TW: Alkoholmissbrauch
Langsam hatten Daemon und Jared sich der Westküste Englands genähert und waren an ihr in Richtung Süden nach Liverpool geritten. Zu zweit mit einem Pferd kamen sie nur langsam voran. Jared hatte versucht, seine Verletzung zu schonen und zu seiner großen Freude heilte die Wunde besser als erwartet. Reiten konnte er genauso gut nur mit einem Arm und tatsächlich ging Daemon ab und zu zu Fuß neben ihm her. Jared glaubte ihm nicht, dass er das Spazierengehen für sich entdeckt hatte. Und es dauerte ihm auch viel zu lange. Viel lieber hätte er sich beeilt, um Dannielles Spur nicht zu verlieren. Aber die Realität um ihn herum erlaubte es ihm nicht.
Die Sonne, die nun tagsüber schien, taute den Schnee auf und verwandelte die viel benutzten Straßen in schlammige Furchen, die des Nachts wiederum gefroren und viele Pferde stolpern ließen.
Daemon hasste den Winter. Er konnte sich nicht mehr daran erinnern, aus welchem Grund er beschlossen hatte, diese Jahreszeit im niederschlagsreichsten Land Europas zu verbringen. Es gab weiß Gott genügend Alternativen im sonnigen Süden.
Die Straße, auf der Jared und Daemon sich der Stadt näherten, führte durch ein paar kleine Gehöfte mit ordentlich, aber einfach angelegten Gärten und führte zuletzt geradewegs auf eine alte Kirche zu, die den niedrigen Stadtmauern vorgelagert war. Hier und dort bröckelte das Mauerwerk bereits und im Dach fehlten einzelne Schindeln.
Die Turmglocken läuteten, als Daemon und Jared daran vorbeiritten. Jared warf dem Kirchenportal einen gekränkten Blick zu, als hätte es ihn soeben auf übelste Art und Weise beleidigt. Sie passierten die niedrigen Stadtmauern, ohne dass jemand sie auch nur eines Blicks würdigte und fanden sich alsbald am Hafen wieder. Ein paar kleine Häuser der Fischer reihten sich dahinter auf und wanden sich den Hügel hinauf, schmiegten sich neben Bäckershäuser und Lederer, Schmiedehöfe und Lagerhallen.
In einem der vielen Gasthäuser am Hafen, die dazu dienten, die ständig an- und abreisenden Matrosen zu beherbergen, mieteten sie sich ein Zimmer und Jared bestand darauf, sich noch am gleichen Abend im Hafen nach einem passenden Schiff umzusehen. Daemon hingegen schien weniger in Eile. Jared kam es vor, als würde er sich aufspielen, alles im Griff zu haben.
Die beiden klapperten ohne Erfolg ein paar Wirtshäuser ab, bis sie vor einer ziemlich zwielichtigen Spelunke haltmachten. Daemon seufzte. Es war immer der Bodensatz der Gesellschaft, bei dem sie am erfolgreichsten waren.
"Entspricht uns das?", fragte er an Jared gewandt.
Dieser zuckte nur mit der Schulter und rieb sich mit der freien Hand die andere.
"Sag du es mir, Daemon."
Daemon biss die Zähne zusammen und öffnete die quietschende Tür.
Sein Blick fiel auf ein vertrautes und ebenso verhasstes Gesicht. Jared war seinem Blick gefolgt und klopfte ihm aufmunternd auf die Schulter, ehe er sich abwandte und es sich an der Theke bequem machte. Daemon wusste, dass er ihn beobachten würde. Fluchend schob er sich an ein paar Gästen bis zu dem Altbekannten hindurch.
„N'abend....", murmelte Daemon. Er hatte damit gerechnet, dass der alte Mann den Hafen Liverpools noch immer nicht verlassen hatte, doch dass er das Glück hatte ihm sogleich über den Weg zu laufen, überraschte ihn. Offenbar war Fortuna ihm wohlgesonnen, oder auch nicht. Ein Gespräch mit dem alten Mann zählte nicht zu seinen liebsten Beschäftigungen. Was er nicht alles für seinen Lieblingsbastard tat.
„Was willst du?", knurrte der Mann, nachdem er Daemon kurz gemustert hatte und funkelte ihn düster an.
„Whisky!", schlug Daemon freudig vor und winkte dem Wirt, ihm welchen zu bringen. „Wir haben schon lange keinen Whisky mehr miteinander getrunken."
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Der Ring der Herzogin ✓
Fiksi SejarahEin Buch. Es ging um ein einziges, verstaubtes Buch. Es war weder besonders groß, noch besaß es außerordentlich viele Seiten. Es verfügte auch nicht über bunte handgemalte Bilder, noch hatte der Verfasser umfassendes Wissen der Kalligrafie besessen...