"Hey, schön, dass du da bist. Wie war dein Wochenende?" begrüßt mich Marco.
Ich erzähle ihm von den ernsten Gesprächen mit Bens Eltern und Bens Feigheit, seine Lügen selbst aufzuklären.
"Ich mag ihn ja, aber so ganz verstehe ich ihn nicht. Einerseits macht er immer auf hart und abgeklärt, aber gegenüber seinen Eltern kann er nicht zu dem stehen, was er tut?" kommentiert Marco.
"Ja, nach außen hält er sein Image eben gerne aufrecht aber seine Eltern sind ihm eben wichtig, die will er nicht enttäuschen. Aber egal, ich bin froh, dass das jetzt alles geklärt ist."
"Und, hast du ihn gefickt?" will Marco lächelnd wissen.
"Ähm, ich... ja." ich fühle mich ertappt.
Er lächelt immer noch. "Schön. Hat es dir gefallen?" Kein bösartiger Unterton, kein Sarkasmus, er scheint das wirklich gut zu finden.
"Naja, es war ganz gut."
"Ganz gut? Das klingt nicht so überzeugend. Du sagst es mir, wenn es dir mit unseren Vereinbarungen nicht gut geht, ja?"
"Ja, das würde ich dir sagen, aber das ist es nicht. Es war nicht schlecht, aber irgendwie... langweilig. Es hat was gefehlt. Und das war nicht mal der Orgasmus. So ganz ohne Dominanz, ohne Schmerzen, ohne Machtgefälle, war es einfach irgendwie langweilig."
"Du hast dir gewünscht, dass er dominanter wäre?"
"Nein, Ben ist einfach Ben, das ist nicht sein Ding. Ich habe mir gewünscht, dass du da gewesen wärst."
"Jaja, so ist das, wenn man einmal Blut geleckt hat. Damit dürftest du jetzt auch verstehen, was der Unterschied zwischen Sex zwischen uns und Sex mit Anderen ist."
Er hat Recht. Nach dem Sex mit Ben verstehe ich vollkommen, warum Marco kein Problem damit hat - das zwischen uns ist definitiv außer Konkurrenz.
"Ich schulde dir noch eine Erklärung, warum ich mich gestern bei dir bedankt habe." erinnert mich Marco. "Genau dafür: Danke dafür, dass du dich darauf einlässt, mit einem Anderen Sex zu haben und dabei erkennt, warum das für unsere Beziehung kein Problem sein wird."
Klar, er hat Erfahrungen mit offenen Beziehungen, er wusste, wie sich das anfühlen wird. Und wahrscheinlich hätte er mir es nicht erklären können, ich musste es selbst erleben. Das erklärst, warum er mich so dazu motiviert hat, mit Ben Sex zu haben.
"Aber wo wir gerade beim Thema sind" spricht Marco weiter "Ich habe Anfang März wohl eine Dienstreise mit Übernachtung vor mir."
"Und da würdest du gerne deine neue Kollegin flachlegen?" witzle ich.
"Oh, bloß nicht, Victoria begleitet mich!" meint Marco, halb belustigt, halb entsetzt. "Aber ich würde die Gelegenheit gerne nutzen und mich mal wieder mit einem Typen zu verabreden."
"Jemand Bestimmtes?"
"Nein, einfach mit irgendjemandem. Nur um mal wieder zu sehen, wie das ist. Ist das in Ordnung für dich?"
"Natürlich, mach das!" In diesem Moment und mit der Erinnerung an den Sex mit Ben, fühlt es sich tatsächlich in Ordnung an. Ich hoffe, das bleibt so.
"Ich habe übrigens von Ben den Kontakt zu Andy bekommen, der unser Bürge für den Besuch beim Zirkel war. Wollen wir da mal Kontakt aufnehmen?"
"Grundsätzlich gerne, aber vielleicht erst in ein paar Wochen? Ich habe gerade echt viel um die Ohren in der Arbeit, weil ja zwei Projekte demnächste zu Ende gehen." gibt Marco zu bedenken.
"Klar, kein Problem."
"Bei dem Stichwort Arbeit fällt mir gerade noch was ein. Ich muss dir noch was erzählen, bevor Susi wieder irgendeinen Mist macht. Am Freitag kam Christina in mein Büro und erzählt mir, dass an der Pforte eine potentielle Klientin warte, die ausdrücklich mit mir sprechen wolle. Ein paar Minuten später hat mir eine ziemlich junge, solariumsgebräunte brünette Frau in Pelzmantel und High Heels erklärt, sie wolle ein Haus für sich bauen lassen, hätte da ziemlich genaue Vorstellungen und hätte gehört, ich wäre der Richtige dafür. Da sowas noch nie vorgekommen ist, weil ja eigentlich erst mal alles über den Tisch vom Chef geht, war ich natürlich interessiert, was sie will und habe mir ihre Ideen und Pläne zeigen lassen. Sie hat darauf bestanden, dass sie Diskretion erwarte, was ich ihr zugesichert habe, was mich aber stutzig gemacht hat. Aber ich dachte eben, sie ist wahrscheinlich ein Töchterchen aus reichem Hause und Daddy passt es nicht, was sie mit ihrem, beziehungsweise seinem Geld vorhat.
Sie zeigt mir also ihre Bilder und Skizzen und ich erkenne schnell, dass das geheimnisvolle an ihrem Plan ein Keller ist, der eine Mischung aus BDSM-Spielzimmer und Swingerclub werden soll. So mit Pool und Bar, einem Käfig und einem Andreaskreuz und allem drum und dran. Da war mir dann klar, dass da was nicht stimmt. Als sie dann auch noch gefragt hat, ob ich in dem Bereich vielleicht selbst Erfahrungen hätte und ihr da ein bisschen mit fachlichem Wissen helfen könne, war mir klar, dass da definitiv etwas faul dran ist. Auf die Frage, wie sie denn darauf gekommen sei, dass ich der Richtige für so ein Anliegen bin, meinte sie nur, eine Freundin hätte mich empfohlen.
Ich habe ihr dann erklärt, ich wäre nicht der Richtige für ihr Vorhaben, könne ihr aber einen Kollegen empfehlen. Als sie das aber vehement abgelehnt hat und mich stattdessen zum Abendessen eingeladen hat, habe ich sie einfach direkt gefragt, ob Susi sie geschickt hat. Nach ihrem eher kläglichen Versuch, das abzustreiten, habe ich sie gefragt, ob Susi sie bezahlt. Das hat sie nach einigem hin und her auch zugegeben und so habe ich ihr einen Vorschlag gemacht. Damit sie die volle Summe von Susi bekommt, spiele ich mit, dafür muss sie mir einen Gefallen tun.
Ich war dann mit ihr Essen - schön mit Tisch am Fenster für das perfekte Foto für Susi - habe ein bisschen fototauglich mit ihr geflirtet und bin dann mit zu ihr gegangen. Zum Vordereingang rein, Mehrfamilienhaus, und direkt durch die Tiefgarage wieder raus. So konnte ich sogar noch ein schönes Beweisbild von Susis Auto vor dem Haus machen, bevor ich heim bin.
Und jetzt bin ich gespannt, auf welche Art und Weise Susi das nutzen will.""Wow, die wird echt immer krasser. Danke für die Vorwarnung. Ich frage mich, ob sie irgendwann etwas macht, gegen was man vorgehen kann, oder ob sie uns einfach weiterhin auf die Nerven geht und wir das ertragen müssen."
"Ich hoffe, sie macht bald etwas Dummes, damit ich irgendwas gegen sie in der Hand habe. Aber lass uns nicht über Susi reden. Außerdem ist es sowieso ziemlich spät, oder?"
Er hat Recht. Schließlich ist morgen Montag und diese Woche ist die letzte Woche, in der Sarah arbeitet.
Tatsächlich finde ich den Fotobeweis für Marcos 'Flirt' mit der 'Kundin' schon am Montag nach der Arbeit in meinem Briefkasten. Es sind zwei Fotos im Restaurant und eins vor der Haustür der Dame. Auf eine Erklärung hat Susi dieses Mal verzichtet, außer den Fotos ist der Umschlag, den ich aus meinem Briefkasten geholt habe, leer. Ich schicke ein Foto davon an Marco, packe dann Bilder und Umschlag in eine Klarsichthülle, schreibe das Datum auf und notiere alles in einer Tabelle. Dann packe ich alles weg, so dass ich es nicht mehr sehen muss und mich nicht darüber aufrege.
Die Arbeitswoche ist vollgepackt mit Meetings. Sarah übergibt mir die letzten Aufgaben, ich übernehme zum ersten Mal alleine die Führung eines Teammeetings und freunde mich langsam mit meiner neuen Rolle an, auch wenn die Nervosität die Selbstsicherheit im Zaum hält.
Während ich tagsüber problemlos die neuen Aufgaben meistere und auch von den Kollegen kein negatives Feedback kommt, nagen abends Selbstzweifel an mir. Kann ich das wirklich? Bin ich dafür nicht zu unerfahren? Nehmen die Kollegen mich ernst? Und wie kommt der Chef eigentlich auf die Idee, mir so etwas zuzutrauen?
Ich entscheide mich dagegen, Marco damit zu behelligen, der ja selbst schon in einer ganz ähnlichen Situation gewesen sein muss. Und auch Lilly will ich nicht volljammern, sie hätte gut gemeinte aufmunternde Worte für mich, die jedoch keine längerfristige Beruhigung erreichen würden. Und Ben ist wohl zu selbstsicher, um mein Problem überhaupt zu verstehen.
So bleibe ich mit meinen Zweifeln alleine und versuche mich mit Schwimmen und Serien davon abzulenken.
Doch Tag für Tag werden die Zweifel leiser und die Sicherheit größer und am Freitag gehe ich entspannt in die Arbeit.
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Mina II
Ficción General[E] markiert Kapitel mit sexuellem Inhalt. Im letzten halben Jahr ist viel passiert! Neue Bekanntschaften, neue Erfahrungen, neuer Job. Ich habe begonnen, die Welt des BDSM für mich zu entdecken. Doch was macht das mit mir? Wie geht der Weg weiter...