du hast keine Lust mehr."

"Noch 500 Meter und dann zum Entspannen ins Außenbecken?"

"Guter Plan." ich stoße mich wieder vom Rand ab und schwimme weiter.

Nach dem Schwimmen verlassen wir den Sportbereich, gehen in den Thermen-Bereich und betreten dort das Außenbecken. Draußen ist es schon dunkel, die Umgebung ist nur von den Unterwasser-Lichtern beleuchtet. Über dem Wasser wabert dicker Dampf, der vom Becken aufsteigt und von den Lichtern bunt eingefärbt wird. Sofort spüre ich die eisige Kälte auf meinem Gesicht. Während wir geschwommen sind, haben einige Besucher die Therme verlassen und so ist das Becken jetzt angenehm leer und ruhig.

Ich lasse mich vor eine der Unterwasserdüsen gleiten und Marco folgt mir. Wir lassen uns eine Weile von den Düsen massieren, bis unsere Köpfe in der Winterluft zu kalt werden und wir in den inneren Teil des Beckens wechseln, wo wir es uns auf zwei Sprudelliegen gemütlich machen. Hier ist noch etwas mehr los und der Geräuschpegel dementsprechend höher. Trotzdem kann ich beobachten, wie mehr und mehr Leute ihre Handtücher auf den Liegestühlen zusammenfalten, ihre Taschen packen und das Bad verlassen. Es ist in Zwischenzeit kurz vor 20 Uhr. Das Bad hat noch drei Stunden offen, aber da ja morgen ein normaler Arbeitstag ist, sind die letzten Stunden so wie heute angenehm leer.

Ich beobachte ein junges Pärchen, die nur Augen für sich haben und ihre Finger nicht voneinander lassen können. Ein bisschen beneide ich sie um diese Unbeschwertheit. Und wieder frage ich mich, was das zwischen Marco und mir eigentlich ist. Auch wenn ich diesen Drang, auf alles ein Label kleben zu müssen, hasse, so kann ich ihn doch nicht ganz abstellen.

Gerade als ich mir überlege, ob ich Marco endlich mal darauf ansprechen soll, fällt mir ein Pärchen auf, das immer wieder in unsere Richtung schaut.

"Sag mal, ist das da hinten Susi? So auf 7 Uhr?"

Marco sucht kurz und bestätigt dann: "Oh Scheiße, nicht ihr Ernst! Was macht sie hier? Die Therme war ihr immer zu billig, weil die Sauna so klein ist!"

"Denkst du, das ist Zufall, dass sie hier ist?"

"Nein. Ich weiß nicht, wie sie das macht, aber sie ist ganz sicher wegen uns hier. Sie hat sogar ihren Stecher dabei!"

So paranoid das auch klingt, glaube ich auch nicht an einen Zufall. Ich muss an Actionfilme mit Spionage-Software auf Handys und GPS-Sendern an Autos denken.

"Was machen wir jetzt?" frage ich Marco.

"Uns schon mal nicht den Abend von ihr versauen lassen. Solange sie uns nur aus der Ferne beobachtet, soll sie machen, was auch immer sie da macht."

Trotzdem entscheiden wir uns, die große, offene Halle zu verlassen und gehen in den kleineren Nebenbereich, in dem in verschiedenen Nischen kleine runde Becken mit verschiedenen Mineralbädern zu finden sind. Wir entscheiden uns für das ansonsten leere Selen-Becken, lassen uns hineingleiten und genießen die Ruhe in diesem Teil des Bades, das warme Wasser und die sanften Klänge irgendeiner meditativen Musik, die aus kleinen Lautsprechern kommt. Dann fragt Marco: "Hast du ein Problem damit, wenn Susi uns zusammen sieht?"

Mina IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt