Kapitel 24 - Von Huren- und Piratensöhnen

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TW: Alkoholmissbrauch

Kapitän Tribor schälte sich grummelnd und hustend aus seiner Koje. Das gemächliche Auf und Ab der Poseidons Revenge wiegte ihn im Schlaf wie ein Baby, sodass er des Öfteren erst erwachte, wenn die Sonne bereits hoch am Himmel stand. Das und die geraumen Mengen an Hochprozentigen, die er sich während des Tages wohl genehmigte.

Er griff nach dem Becher, den er letzte Nacht vor dem zu Bett gehen neben seiner Koje abgestellt hatte. Doch seine Hand griff ins Leere. Dem Kapitän entfuhr ein unflätiger Fluch, als er begriff, dass der Becher durch den Seegang natürlich umgefallen war und sich all der Alkohol über den Boden ergossen hatte, während er schlief.

Schwankend stand er auf und wollte sein Getränk mit einer anderen Geschmacksrichtung verfeinern, ehe er in die Kombüse stolpern und sich den Humpen mit Tee oder irgendetwas anderem auffüllen lassen würde. Sein Blick glitt über zerfledderte Seekarten auf seinem Schreibtisch, zu nutzlos gewordenen Logbüchern und blieb schließlich an einigen Truhen und Kisten hängen, die seine persönlichen Gegenstände beinhalteten und allesamt mit leeren Flaschen zugestellt waren. Zu seiner Enttäuschung befand sich nicht in einer einzigen der unzähligen irdenen Flaschen in seiner Kapitänskajüte noch der kleinste Tropfen irgendeiner Flüssigkeit, die nicht Wasser war.

"Beim Klabautermann...", entfuhr es ihm. Dann musste er husten. Es klang röchelnd und er spuckte einen Mund voll schleimigen Auswurfs in irgendeine Ecke zu all dem anderen Unrat, den er dort ansammelte. Er musste wohl oder übel über das Deck schlendern, ehe er seine Frühstücksration in Empfang nahm. Er musste dringend irgendeinen Jungen dazu abstellen, ihm morgens das Frühstück ans Bett zu bringen.

Er griff nach seinem Dreispitz und öffnete die Tür, die auf das Hauptdeck führte. Ein Matrose mit einem Wischmopp und einem Putzeimer grüßte ihn angemessen.

"Käpt'n, guten Morgen."

Tribor nickte ihm zu. Die helle Sonne blendete seinen noch immer benebelten Verstand und er zog sich den Dreispitz tiefer ins Gesicht. Der Wind peitschte das Wasser des Meeres zu hohen Wellenbergen auf, deren Häupter von weißen Gischtkronen geziert wurden. Seine Mannschaft hatte die Poseidons Revenge während der Nacht gut auf Kurs gehalten. Auch wenn sie ein Haufen voller Taugenichtse waren, Plündern, Segeln und Navigieren beherrschten sie. Selbst mit einem dann und wann widerspenstigen Weib, äh Schiff, wie der Poseidons Revenge. Ein Hauch von Schwermut überkam Tribor, als er an das Schiff seines einstigen Kapitäns zurückdachte.

Die Deneb.

Benannt nach dem hellsten Stern im Sternbild Schwan war sie auf Wind und Wellen genauso galant dahin geglitten wie der weiße stolze Vogel. Es tat ihm immer noch weh, dass er sie hatte aufgeben müssen.

Als würde Kalypso, die Meeresgöttin höchstselbst ihn an diesem missratenen Morgen ein Messer ins Herz rammen wollen, fiel sein Blick auf zwei schlafende Gestalten, die sich nahe dem Hauptmast gebettet hatten: Der Sohn seines einstigen Kapitäns und dessen nutzloser Freund. Und um sie herum einige Flaschen seines Hochprozentigen.

Vor Ärger schnaubend stapfte er wutentbrannt auf die beiden zu, griff nach einer Flasche, stellte fest, dass diese leer war und warf sie zornig in einer aufgebrachten Bewegung über die Reling ins Meer. Am liebsten hätte er sie dem Jungen auf dem Schädel zerschlagen.

***

Daemon registrierte, wie sich etwas vor seinen geschlossenen Augen verdunkelte. Als er ganz sacht die Lider einen Spalt breit öffnete, wurde er zunächst von der Sonne geblendet. Doch als er schützend mit der Hand sein Gesicht beschattete, sah er einen riesigen Mann vor sich stehen.

Daemon erinnerte sich, dass er auf der Poseidons Revenge war. Als er an sich herab sah, erkannte er, dass Jared den Arm um ihn geschlungen hatte. Jener schien noch immer tief und fest zu schlafen. Vorsichtig tippte er seinen Freund an, um ihn aufzuwecken, wohl wissend, dass seine Geste nie und nimmer ausreichen würde, um Jared aus dem Reich der Träume zu holen.

Der Ring der Herzogin ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt