Kapitel 91 - Das Letzte

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Wen meinte er?

Es kostete den Herzog lediglich eine minimale Geste seiner Hand, ehe das Portal der Kirche ein weiteres Mal aufflog. Zwei Söldner schleiften eine junge Frau mit sich, die sich lautstark gegen die gewaltvollen Griffe der Sergeanten wehrte.

„Lasst mich!", keifte sie immer wieder mit ihrem markanten spanischem Akzent.

Der Duc griff sie beim Arm, schleuderte sie herum und hielt ihr seine Waffe an die Schläfe. Ihre wehrhaften Rufe verstummten jäh, als sie des kalten Metalls auf ihrer Haut gewahr wurde.

"Nein."

Dannielle erkannte die leise Hoffnungslosigkeit in der Stimme ihres Diebes und sie spürte, wie Daemon in ihrem Rücken kraftlos ausatmete. Der Herzog hatte wohl eine der wenigen Stellen getroffen, an der Jared zu treffen war.

„Was machst du hier?", fragte dieser schließlich an Lucida gewandt. "Ich habe dich angefleht zu vergessen, dass wir uns jemals begegnet sind. Ich..."

Der Herzog unterbrach seine Ansprache.

„Was sie hier tut?", lachte der hohe Herr spöttisch, „Sie ist dir gefolgt, um dein dreckiges Leben zu retten. Offenbar hat die Verliebtheit sie dazu getrieben. Wir werden einen Handel schließen. Meine Tochter und das Kästchen gegen deine dreckige Hure."

Dannielle zitterte inzwischen am ganzen Leib. Das kalte Eisen an ihrer Kehle ignorierte sie vollkommen. Sie hoffte inständig, dass ihr Dieb dem Herzog einfach das gab, was er verlangte und somit alles geregelt sein würde und sie endlich aus diesem Albtraum aufwachen konnte.

Doch gleichzeitig wusste sie, dass es niemals so einfach sein würde. Natürlich würde ihr Vater Jared und Daemon nicht einfach gehen lassen. Doch die klare und kalte Wut in Jareds Stimme überraschte sie, als er antwortete.

„Ihr bekommt es, nachdem ich sie bekommen habe!" Seine Stimme war leise und kühl, hallte keineswegs so laut in der Kirche wieder, wie die Worte des Ducs, verfehlte ihre Wirkung jedoch nicht.

„Du bist nicht derjenige, der hier die Bedingungen stellt. Leg die silberne Schatulle vor mir auf den Boden und tritt fünf Schritte zurück! Verstanden? Wenn du irgendwelche Tricks versuchst, wirst du es bereuen. Sofort!" Er presste den Lauf seiner Waffe noch fester gegen die Stirn des Whanaumädchens, welche einen spitzen Schrei ausstieß.

„Bitte...", wimmerte sie, „Bitte gib es ihm einfach." Tränen rannen über ihre Wangen und sie schluchzte. Dannielle stockte der Atem, auch wenn sie Lucida vieles übel genommen hatte, bangte sie nun doch um ihr Leben.

Zu ihrem Entsetzen sah sie Jared nicken. Er griff nach der Laterne, die Daemon auf der Grabplatte abgestellt hatte und setzte ergeben einen Fuß vor den anderen. In der Mitte zwischen den beiden Fronten blieb er stehen. Ihr war, als könnte sie seinen schnellen Herzschlag durch ihre eigenen Adern donnern hören.

Ihr Dieb bückte sich, um die Laterne abzustellen und legte in der gleichen Bewegung das einstmals silberne Kästchen vor sich auf den Fußboden. Dann richtete er sich auf und fixierte den Herzog mit seinen Blicken.

Gerard de Sansciel, Herzog von Brest nickte majestätisch und triumphierend. Absolute Stille herrschte in der Basilica. Dannielle wagte kaum zu atmen. Ihr Blick heftete sich irritiert auf Jareds rechte Hand, die er auf seinen Rücken gelegt hatte. Für Daemon bestimmt, wiederholten seine Finger eine hastige, eindringliche Abfolge geheimer Zeichen.

Mit einem heftigem Ruck stieß der Herzog Lucida von sich, sodass sie in Richtung Freiheit stolperte, direkt in die Arme, die Jared für sie ausbreitete.

Nur noch zehn Schritte. Nur noch fünf. Drei.

Dannielle hörte Daemons flüsternde Stimme in ihrem Ohr und verstand die Worte, die er sagte, in ihrem von Angst umnebelten Bewusstsein doch nur kaum. Was sie verstand war, dass sie schreien sollte. Eine Ablenkung. Jetzt.

Der Ring der Herzogin ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt