In dem Refektorium des Klosters war es kalt und trotz der Anwesenheit vieler Menschen überaus ruhig. Die Decke des niedrigen Raumes wurde von einigen dicken Steinsäulen getragen und nur durch ein paar Kerzen erhellt. Es hatten sich viele Mönche versammelt und Patre Bernard, der die drei Reisenden bereits am Tor empfangen hatte, führte sie zu ihren Plätzen am Ende einer der langen Tafel. Er selbst setzte sich an einen Tisch an der anderen Seite des Raumes.
Dannielle ließ sich neben einem dicken, recht jung wirkenden Mönch nieder. Ihre Diener nahmen auf ein gönnerhaftes Nicken ihrerseits am gleichen Tisch Platz.
Sie beugte sich ein wenig zu den beiden herüber und flüsterte, sodass sie kein anderer verstehen konnte:
„Ich sage Euch, benehmt Euch! Ich möchte nicht den Ruf einer schlechten Herrin innehaben!" Sie setzte sich wieder gerade hin und faltete ihre Hände zum Gebet, denn ein Mönch hatte eine kleine Steinkanzel betreten. Sie fühlte das dunkle Holz glatt und abgenutzt von Jahren des Gebrauchs unter ihren gefalteten Händen, als die monotone Stimme des Mönch erklang.
„Pater noster qui est in caelis sagnificetur nomen tuum. Adveniat.."
Als Dannielle zu Jared aufsah, bemerkte sie, dass etwas ganz und gar nicht stimmte. Sein Blick war so herausfordernd und voll kühler Zurückweisung, dass sie sich an den Abend im Norden Englands erinnert fühlte, als Tenebros ihn als wahren Dieb ihres Buches enttarnt hatte.
Arrogant. Hasserfüllt. Einschüchternd.
Aber nicht nur ihr begegnete er mit so viel vernichtender Ablehnung, sondern ebenso viel Verachtung brachte er Daemon entgegen, der sich für Dannielles Geschmack etwas zu viel Mühe gab, seine braune Tunika bis zum Kinn hochzuziehen, während er seinen Kopf auf seine Fingerknöchel abstützte.
Dannielle runzelte die Stirn, doch ehe sie überlegen konnte, was zwischen den beiden vorgefallen sein mochte, erhob ihr Dieb die Stimme.
„Das hätte ich mir nie träumen lassen, einmal mit der Lady am selben Tisch sitzen zu dürfen", sagte er leise an Daemon gewandt, jedoch immer noch so laut, dass die Mönche neben ihnen es bemerken mussten.
Daemons Antwort bestand lediglich aus einem wortkargen Nicken. Es kam ihr beinahe so vor, als würde er sich unwohl unter den Blicken ihres Diebes fühlen. Doch im nächsten Augenblick war sie sich sicher, dass es andersherum sein musste. Es war Jared, dem all das hier eine Gänsehaut bereitete. Und er versuchte es zu überspielen.
Sie konnte den Finger nicht darauf legen, aber etwas in den Bewegungen und in der Stimme ihres Diebes jagte ihr kalte Schauer über den Rücken.
„Daemon, was denkst du, wie viel Zeit verbringt so ein Mönch am Tag mit Beten?", unterbrach Jared ihren Gedankengang.
Dannielle versuchte ihre Unterhaltung durch eine Geste zu unterbinden, doch die beiden Diebe schienen sie zu ignorieren.
„Sag du es mir", seufzte Daemon leise, „Das müsstest du doch selbst am besten wissen."
Dannielle schnappte diesen Kommentar mit Verwunderung auf und schwor sich, sie würde Jared nachher fragen, weshalb Daemon so etwas von sich gab.
Oder später. Viel später, wenn sie endlich nicht mehr wütend auf ihn war.
Vielleicht nie.
Dannielle wich den Blicken der Mönche aus. Wieso, ja wieso konnten sie sich nicht einmal zusammenreißen? Wenn irgendeiner der Mönche bemerkt hatte, dass Jared sich so respektlos verhielt, würden sie tatsächlich an ihrer Autorität zweifeln und womöglich herausfinden, dass sie belogen wurden und dann... Sie wollte gar nicht zu Ende denken. Sie mussten sich schon über die Dreistigkeit und Respektlosigkeit eines Leibeigenen gegenüber seiner Herrin wundern. Jared schien nicht zu wissen, dass Mönche ihre Mahlzeiten schweigend einnahmen, doch sie hoffte, dass sein Gemurmel schlichtweg im Klang der Bibellesung unterging und nicht allzu viele der Mönche es hörten.
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Der Ring der Herzogin ✓
Historical FictionEin Buch. Es ging um ein einziges, verstaubtes Buch. Es war weder besonders groß, noch besaß es außerordentlich viele Seiten. Es verfügte auch nicht über bunte handgemalte Bilder, noch hatte der Verfasser umfassendes Wissen der Kalligrafie besessen...