Fundsachen

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Am Samstag fährt Marco zu seinen Eltern und ich in meine Wohnung. Ich überlege kurz, schwimmen zu gehen, denke aber an die vielen kreischenden Kinder und die vollen Schwimmbecken, die mich an einem Samstag Nachmittag erwarten würden, also entscheide ich mich stattdessen, meiner Ukulele mal wieder etwas Aufmerksamkeit zu widmen.

Den Abend vertrödle ich vor dem Fernseher und freue mich darauf, am Sonntag morgen nach langer Zeit mal wieder einen Flohmarkt zu besuchen.

Auf dem Flohmarkt ist dank des trüben Wetters trotz der frühen Uhrzeit relativ wenig los und ich schlendere ohne Plan, was ich überhaupt suche, durch die Reihen.

An einem Stand mit einer kleinen Kiste mit Schallplatten bleibe ich stehen. Ich blättere durch die Platten, doch außer deutschen Schlagern finden sich nur einige Hörspiele. Aber mir gefällt die Idee, eine interessante Schallplatte zu finden. Klar gibt es die Stände mit Neuware, aber ich suche nach einer alten Platte, einem echten Zufallsfund.

Doch statt einer weiteren Kiste mit Platten, fällt mir als nächstes etwas anderes ins Auge. Zwischen Kinderspielzeug und Stehlampen sehe ich einen schwarzen, relativ hohen Tritthocker aus Metall, der bei mir sofort die Fantasie auslöst, mich darüber zu legen und Marco darzubieten. Ich schaue mit das Möbelstück genauer an. Vielleicht könnte ich mit Lillys Hilfe für die Metallstufen einen Überzug nähen. Die Idee gefällt mir und vielleicht lässt sich Marco ja überzeugen, den Holzstuhl im Spielzimmer dadurch zu ersetzen. Dieser passt meiner Meinung nach dort sowieso nicht hinein.

Der Verkäufer kommt zu mir. "Interesse?"

"Ja, wie viel möchten Sie dafür?"

"Zehn Euro."

Nicht, dass das ein schlechter Deal wäre, aber auf Flohmärkten etwas ohne Handeln zu kaufen? "Fünf Euro."

"Acht Euro. Und Sie dürfen sich noch etwas vom Tisch aussuchen."

Ich werfe einen Blick zum Tisch. Besteck, Geschirr, Handarbeitszeug.

"Schauen Sie sich um, ich bin gleich wieder bei Ihnen." er geht zu einer anderen Interessentin, die das Spielzeug betrachtet.

Ich betrachte den Tisch und sehe zwischen den Handarbeitssachen zwei sehr interessante Dinge. Ein Nadelrad, ähnlich dem, das Marco hat, aber mit viel längeren und spitzeren Nadeln. Und ein weiteres Nadelrad, welches zwei parallele Räder mit Nadeln hat. Sind die wirklich für Handarbeit gedacht?

Eine Frau, welche dem Verkäufer eine Tasse Kaffee in die Hand gibt, kommt zu mir. "Sie nähen?"

"Ähm, nein, leider nicht wirklich. Aber meine Freundin näht gerne." Ich lasse mich auf das Gespräch ein.

"Näht sie auch mit Schnittmustern?"

"Ja." ich erinnere mich, wie Lilly über den seltsamen Papier-Plan geflucht hat, als sie ein Kleid nähen wollte.

"Da sind solche Pausräder echt praktisch. Damit überträgt man den Schnitt vom Papier auf den Stoff, indem man drüber fährt und damit Abdrücke auf dem Stoff hinterlässt."

Pausräder. Naja, macht irgendwie Sinn.

Die Frau erklärt weiter. "Das hier" sie nimmt das Rad mit den langen Nadeln in die Hand "ist dafür, gleich mehrere Lagen Stoff zu markieren. Und das andere ist dafür, neben den tatsächlichen Kanten auch gleich die Nahtzugabe zu markieren."

"Ah, das klingt ja wirklich nach sinnvollem Werkzeug. Ich denke, das bringe ich ihr mit."

"Vielleicht noch ein paar Klammern dazu, um den Stoff zu fixieren? Das ist aus dem Nachlass von meiner Mutter. Damals gab es noch stabile Metallklammern, statt dem neumodischen Plastik-Scheiß."

Die Klammern sehen aus wie kleine, flache Wäscheklammern. Die lassen sich sicher auch noch an anderen Dingen anbringen, als an Stoffen. Ich nicke. Dann sehe ich noch ein gewebtes Band, auf dem kleine Fliegenpilze und Kleeblätter zu sehen sind. Perfekt, um Lilly zu bestechen, mir zu helfen.

Zusammen mit dem Tritthocker handle ich die Standbesitzer auf 12 Euro runter und verlasse zufrieden den Stand.

Ich bin schon fast am Ende des Marktes angekommen, als ich doch noch eine weitere Kiste mit Schallplatten entdecke. Und auch hier habe ich Glück und entdecke ein mir bisher unbekanntes Album von Portishead. Ich kaufe sie und mache mich mit meinen Schätzen auf den Heimweg.

Ich packe die Dinge, die ich für Marco beziehungsweise für mich gekauft habe, in eine Kiste in meinen Schrank. Mal sehen, wann der richtige Zeitpunkt dafür kommt.

Dann messe ich die Stufen des Tritthockers aus und versuche, eine Vorlage für die Polster zu konstruieren, so dass ich Lilly meinen Plan erklären kann.

Dann schreibe ich Lilly und frage sie nach einem Treffen. Wir verabreden uns für Dienstag.

Dann bereite ich mich mental auf die nächste Woche vor. Sarahs Abschied rückt näher, was sich auch im Arbeitsalltag bemerkbar macht.

Mina IIWo Geschichten leben. Entdecke jetzt