Kapitel 22 - Ein seltsamer Empfang

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Als Dannielle erwachte, schien die Sonne bereits in ihr Zimmer. Gähnend reckte und streckte sie sich und rieb sich den Schlaf aus den Augen. Ihre letzte Nacht war lang und erst recht nicht erholsam gewesen, obwohl sie in dem wohl weichsten Bett geschlafen hatte, das ganz Frankreich zu bieten hatte. Immer wieder war sie schweißgebadet und schwer atmend aus dunklen Albträumen hochgeschreckt und erst als bereits der Morgen zu dämmern begann, war sie in einen unruhigen Schlummer gefallen.

Sie schlug die Decke zurück und eilte zu den Fenstern, um hinaus zu schauen. Ihr Zimmer war nach Süden hin ausgerichtet und gab die Aussicht auf einen großen herrlichen Garten frei, der zum Spazieren und Lustwandeln einlud. Ihr Blick fiel auf eine Kommode und ein Tablett mit Frühstück, einer Kanne Tee, die bereits kalt war und einer kurzen handschriftlichen Notiz. Dannielle griff nach dem Schriftstück. Tenebros kündigte darin sein Eintreffen am Vormittag an. Voller Schrecken erkannte Dannielle, dass Vormittag womöglich bereits vergangen war. Doch ehe sie sich länger darüber Gedanken machen konnte, klopfte es an der Tür und Camille trat ein, ein Tablett mit einer frischen Kanne Tee in den Händen.

Dannielle frühstückte in Windeseile und kaum hatte sie den letzten Krümel ihres Brötchens verputzt, klopfte es an ihrer Tür. Mehrere Dienstmädchen traten ein und begannen ihr beim Einkleiden zu helfen. Gerade, als sie ihr Mieder fertig geschnürt hatten, trat Tenebros durch die offen stehende Tür in den mit Menschen gefüllten Raum. Er trug ein schwarzes Wams aus Samt, das mit goldenen Borten und nahezu verschwenderischen Schnörkeln verziert war. Es stand in einem seltsamen Kontrast zu der einfachen Söldnerkleidung, in der sie ihn kannte. 

Dannielle realisierte, dass er sich in den edlen Stoffen nicht so recht wohlzufühlen schien. Hier zupfte er ungehalten einen Fussel von seinem Ärmel weg, dort bewegte er seine breiten Schultern, als würde irgendetwas nicht richtig sitzen und zu guter Letzt legte er seinen Finger an den Kragen seines Hemdes, um den Ausschnitt zu lockern.

Dem Iren folgten drei Männer: Zwei trugen in ihrer Mitte ein großes weißes Paket, das mit einer silbernen Schnur verschlossen war. Der Dritte trug ein paar edel aussehende Schuhe herein.

Auf Dannielles fragende Blicke hin antwortete Tenebros mit einem Lächeln.

„Der Duc hat uns heute Abend zum Essen eingeladen und er wünscht sich einen Auftritt in entsprechender Garderobe als Gastgeschenk." Mit diesen Worten öffnete er die Schleife und hob den Deckel von dem Paket und es offenbarte sich ein schimmernd grünes Stück Stoff.

Dannielles Augen weiteten sich und sie vergaß in diesem Moment sogar, dass sie nur in Unterkleid und Mieder vor all diesen Männern stand.

„Oh Grundgütiger...", entfuhr es ihr. Sie eilte zu den Bediensteten und Tenebros und zog den grünen Stoffballen heraus, der sich als ein wunderschönes Kleid offenbarte. Überwältigt drückte sie es an sich. Die Seide glitt kühl und unendlich weich durch ihre Finger.

„Das hat der Duc für mich...?"

Tenebros nickte bloß, während er die Hände ordentlich hinter seinem Rücken verschränkte. Ein fast unmerkliches Lächeln erschien auf seinen Lippen.

„Ich werde mich jetzt wieder zurückziehen, damit ihr euch in aller Geduld ankleiden könnt", sprach er mit ruhiger angemessener Stimme. "Es wird jemand kommen, der euch zum Essen geleiten wird." Er verbeugte sich galant, ehe er sich zum Gehen wandte und die Diener des Ducs mit sich nahm.

***

Dannielles Haare waren zu einer kunstvollen Frisur hochgesteckt worden und sie hatte sich aus einem großen Sortiment Ohrringe, die, die sie für passend hielt aussuchen dürfen. Sie hatte erneut ein kurzes Bad genommen, ihre Haut war mit Puder bedeckt und eine stumme Frau, die ihr nicht eine einzige Sekunde in die Augen geblickt hatte, hatte sich über eine Stunde lang mit ihren Nägeln beschäftigt. Es hatte ewig gedauert. Doch abgesehen von der endlosen Langeweile, die von ihr Besitz ergriffen hatte, staunte Dannielle über die Frau, die sie schließlich im Spiegel sah. Sie kam sich vor, wie ein vollendetes Kunstwerk.

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