[E] Von Sub zu Sub

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Am Freitag spüre ich die Nervosität schon in der Arbeit. Meine Gedanken schweifen immer wieder ab zu dem Treffen mit Andy und Hanna am Abend.

Es ist das erste Mal, dass ich Menschen treffe, die selbst BDSM praktizieren und ich weiß, dass wir uns über dieses Thema unterhalten werden, was bis jetzt ein Thema war, das - bis auf kleinere Ausnahmen für Ben und Lilly - bisher absolut privat war.

Außerdem ist da noch die Sache mit dem Zirkel. Auch wenn ich wirklich neugierig bin, welche Möglichkeiten sich dort bieten, fühle ich mich wie damals, als wir mit der Schule Skifahren waren und ich als Anfängerin am Anfang einer viel zu schweren Piste stand. Ohne das Wissen, ob mir das Spaß machen wird oder der Tag mit gebrochenen Knochen im Krankenhaus endet. Im Endeffekt habe ich mich während der Abfahrt einfach nur elend gefühlt, ständig in der Angst, mich zu verletzen, während alle anderen erfahrenen Mitschüler Spaß hatten und sich am Ende noch über mich lustig gemacht haben.

Aber ich will natürlich auch nicht vor etwas kneifen, was im Endeffekt genau das Richtige für mich sein könnte.

Egal, ich bin mir sicher, die Nervosität wird vergehen und Andy und Hanna werden so tolle Dinge erzählen, dass die letzten Zweifel problemlos verschwinden werden.

Nach der Arbeit mache ich einen kurzen Abstecher nach Hause, bevor ich zu Marco gehe.

Nachdem wir etwas gegessen haben, ist noch etwas Zeit, bis wir gehen müssen. Ich mache Kaffee für Marco und mich und denke spontan an den Halsreif. Vielleicht sollte ich es doch nochmal wagen, ihn außerhalb des Hauses anzuziehen. Wenn nicht heute, zu welcher Gelegenheit denn dann?

Ich erkläre Marco: "Ich überlege, ob ich nachher den Halsreif tragen soll. Ich würde gerne nochmal testen, wie sich das anfühlt. Und in Gesellschaft mit Menschen, von denen ich weiß, dass sie mich dafür nicht verurteilen werden, selbst wenn sie erkennen, was es ist, wäre das vielleicht das einfachste."

Marco lächelt. "Ich freue mich natürlich, wenn du ihn trägst. Aber bitte, fühle dich nicht meinetwegen dazu verpflichtet."

"Mache ich nicht. Ich möchte ihn gerne tragen."

Marco scheint sich wirklich zu freuen, legt mir den Halsreif um und wir machen uns durch die für Anfang April ungewöhnliche Kälte uns auf den Weg zu Andy und Hanna.

Die kleine Doppelhaushälfte sieht so gar nicht aus, als ob ihre Bewohner in einer Organisation wie dem Zirkel aktiv sind. Okay, was habe ich mir vorgestellt? Ein Andreaskreuz im Vorgarten? Eine schwarz gestrichene Fassade? Ich schüttle meinen Kopf und drücke die unter dem von Kinderhänden bemalten Klingelschild angebrachte Klingel.

Auch wenn ich Andy und Hanna kenne und mich auch schon einige Male mit ihnen unterhalten habe, bin ich nervös. Eigentlich weiß ich nicht viel über die beiden.

Innen bellt ein Hund und kurz darauf öffnet Hanna die Tür. Sie trägt ein dunkelblaues, schmales Kleid, das sie noch zierlicher wirken lässt, als sie sowieso schon ist und ein Kleinkind auf dem Arm, welches an ihren schulterlangen, glatten, dunkelbraunen Haaren zieht.

"Hey Mina, schön dass du da bist. Und du musst Marco sein. Schön, dich kennenzulernen. Herzlich willkommen!"

Damit lässt sie uns eintreten und erklärt, während wir unsere Schuhe und Jacken ausziehen: "Sorry für das Chaos. Die Kinder gehen in einer halben Stunde ins Bett. Ich dachte, das ist in Ordnung, dann können wir am Anfang ein bisschen auftauen und wenn die Kleinen weg sind, widmen wir uns den Erwachsenenthemen. Das sind übrigens Jonas", sie deutet auf das Kind auf ihrem Arm "und Annika."

Als wir in die großzügige Wohnküche kommen, ist Andy gerade dabei, Annika, etwa vier Jahre alt, dazu zu überreden, das in kleine Häppchen geschnittene Brot zu essen, das vor ihr liegt. Als er uns sieht, steht er auf, umarmt mich und gibt Marco die Hand. "Schön, dass ihr da seid. Wollt ihr was trinken?"

Mina IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt