[E] Label

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Am Dienstag mache ich mir, nachdem ich nach der Arbeit daheim bin, einen Gemüse-Nudel-Auflauf, als ich eine Nachricht auf meinem Handy von Lilly sehe.

Hey, bist du zufällig gerade daheim und hast spontan ein bisschen Zeit für mich?

Ich antworte:

Ja und ja, was ist los?

Lilly: Kann ich vorbeikommen?

Ich: Klar!

Lilly: Bin in 5 Min da.

So kurz angebunden zu sein, passt gar nicht zu Lilly. Irgendwas stimmt nicht mit ihr.

Ich schneide noch ein paar Champignons und gebe ein paar mehr Nudeln in die Form, so dass das Essen auch für zwei reicht. Dann übergieße ich alles mit Tomatensauce, bestreue den Auflauf mit Käse und schiebe die Form in den Ofen. In dem Moment klingelt es auch schon an meiner Tür.

Lilly stürmt an mir vorbei und lässt sich auf mein Sofa fallen. "Du ahnst nicht, was gerade passiert ist."

Ich setze mich zu ihr. Sie sieht fertig aus, aber nicht traurig, sondern eher wütend.

Ich setze mich zu ihr und sie erzählt: "Ich bin vorhin durch Zufall Sven begegnet und habe mich, dumm wie ich bin, überreden lassen, mit ihm einen Kaffee zu trinken. Der Typ ist so ein Arschloch, ich weiß nicht, wie ich das so lange nicht bemerken konnte! Auf jeden Fall hat er, nachdem er erst ein paar Minuten auf nett gemacht hat und mich gefragt hat, wie es mir geht und so, mir erklärt, dass es total daneben wäre, dass ich mit Frauen rummachen würde, nur um ihn eifersüchtig zu machen! So richtig von oben herab!" vor Wut laufen Lilly Tränen über das Gesicht und ich reiche ihr die Box mit den Taschentüchern. "Ich habe ihm dann erklärt, dass das nichts mit ihm zu tun hat und ihn auch nichts angeht, sondern ich jetzt endlich ausleben kann, wer ich wirklich bin. Dann hat er ernsthaft gemeint, dass ihm das früher hätte auffallen müssen, dass ich eine Lesbe bin, und dass das auch erklären würde, warum ich im Bett so langweilig war! Ich wusste gar nicht, was ich sagen soll, also bin ich einfach aufgestanden und gegangen. Ich bin so wütend!" Sie wischt sich die Tränen aus dem Gesicht.

Ich bin fassungslos. "Was ist denn mit dem los? Der hat ja wohl nicht mehr alle Tassen im Schrank!"

"Was hätte ich denn da sagen sollen?" fragt Lilly zwar immer noch wütend, aber schon etwas ruhiger.

"Gar nichts. Das war richtig so! Wenn er so mit dir umgeht, hat er nicht eine weiteres Wort von dir verdient! Der kommt einfach nicht damit klar, dass du mit ihm Schluss gemacht hast! Was für ein Arschloch." ich nehme sie in den Arm.

"Du hast Recht. Das hat mich nur gerade total aus der Bahn geworfen. Störe ich dich eigentlich bei irgendwas? Hast du heute noch was vor?"

"Ich wollte gerade etwas essen. Hast du Lust auf Nudelauflauf?"

"Klingt lecker, ich will dir aber nichts wegessen."

"Ich habe genug für zwei gemacht, keine Sorge."

Ich gehe kurz in die Küche und als ich zurückkomme, starrt Lilly fassungslos auf ihr Handy. Sie zeigt mir eine Nachricht von Sven, die er offenbar erst vor wenigen Minuten geschrieben hat:

Du brauchst dich doch nicht dafür zu schämen, niemand ist perfekt. Aber du hättest ehrlich zu mir sein müssen. Mich so zu hintergehen, war nicht fair!

Lilly will etwas zurückschreiben, doch ich nehme ihr das Handy aus der Hand. "Nein, er will dich doch nur verletzen und provozieren! Gönne ihm das nicht! Oder denk wenigstens nochmal kurz darüber nach."

Ich lege das Handy zur Seite und nehme Lilly in den Arm.

"Warum macht er denn so was?" will sie wissen und ich höre neben Wut auch Enttäuschung in ihrer Stimme. Zu Recht.

Mina IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt