Sie ritten langsam, hielten dann und wann an, um den Pferden ein wenig Ruhe zu gönnen.
Jared war voraus geritten. Er kannte den Weg nicht. Er hatte zwar von einem Händler mit Schnickschnack so etwas Ähnliches wie eine Karte erstanden, aber die stimmte nicht. Das hatte er weder Dannielle noch Daemon mitgeteilt. Zumindest hatte er während des Sonnenuntergangs feststellen können, dass die Straße sie weiter in Richtung Süden führte. Nun war er müde und hatte keine Lust mehr. Was am Anfang mit einem Hauch Abenteuer und Nervenkitzel begonnen hatte, war recht schnell zu einem langweiligen Ritt durch ein nasses und kaltes Land geworden. Jetzt hatte er keine Ahnung, wo sie waren oder in welche Richtung sie eigentlich wollten. Dass er immer wieder auf dem Rücken seines Pferdes eingenickt war, hatte sein Übriges zu seiner Orientierungslosigkeit beigetragen.
Sobald die Nacht hereinbrach, meinte er immer wieder Geräusche zu hören oder Dinge zu sehen, die gar nicht da waren. Es hatte sich zwar nicht eine Menschenseele auf ihrem Weg blicken lassen, doch der Schatten, der hier und da am Rand des Weges und unter Bäumen hervorkroch, jagte ihm einen Schauer über den Rücken. Er wusste zwar, dass er es recht lange ohne Schlaf aushielt, doch befürchtete er, dass seine Wahrnehmung ihm einen Streich spielte. Dannielles Schauergeschichten über einen Herzog, der sie womöglich verfolgen würde, komplettierten sein Unbehagen.
Vorsichtig rückte er seine Kapuze zurecht und versuchte sich auf die Straße zu konzentrieren, die im Laufe des Tages immer schlechter geworden zu sein schien. Er hatte keine Ahnung, ob sie bald auf das nächste Dorf treffen würden oder womöglich besser auf der Straße schlafen sollten, auch wenn das bei den niedrigen Temperaturen keine angenehme Nacht sein würde.
Ratlos lenkte er sein Pferd um eine weitere Kurve, in der Hoffnung hinter der nächsten Wegbiegung endlich Lichter oder den Rauch von Herdfeuern in der Ferne auszumachen, doch die Straße vor ihm blieb dunkel und einsam. Er fragte sich soeben, wann Daemon anfangen würde sich zu beschweren, doch es war Dannielles Stimme, die sich zuerst räusperte und dann sprach.
„Könnten wir vielleicht bald rasten? Es dämmert schon längst..." Sie sprach höflich und zaghaft, als hätten die Worte sie einiges an Überwindung und Mut gekostet. Kein Wunder, er hatte ihr heute ja auch keinen Anlass gegeben sich in seiner Anwesenheit wohl zu fühlen.
„Wir müssten doch weit genug weg sein, um wenigstens ein paar Stunden schlafen zu können..."
Mit geröteten Augen bewegte sich ihre Aufmerksamkeit von ihm zu Daemon und wieder zurück.
Jared schenkte seinem Freund einen kurzen Blick, der genauso erschöpft aussah wie Dannielle und wie er sich fühlte. Dann nickte er.
Jared ließ sich vom Pferd gleiten und schickte sich an der Lady beim Absteigen ebenfalls eine Hand zu reichen. Dankbar fiel sie ihm schon fast in die Arme. Jared ahnte, dass ihre ohnehin begrenzten Kräfte aufgezehrt sein mussten. In der Sekunde, in der sie in seinen Armen verweilte, flatterten ihre schweren Augenlider vor Müdigkeit.
"Feuer machen können wir vergessen, Jared." Daemons Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. "Es ist viel zu nass, kein trockenes Holz, kein vernünftiger Zunder." Sein Freund feuerte enttäuscht einen halb vermoderten Ast über den Weg.
"Wir können wenigstens einen kleinen Unterstand bauen, solange es noch ein bisschen Licht gibt", Jared warf skeptisch einen Blick zum Himmel. Es war fast bereits vollkommen dunkel. Regenschwere Wolken bedeckten das Firmament und hüllten Mond und Sterne in Finsternis. Sie mussten sich beeilen. Zumindest würden sie dann ein paar Zweige mehr vor Regen schützen, sollte in der Nacht welcher aufziehen.
Sie wählten einen Baum am Wegesrand mit tief hängenden Ästen und begannen, Zweige und sonstiges Holz dagegen zu lehnen, sodass ein kleines Dach entstand. Sogar die Lady half mit, zuletzt Zweige und Blätter aufzuschichten.
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Der Ring der Herzogin ✓
Ficción históricaEin Buch. Es ging um ein einziges, verstaubtes Buch. Es war weder besonders groß, noch besaß es außerordentlich viele Seiten. Es verfügte auch nicht über bunte handgemalte Bilder, noch hatte der Verfasser umfassendes Wissen der Kalligrafie besessen...