Gegen Abend erreichten sie eine kleine Stadt, in der Tenebros für sich und Dannielle in einem der gehobeneren Gasthöfe ein Zimmer mietete und Daemon und Jared schlichtweg überging. Er wusste nicht, ob die beiden schließlich mit ihrem eigenen Geld für das Essen bezahlt hatten, das ihnen vorgesetzt wurde oder ob sie es aus den Taschen der anderen Gäste zusammen gesammelt hatten. Es interessierte ihn auch nur am Rande.
Nachdem die beiden sich ohne zu fragen zu ihnen an den Tisch gesetzt hatten, folgte er missbilligend ihrem Gespräch, welches sich um ihre erste warme Mahlzeit seit Tagen drehte. Schließlich wandte er sich Dannielle zu, anstatt seine Meinung kundzugeben.
Diese widmete sich soeben ihrem Teller, auf dem sich noch ein kleiner Rest Soße befand, den sie mit einem letzten Stück Brot zusammenschob. Tenebros erschienen all ihre Bewegungen anmutig wie eh und je und mit großer Genugtuung stellte er fest, dass ihr das Mahl, welches er für sie beide bestellt und bezahlt hatte, außerordentlich gut geschmeckt haben musste. Sobald sie still ihren Teller leer gegessen hatte, erhob sie sich.
„Habt Dank für das Mahl. Wenn Ihr erlaubt, würde ich mich jetzt gerne zurückziehen, ich bin schrecklich müde. Ich wünsche Euch eine gute Nacht."
Tenebros widerstrebte der Blick, den sie den beiden Dieben zuwarf. Als wären die Drei Teil einer geheimen Verschwörung, zu der er keinen Zugang hatte. Er war kurz davor, Daemon für das freundschaftliche Nicken zu rügen, mit dem er Dannielle bedachte, das so voller zuversichtlichem Optimismus war, dass es auch einer Hure hätte gelten können. Doch als er des Lächelns und des Blicks des Diebes gewahr wurde, musste er sich zusammenreißen, nicht mit der Faust auf den Tisch zu schlagen und Jared zu einem Duell herauszufordern.
Die wortlose Verbindung, die zwischen ihm und Dannielle durch einen einzigen Blick entstand und die so vollkommen ohne weltliche Dinge wie Worte oder Körperkontakt auszukommen schien, brachte ihn vor Neid fast um den Verstand.
***
Dannielle begab sich in den ersten Stock, wo sich ihre angemietete Kammer befand.
Sie war um einiges besser, als die, in denen sie mit Jared und Daemon übernachtet hatte. Warme Wolldecken waren über die Matratzen ausgebreitet, es gab mit Federn gefüllte Kissen und sogar einen kleinen Kamin, in dem ein kleines Feuer prasselte. Dannielle öffnete das Fenster, um noch einmal frische Luft hineinzulassen und zog sich das Wollkleid vom Leib, faltete es ordentlich zusammen und hängte es über den Stuhl, der neben einem runden Tisch stand.
Darauf befand sich ein Tonkrug und Dannielle schenkte sich einen Becher voll Wasser ein, bevor sie das Fenster wieder anlehnte. Das Zimmer war überraschend sauber. Es schien ihr, als hätte sie beinahe schon vergessen, dass es auch noch etwas anderes gab außer Schmutz, Kälte, Gefahr und Hunger.
Für einen kurzen Moment gestattete sie sich, all die Annehmlichkeiten zu genießen, die ein liquider Gefährte mit sich brachte und Tenebros Anwesenheit mit all den Problemen, die damit einhergingen, auszublenden.
Dannielle ließ sich ins Bett fallen und streifte im Liegen ihre Stiefel ab. Eine Weile blieb sie so liegen und starrte die Decke an, bevor sie ihre Beine unter der Decke ausstreckte. Zu ihrer Freude hatte man heiße Steine an ihr Fußende gelegt, die das Lager gewärmt hatten, bevor sie zu Bett ging. Mit einem wohligen Lächeln auf den Lippen kuschelte sie sich in die warme Decke und noch bevor sie sich darüber bewusst wurde, dass sie die Augen geschlossen hatte, war sie eingeschlafen.
***
"Ich hole neue Getränke. Es kann nur einen Augenblick dauern, solange müsst ihr kurz durchhalten. Ich bin nicht eure Mutter, also Jungs, vertragt euch!"
Tenebros verdrehte angesichts der Worte die Augen, als Daemon sich von seinem Platz erhob und sich zwischen zwei Leuten hindurch an die Bar schob.
Der Dieb, dem er so sehr einen Strick um den Hals wünschte, wie selten einem Menschen zuvor, blieb unbeeindruckt mit ihm am Tisch sitzen. Er spürte seine Blicke auf sich ruhen.
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Der Ring der Herzogin ✓
Ficción históricaEin Buch. Es ging um ein einziges, verstaubtes Buch. Es war weder besonders groß, noch besaß es außerordentlich viele Seiten. Es verfügte auch nicht über bunte handgemalte Bilder, noch hatte der Verfasser umfassendes Wissen der Kalligrafie besessen...