Kapitel 39 - Herzogstochter

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Die Kammer war klein. Die kahlen weißen Wände wirkten kühl und die spärliche Möblierung bestand bloß aus einem Bett, einem kleinen Tisch mit Schemel und einem Kruzifix an der Stirnseite des Zimmers, an der sich das einzige Fenster befand.

Daemon bemerkte die Veränderung, die in seinem Freund vorging, als Dannielle in das Zimmer trat und er ihr mit seinen Blicken folgte. Die Erleichterung über ihren kurzzeitigen Erfolg verflog so rasch, wie sie einer angespannten Unruhe Platz machte. Sein Kiefer zuckte. Daemon wollte ihm aufmunternd auf die Schultern klopfen, doch der gelangweilte, fast unbeteiligte Blick blieb. Ein Schatten schlich sich hinein, der Daemon ganz und gar nicht behagte.

„Wir laden Euch herzlich ein, dem Gottesdienst heute Abend beizuwohnen. Das Essen findet zur achten Stunde statt. Jemand wird kommen und Euch zu Tisch geleiten", unterbrach der Mönch Daemons Gedankengang.

"Selbstverständlich werden wir die heilige Messe besuchen, würdet Ihr meinen Dienern wohl ebenfalls ein Quartier zuweisen?" Ein liebenswürdiges Lächeln huschte über die Lippen der Lady. "Habt Dank für Eure Gastfreundschaft, Patre..."

„Patre Bernard", ergänzte der Mönch nüchtern. „Natürlich!" Der Kirchenmann nickte ihr zu, als er den Raum verließ. „Ruht Euch aus, damit ihr gestärkt den Segen Gottes empfangen könnt", mit diesen Worten schloss er Dannielles Tür und wandte sich den beiden vermeintlichen Dienern zu. „Wenn die werten Herren mir bitte folgen würden?" Mit diesen Worten setzte er sich in Bewegung und trottete gemächlich vor ihnen her.

Daemon folgte Jared und dem gedrungenen Mönch den Weg zurück in den kleinen Innenhof. Das Bild, das sich ihm bot, konnte gegensätzlicher nicht sein.

Der Mönch war klein, verhutzelt und schlurfte mit unregelmäßigen Schritten in seiner braunen Kutte, mit gesenktem Haupt daher, die Hände wie zum Gebet vor dem Körper gefaltet.

Sein Freund, groß gewachsen und mit erhobenem Haupt, dass man seinen Stolz nur allzu leicht mit Arroganz verwechseln konnte, eine Hand einer stillen Drohung gleich auf dem Griff seines Schwertes ruhend, die Falten seines schwarzen Umhangs bewegten sich bei jedem seiner gleichmäßigen, wachsamen Schritte, ehe er sich fragend zu Daemon umwandte.

"Was ist?", fragte Daemon irritiert, als sie an einem kleinen Brunnen haltmachten.

"Der Patre fragt, ob du dich waschen willst", übersetzte Jared spöttisch mit einem schadenfrohen Grinsen in der Stimme und Daemon erinnerte sich daran, dass er wohl einen besonders schmutzigen Anblick bieten mochte, seit er vom Pferd gefallen war. Dankbar tauchte er seine Hände in das eisige Nass und wusch sich den Rest des Schlamms vom Gesicht und aus den Haaren.

Er verstand seinen Freund nicht. Er selbst hatte Jared seltenst in ein Kloster bekommen, auch wenn diese Orte auf Reisen praktische Herbergen darstellen mochten. Jared hatte immer darauf bestanden, unter freiem Himmel zu schlafen, wenn es nicht gerade tiefster Winter war. Aus welchem Grund auch immer, Daemon hatte nicht mehr als vage Andeutungen oder bissige Kommentare erhalten und irgendwann hatte er es dabei belassen und sich mit dem ungefähren Halbwissen zufriedengegeben. Und nun folgte sein Freund diesem rothaarigen Teufel geradewegs hierher, ohne mit der Wimper zu zucken.

Daemon machte die Intensität seiner Blicke, wenn er Dannielle betrachtete beinahe Angst. Aber nur, weil er fürchtete seinen Freund an etwas oder jemanden zu verlieren, der es überhaupt nicht wert war. Es wäre nicht das erste Mal. Er fragte sich, wie lange Jareds Verliebtheit wohl noch andauern mochte, ehe er einsah, dass es nichts brachte. Adelstöchterlein interessierten sich nun mal nicht für dahergelaufene Straßenjungen.

Inzwischen waren sie wieder in einem der beiden Innenhöfe angelangt.

Der Mönch führte sie in den Stall und deutete dort auf den Heuboden.

Der Ring der Herzogin ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt