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POV: Jessica

"Hey Jessie,
ich danke dir vielmals für das Angebot,
aber schon vom Weg her kann ich
mir das nicht vorstellen. Ena hat dir
bestimmt von unserem Treffen und ihrer
Idee erzählt, ehrlich gesagt konnte ich mich
da schon nicht mit dem Gedanken anfreunden.
Sei bitte nicht enttäuscht von mir."

Ich atmete tief durch und legte mein Handy auf dem Schreibtisch im Büro ab. Melina wäre jetzt wirklich eine sehr große Hilfe gewesen, wenn ich schon ab Mitte Februar in Berlin die Stellung übernehmen soll. Was für mich noch schwerer war, auf die Schnelle in Berlin eine Wohnung zu finden, die nicht schlecht lag. Wieder durchforstete ich sämtliche Portale im Internet; meine Ansprüche hatte ich schon deutlich heruntergeschraubt. Vor nicht mal einem Jahr habe ich meine große Wohnung in Göttingen bezogen, da kam mal kurz der Gedanke einer Zweigstelle auf und jetzt bin ich an dem Punkt angekommen, wo ich schon daran Zweifel schürte. Nach einer halben Stunde lehnte ich mich in dem Stuhl zurück und atmete tief durch. - Sind meine Ansprüche wirklich noch so hoch, dass ich keine Wohnung finde? - In meiner Handtasche auf dem Fußboden kramte ich nach meinen IQOS. - Verdammt. - Etwas verzweifelt stützte ich meine Ellbogen auf die Tischplatte und meinen Kopf auf meine Hände, es klopfte an der Bürotür. "Nein!", sagte ich verzweifelt, doch es klopfte erneut. "Jetzt nicht!", mein Ton war straffer als bei meiner Aussage zuvor. Wieder klopfte jemand an der Tür. Genervt erhob ich mich von meinem Stuhl. "Soll ich dir das nochmal ins Gesicht sagen?!", rief ich, als ich auf die Tür zu lief. Energisch griff ich zur Klinke und riss die Tür auf. "Ich hoffe doch nicht.", sagte Lukas und sah mich schmunzelnd mit großen Augen an. "H... Hey Schatz...", sagte ich überwältigt. "Ich dachte, du bist am Proben, was machst du hier?", fragte ich und bat ihn herein, hinter ihm schloss ich die Tür des Büros. "Ich habe mir in den letzten Tagen ein paar Gedanken gemacht und hatte in der Nähe einen Termin; da konnte ich das gleich mit Göttingen verbinden. Obwohl ich mir die Begrüßung etwas anders vorgestellt habe.", lachte er leicht. Noch immer stand ich vor ihm, seine Hände fanden meine Hüften, fest zog er mich an sich heran, in einen intensiven Kuss. "So und jetzt sagst du mir, was los ist, Süße.", er strich mir über den Kopf. "Ich bin wieder auf Wohnungssuche, aber mir sitzt die Zeit im Nacken und die Richtige war auch noch nicht dabei.", jammerte ich. Lukas nahm auf dem Stuhl vor dem Schreibtisch Platz und zog mich auf seinen Schoß. "Mäuschen, ich weiß und ich kann auch verstehen, dass du deine eigenen vier Wände möchtest, aber...", sagte er. Meine Augen wurden größer und ein wenig Angst breitete sich aus. "Wie wäre es, wenn du bei mir einziehst?", fragte er. "Lukas... Schatz... ich weiß nicht so recht, wir sind noch nicht lange zusammen. Was ist, wenn...", er zog mich in einen intensiven Kuss, welcher mir ein Gefühl von Sicherheit gab; die Geborgenheit spürte ich, sobald Lukas in meiner Nähe war. "Du weißt auch, welche Knöpfe du drücken musst.", verdrehte ich meine Augen. "War das ein 'Ja'?", fragte er mit einem überzeugten Blick. "Du hast doch selbst gesagt, dass du kein 'Nein' hören willst.", sagte ich leicht amüsiert und ließ mich auf das Angebot meines Partners ein.

Noch bei meiner Werkstatt setzte er sich mit der Verwaltung in Verbindung, dass zeitnah ein Untermietvertrag aufgestellt werden sollte. Ursprünglich wollte er mich direkt in den Mietvertrag aufnehmen, was ich aber ohne negative Hintergedanken ablehnte.
"Die machen alles fertig und schicken es mir zu, du musst nur noch unterschreiben.", sagte Lukas, nachdem er das Büro wieder betreten hatte. "Wir müssen dann nur noch deine restlichen Sachen zu mir, besser gesagt, in unsere Wohnung schaffen.", stumm nickte ich und sah ihm von meinem Stuhl am Schreibtisch aus an. "So wenig Begeisterung habe ich bei dir noch nie gesehen, Mäuschen."
"Alles gut, ich freunde mich gerade auch schon mit dem Gedanken an, bald an einem Klingelschild 'Strobel/Winkler' lesen zu dürfen. Mir fehlt immer noch eine weitere Fachkraft und ich muss recht schnell einen Nachmieter finden. Ich habe sonst keine Ahnung, wie ich es noch schaffen soll, meine Wände wieder weiß zu bekommen und meine ganzen Möbel inklusive Küche schneller loszuwerden.", sagte ich und seufzte.
"Ich denke, ein Nachmieter findet sich für diese Wohnung sehr schnell. Leider habe ich auch niemanden an der Hand, den ich dir als Arbeitnehmer vorschlagen könnte.", Lukas fuhr sich durch seine Haare und sah mich mit leicht gesenktem Kopf an.
"Du hast doch schon mehr als genug getan, immerhin kannst du dir jetzt deine ruhigen Abende abschminken.", lachte ich. "Ich besorge nach meiner Schicht ein paar Umzugskartons und frag die anderen, ob sie am Wochenende Zeit zum Packen und Fahren hätten."
"Sehr gut, kann ich trotzdem noch irg..."
"Schatzl... Du hast wirklich schon genug getan. Bald geht deine Tour los und jetzt willst du noch einen Umzug quer durch Deutschland übers Knie brechen. Das ist wirklich viel mehr, als man denken kann."
"Okay, aber..."
"Lukas!", sagte ich ernst und zog meine Augenbrauen hoch.
"Ist ja gut, Mäuschen. Ich bin am Freitagabend bei dir, dann ruhen wir uns nochmal schön aus und am Samstag fangen wir an.", Lukas atmete tief durch und sah mich erwartungsvoll an.
"Das klingt nach einem Plan und jetzt...", lachte ich leicht.
"Mache ich mich bis Freitag wieder wegen der Tour verrückt, ich hab ja schon verstanden.", ein lautes Lachen entfleuchte mir. Lukas kam auf die andere Seite des Schreibtisches und beugte sich zu mir herunter. Mit einem langen, liebevollen Kuss verabschiedeten wir uns.

Verloren - 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt