Kapitel 26 - Geständnisse I

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Dannielle stand noch immer fassungslos da. Ihr Herz schlug schnell. Jared war hier gewesen... hier! Sie hob ihre Hand an ihre Lippen, wo seine Finger sie berührt hatten. Nein, Einbildung war er nicht gewesen. Er war ihr gefolgt. Er hatte ihre Spur aufgenommen, war unbemerkt in das Schloss des Herzogs eingedrungen und hatte sie gefunden.

Aber nicht, um Rache zu üben. Dannielle war sich sicher, wenn er sie in böser Absicht aufgesucht hätte, hätte sie nicht einmal mehr zwei Atemzüge lang gelebt, nachdem er durch die Tür getreten war. Und was noch viel wichtiger war: Sie hatte die Chance, ihren Siegelring von ihm zurückzuerhalten. Sie brauchte den Ring nicht nur, um augenscheinlich das Buch öffnen zu können. Das war für den Moment ein netter Zugewinn, um ein paar dunkle Familiengeheimnisse aufzudecken, um mehr über die Verbindung des Ducs und ihrer Mutter zu erfahren. Der Duc hatte ihr eine vage Beschreibung des Inhalts des Buches geliefert, die sie wenig bis gar nicht zufriedengestellt und in ihr Zweifel geweckt hatte, dass das Schriftstück tatsächlich den Wert besaß, den ihr Vater ihm zuwies. Nein, was für den Moment viel wichtiger war: sie brauchte den Ring, um sich als rechtmäßige Gräfin Caramount auszuweisen, wirksame Dokumente zu verfassen und Korrespondenzen zu führen. Es war unabdingbar, dass sie ihn wiederbekam.

Jared wollte sie mit sich nehmen. Sie verstand seine Motive nicht. Was wollte irgendein Dieb, der höchstwahrscheinlich nicht einmal lesen konnte, mit ihrem Buch? Das einzige, was ihr einfiel, war, dass er möglicherweise Lösegeld für das Buch erpressen wollte. Dannielle überlegte, aber so wie sie den Duc bisher wahrgenommen hatte, würde sie ihm dringend davon abraten, wenn ihm sein Leben lieb war.

Kraftlos ließ sie sich in ihren Sessel sinken. Für den Moment überkam sie die pure Überforderung. In den letzten Wochen war viel zu viel passiert. Ihr Bruder war gestorben, sie hatte Jared erschossen und er lebte trotzdem noch, sie hatte von ihrem leiblichen Vater erfahren... Sie ließ sich tiefer in den Sessel sinken und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Jared hatte keine Ahnung, dass sie nicht nur eine unbedeutende Grafentochter aus England, sondern augenscheinlich auch die Tochter und alleinige Erbin des Herzogs von Brest war. Wenn sie erst einmal mit ihm unterwegs war, würde sie den Irrtum wahrscheinlich aufklären müssen, aber bis dahin...

Ein herrisches Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. Einer der Diener kündigte ihr das Erscheinen des Herzogs an. Hoheitsvoll trat er in das Zimmer und kam auf sie zu. Auf seinen Lippen ruhte ein Lächeln. Dannielle konnte nicht in Worte fassen wieso, aber heute wirkte es zum ersten Male ehrlich. Als er vor ihr stand, nahm er ihre Hände und sah ihr tief in die Augen.

„Mon Chérie, geht es dir gut?"

Dannielle versuchte den Kummer und die Sorge in ihren Augen so gut es ging zu verbergen. Es gelang ihr nicht wirklich.

Jedes Mal, wenn er sie ansah, regten sich Zweifel in ihr. Als würde er ein wertvolles Pferd oder ein seltenes Tier betrachten.

„Morgen ist der Tag des Äquinoktium, der Tagundnachtgleiche. Und mit diesem Tag des Frühlingsanfangs will ich, dass ein jeder der Anwesenden die Schönheit meiner zu ihren Wurzeln heimgekehrten Tochter bewundert. Zu deinen Ehren wird der gesamte Adel der Bretagne da sein. Das Bankett hier im Chateau wird ein wahres Fest, das seinesgleichen sucht..." Er nahm ihr Gesicht in seine Hände und küsste sie sanft auf die Stirn.

„Morgen schon?", Dannielle sah ungläubig zu ihm auf. Es ging ihr alles viel zu schnell. An dem Tag, an dem er sich als ihr Vater offenbart hatte, hatte der Duc ihr auch von der Veranstaltung erzählt und dass er beabsichtigte, sie der französischen Adelsgesellschaft vorzustellen. Sie hatte es ganz vergessen.

„Oh ja! Sie alle wollen dich kennenlernen. Sie wollen schließlich mit der Erbin dieses Titels und dieses Hauses bekannt werden." Dannielle spürte, wie ihr schwindelig wurde und ließ sich zurück in den Sessel sinken.

Der Ring der Herzogin ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt