Kapitel 27 - Ein Fest mit ungewissem Ausgang

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Dannielle erwachte rastlos. Sie hatte kaum geschlafen in der Nacht, hatte sich angespannt von einer auf die andere Seite gewälzt und war schließlich in einen unruhigen Schlummer gefallen. Nun war sie wach und dankbar für das erste Tageslicht, das das Ende der Nacht ankündigte. Sie wünschte sich, dass der Tag ebenso vorbei wäre, genauso wie der Empfang und die Entscheidung, die sie würde treffen müssen.

Entschlossen schwang sie die Beine über die Bettkante und zog sich einen Morgenmantel über. Da es noch so früh am Tag war, entschied sie sich der Bibliothek einen besuch abzustatten, um ihr gelesenes Buch wieder zurückzubringen.

Gerade als sie das Schriftstück an seinen Platz im Regal zurückgestellt hatte, fiel ihr Blick auf einen unregelmäßigen Schatten in den Reihen der Regale. Dannielle hob die Augenbrauen. Eines der Möbelstücke schien leicht vorgerückt und nicht länger in einer geraden verbundenen Linie mit den anderen zu stehen. Vorsichtig legte sie ihre Hand auf das dunkle Holz und zuckte zurück, als es sich unter ihrer Berührung wie auf einer Schiene bewegte. 

Gespannt lauschte sie. 

Die Stille des Gemäuers hüllte sie ein. Kein einziger Diener, kein Herzog, der ihr Tun beobachtete. Entschlossen legte sie beide Hände an die Kante des Regals und zog, bis das Regal wie eine Tür geräuschlos zur Seite glitt und einen verborgenen Teil der Bibliothek enthüllte. Dannielle hielt den Atem an. Doch noch immer vernahm sie nichts als die schweigsame Gesellschaft der Räumlichkeiten. 

Vorsichtig trat sie ein. Die endlosen Reihen der Regale schienen sich hier fortzusetzen und als sie genauer hinsah, erkannte sie, dass die wirklich wertvollen Folianten hier in diesem verborgenen Alkoven aufbewahrt wurden. Vergoldete Lettern zierten die ledernen Einbände und Buchrücken der Schriftwerke und schließlich sah sie auf einem kleinen Tisch ihr Buch mit dem silbernen Verschluss und dem verblassten Tintenfleck, sowie ein Pergament liegen. Sie hatte dem Herzog das Buch vor ein paar Tagen ausgehändigt, da er es von dem Feinmechaniker hatte untersuchen lassen wollen, der den Verschluss einst angefertigt hatte. Vorsichtig trat sie näher, ihre Aufmerksamkeit war geweckt. Als sie das Pergament anhob, um es im sanften Tageslicht, das durch die Fenster hereinfiel, zu studieren, rutschten zwei weiße Wachsstücke davon herunter und landete mit einem Klacken auf dem Tisch.

Danielle betrachtete das Pergament.

Es stellte eindeutig irgendeinen Mechanismus dar. Es waren filigrane Zahnrädchen und sich verschiebende Riegel darauf abgebildet. Pfeile, die in verschiedene Richtungen zeigten. Und schließlich fiel ihr Blick auf eine Darstellung des Wappens auf ihrem Siegelring.

Dannielle überlegte, doch ihre Gedanken wurden immer wieder abgelenkt.

Sie griff nach dem Wachs, um es zu betrachten und realisierte, dass es sich um einen zerbrochenen Klecks handeln musste. Andächtig fügte sie die beiden kleinen Teile wieder zu einem Ganzen zusammen. In ihren Händen formte sich der Abdruck ihres Siegelringes.

Ihre Augen weiteten sich kurz, als sie ihr Wappen erkannte.

Wie war das möglich?

Jared war hier. In Frankreich. Und mit ihm auch der Ring. Alles war möglich.

Ihr stand eine Entscheidung bevor, sollte sie heute Abend mit ihm gehen oder sollte sie hier bleiben? Ihn in einen Hinterhalt locken, damit er endlich eine gerechte Strafe für seine Taten erhielt und Tenebros ins Vertrauen ziehen, damit dieser sie bei ihrem Vorhaben unterstütze?

Der Dieb hatte die Entscheidung für sie jedoch offenbar bereits getroffen.

Danielle griff wahllos nach einem anderen Buch, faltete das Pergament zweimal mittig und ließ es zwischen den Seiten verschwinden. Dann drückte sie ihr Buch an sich und verbarg es hinter dem anderen, sodass es niemand würde erkennen können, wem auch immer sie auf dem Flur begegnete.

Der Ring der Herzogin ✓Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt