Die Luft war noch kühl und feucht vom Regen, der in der Nacht gefallen war und das Gras war voll von Tautropfen. Ein leichter schleierartiger Nebel hing über der Wiese. Jared reckte und streckte sich, ließ die Kühle des Windes über seine Haut streichen und seinen Kreislauf beleben, ehe er sein Hemd überzog und sich auf den Weg machte, Daemon und Dannielle mit dem Abbau des Zeltes zu helfen.
Wie er es jeden Morgen tat.
Wie er es sich jeden Morgen selber erlaubte.
Wie er jeden Morgen an nichts anderes denken konnte, bis er sie erblickte und sich nach ihrer bloßen Anwesenheit sehnte, wie ein Ertrinkender nach einem Atemzug. Sein Verstand verzerrte sich nach ihr und trieb ihn des Nachts in den Wahnsinn. Sein Herz zersprang jedes Mal in tausend kleine Teile, wenn ihr von Trauer erfüllter Blick ihn streifte. Sein Innerstes schrie und tobte wie die See in einem wütenden Sturm, wenn er sich umwandte, um ihr den Rücken zu kehren.
Und mit jedem Tag, der verging, wurde es schlimmer.
Die Stimme des Wahnsinns versuchte er zu ignorieren.
Lucida gelang es jede Nacht weniger, die tausend Splitter seines Herzens wieder eins werden zu lassen. Und die Ketten und Fesseln, die er dem Sturm in seinem Inneren anzulegen versuchte, klirrten und ächzten, als wären sie kurz davor zu zerreißen.
Noch bevor er um die Ecke eines Zeltes bog, hörte er ein amüsiertes Lachen.
Er erstarrte.
Dannielles unbeschwertes Gelächter erfüllte die Luft, während sein Freund sie von hinten mit den Armen umschlungen hielt und sie zu ärgern schien.
„Lass mich los!", konnte Jared unter dem Gekicher heraushören, doch Daemon schien nicht im Traum daran zu denken.
„Hör auf, wir müssen das Zelt abbauen!", versuchte Dannielle ihn wiederum zu überzeugen, doch bald erstickten ihre Versuche in weiterem Gekicher, da Daemon sie nur noch mehr zu ärgern begann.
Sie schienen ihre Freude zu haben und ihn keinesfalls zu vermissen.
Er wollte erleichtert ausatmen. Es würde nicht mehr lange dauern und sie würde von ihm erlöst sein, sicher vor ihm sein und ihm endlich den Rücken kehren.
Doch alles, was sich seiner Kehle entrang, war ein leises Geräusch, das an das bösartige Knurren eines Wolfes erinnerte.
Er formte es so, dass es sich in ein verhaltenes Räuspern verwandelte und lenkte so die Aufmerksamkeit der beiden auf sich. Zögernd schritt er zu den beiden hinüber.
Unentschlossen glitt sein Blick von Dannielle zu Daemon und wieder zurück.
„Guten Morgen..." Ein falsches Lächeln lag auf seinen Lippen, das er sich selber nicht abgekauft hätte.
Daemon hielt Dannielle noch immer mit seinen Armen umschlungen. Und er sah nicht aus, als würde er sie loslassen wollen.
„Bonjour, mon ami! Fromage." Guten Morgen, mein Freund! Käse, gab er in gebrochenem Französisch zurück. Er grinste über beide Ohren, weil er offenbar stolz war, dass er die Worte fehlerfrei ausgesprochen hatte.
Dannielle räusperte sich, entwand sich dann doch schließlich aus Daemons Griff und strich ihr Haar aus der Stirn.
„Oh, der feine Herr begibt sich zum Fußvolk, um beim Abbauen der Zelte großzügiger Weise zu helfen!"
Die Schärfe ihrer Stimme versetzte ihm einen Stich, von dem er wusste, dass er ihn mehr als verdient hatte.
"In keinster Weise, ich wollte euch zusehen, wie ihr euch abmüht."
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Der Ring der Herzogin ✓
Tarihi KurguEin Buch. Es ging um ein einziges, verstaubtes Buch. Es war weder besonders groß, noch besaß es außerordentlich viele Seiten. Es verfügte auch nicht über bunte handgemalte Bilder, noch hatte der Verfasser umfassendes Wissen der Kalligrafie besessen...