Kapitel 81 - Der Herr aller Lügen

71 14 182
                                    

TW: leichte Gewalt

Ein Kreis hatte sich um die Schausteller gebildet, der durch brennende Fackeln begrenzt wurde. Beinahe das gesamte Dorf hatte sich versammelt, um der Musik zu lauschen und dem Spiel mit dem Feuer zuzusehen.

Schalmeien erklangen, Dudelsäcke schallten über den Platz und Trommeln vertrieben das letzte bisschen Ruhe aus den entlegensten Gassen.

Fackeln wirbelten durch die Luft, Feuerspucker erhellten mit ihren Feuerbällen die Gesichter der Menge und brennende Fächer, Kugeln und Diabolos zogen ihre Kreise über den nachtblauen Himmel.

Die Menge hielt den Atem an, als wirbelnde Spiralen aus Feuer die Luft erfüllten und das Element so nah an die Haut der Künstler kam, dass man meinte, sie müssten verbrennen.

Ein Tanz bildete den Abschluss der Show, die Musik, erst langsam und schwer von verbrannter Luft, begleitete die Kreise ihrer Hüfte und drehte sich dann, wurde immer schneller und schneller, gleich ihrem ganzen Körper, bis die erschöpft zu Boden sank und die Musik mit dem Feuer erlosch. Der Platz versank in Dunkelheit.

Applaus erhob sich. Pfiffe und Rufe der Begeisterung fanden ihren Weg an die Ohren der Künstler und Münzen jeglicher Art wurden euphorisch in die Körbe und Säckchen der Whanaukinder geworfen, die sich aufmachten, den Lohn einzusammeln.

Die Menge grölte und schrie nach einer Zugabe, doch alles, was sie zunächst als Antwort erhielten, war dunkles Stillschweigen.

Die ersten Mütter mit ihren Kindern machten sich bereits wieder auf den Heimweg, als erneut die dunkle Pfeife eines Dudelsacks erklang und Lichter den Platz erhellten. Die Bewohner der Siedlung erhoben sich von ihren Bänken, um selbst den Tanz zu wagen. Die Whanau wiesen sie an und alsbald drehte sich ein jeder Einheimische zu den Klängen der Chapelloise, einem mittelalterlichen einfachen Kreistanz, Runde um Runde auf dem Marktplatz des kleinen Städtchens.

Die Stimmung war ausgelassen und stand im Kontrast zu Lucidas Wut, die sich hartnäckig in ihrem Inneren hielt. Nicht einmal ihr Tanz hatte geholfen ihre miese Stimmung zu bessern, obwohl sich zu den Klängen der Musik zu bewegen stets alles war, was sie brauchte, um sich aufzuheitern. Das und seit kurzem auch die Zuneigung eines einzigen Mannes. Sie hasste ihn dafür.

Ihr Herzschlag beschleunigte sich zusehends, als sie ihn dabei beobachtete, wie er das Musikinstrument nach der letzten Zugabe zur Seite legte und ihr keinen einzigen weiteren Blick mehr schenkte. Nicht mal, als sie leicht bekleidet vor ihm hin und her gewirbelt war, nicht einmal, als die braven verheirateten Männer des Städtchens mit ihr im Kreistanz geliebäugelt und sich zuletzt händchenhaltend mit ihr an den Rand des Geschehens zurückgezogen hatten, hatte er sie mit mehr als nur einem Hauch von Aufmerksamkeit bedacht. Wütend nahm sie einen weiteren Schluck aus ihrem Becher, ehe sie diesen einem der Männer vor die Brust hielt und sich wortlos zwischen den beiden Ziegenbauern hindurchschob, die ihr irgendetwas hinterherriefen. Sie hatte genug.

Sie folgte Jared heimlich einige Gassen entlang bis zum Rande ihres Lagers. Doch entgegen ihrer Vermutung beobachtete sie nicht, wie er sich mit der rothaarigen Hexe abgab, sondern sah ihm dabei zu, wie er sich zu Jankó ans Feuer gesellte und sich mit dem Whanauoberhaupt in ein Gespräch vertiefte, von dem nur Wortfetzen bis zu ihr hinüberdrangen. Egal wie angestrengt sie lauschte, es gelang ihr nicht von hier aus zu verstehen, was gesprochen wurde. Als Jankó sich umwandte und die ersten Musiker vom Platz zu ihrem Lager zurück kehrten, zog sie sich heimlich in den Schatten eines Zeltes zurück. Wütend biss sie die Zähne zusammen.

Ein Kichern ertönte am Rande des Lichtkreises und Lucida erkannte die Silhouetten Daemons und der Hexe. In ihr formte sich ein Plan. Wenn es wahr war, was die verfluchte Satanshure gesprochen hatte, blieb ihr nicht mehr viel Zeit. Sie musste handeln und zwar jetzt.

Der Ring der Herzogin ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt