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POV: Jessica

Wahrzunehmen, wie die Trauer meinen Partner einholte, zerriss mir weiter das Herz. Das leise Schluchzen, was ich von Lukas vernahm, machte die Situation für mich noch viel schlimmer. "Es tut mir so leid, dass ich nicht eher mit dir darüber gesprochen habe.", wisperte ich und legte meine Hand an seine Wange.
"Ändern können wir das nicht, aber tu mir das bitte nie wieder an, Jessica.", flüsterte er und ergriff meine Hand. "Kannst du dir ausmalen, welche schlimmen Gedanken mich geplagt haben?", sprach er wieder beherrscht. Ich legte meine Arme über seine Schultern und zog Lukas fest an mich, ich atmete tief durch.
"Ich kann nicht in Worte fassen, wie leid mir das tut, Lukas.", flüsterte ich und löste mich langsam aus seinen Armen. "Kannst du mir das irgendwie verzeihen?", traurig blickte ich in seine blauen Augen.
"Mäuschen, ...", allein schon, dass er mir meinen Kosenamen recht ruhig entgegenbrachte, ließ mich entkrampfen. "dass mich das traurig stimmt, ist wohl mehr als verständlich, aber du gehörst zu mir. Bitte spreche die Dinge in Zukunft gleich an und wenn du mir am Telefon, während meine Vorband spielt, mitteilst, dass du einen Schnupfen bekommst, was weiß ich... Du bist doch sonst nicht auf den Mund gefallen."
"Ich wollte doch nur ein wenig Rücksicht nehmen.", sprach ich kleinlaut.
"Aber nicht bei Dingen, die uns beide betreffen, sei es gegenwärtig oder in Zukunft.", sagte er ruhig. Ich konnte wieder die Wärme in seiner Gegenwart spüren und auch annehmen, befreit und ein wenig zufriedengestellt blickte ich ihn an. "Weißt du, wie sehr ich das vermisst habe?", fragte er leise.
"Was hast du vermisst?", fragend sah ich ihn an.
"So einen Ausdruck in deinem Gesicht, dein Blick hat mich seit langem nicht mehr so beruhigt."

POV: Lukas // Alligatoah

Mein betrübter Blick hielt sich in dem dunklen Schlafzimmer an Jessica fest, welche mittlerweile einen ruhigen Schlaf gefunden hatte. Ich drehte meinen Kopf in die Richtung der Decke des Zimmers und rieb mir meine schmerzenden Augen. Nachdem ich tief durchgeatmet hatte, schloss ich meine Augen und versuchte nach den vergangen Stunden wieder meinen Schlaf zu finden. - Ena... Tim... - Schnell schlug ich meine Augen auf und versuchte mich so leise, wie es mir möglich war, aus dem Bett zu stehlen.
Von der Kommode im Flur nahm ich mein Handy und kniff bei dem hellen Aufleuchten des Bildschirms meine Augen zusammen. Ich sah bereits mehrere Nachrichten von Ena, welche sie in den vergangenen zwei Stunden gesendet hatte. Ich entsperrte es und öffnete den Chat bei WhatsApp, *online* las ich unterhalb ihres Namens. Gerade als ich beginnen wollte, eine entschuldigende Nachricht einzutippen, erschien das Banner eines eingehenden Anrufes von Ena.

"Hey, warte kurz.", flüsterte ich beinahe stumm und schloss vorsichtig die Tür des Schlafzimmers, um Jessica nicht versehentlich zu wecken. "Tut mir leid, Kleines, wir setzen uns morgen, direkt nachdem wir aufgestanden sind, in das Auto und kommen nach Bielefeld."
"Alles gut, Basti hat gerade nochmal angerufen. Tim muss erstmal eine Weile im Krankenhaus bleiben, aber es soll nicht lebensgefährlich sein. Er liegt aber in Braunschweig, da es vom Unfallort aus die nächste Möglichkeit war.", Ena klang ruhig und erleichtert. Ein Hauch von Erschöpfung, geschuldet der nervenaufreibenden Situation, war ebenfalls deutlich zu hören.
"Kannst du mir sagen, was überhaupt passiert ist? Warum waren die drei denn noch unterwegs?", hakte ich nach.
"Tim hatte mich nur kurz geweckt, weil sie zu Steven fahren wollten. Gegen halb elf rief mich Igor an, dass sie einen Autounfall hatten. Was passiert ist, weiß ich noch immer nicht. Tim geht es soweit gut und das beruhigt mich gerade ungemein.", Ena atmete tief durch. "Meine Mom ist jedenfalls gerade angekommen und bleibt auch erstmal da, sollte doch etwas sein, ob nun mit Tim oder mit mir. Basti und Igor kommen heute Nacht bei Steven unter und ich fahre morgen auch nach Braunschweig, um Tim zu besuchen.", sie räusperte sich kurz und atmete noch einmal tief durch. "Kannst... Kannst du mir jetzt sagen, was mit Jessica ist?", zögernd fragte sie nach.
"Jessie ist... Ähm... Ena... Sie soll dir selber sagen, warum sie sich aktuell so verhält...", ich fuhr mir durch die Haare und blickte auf den Fußboden.
"Lukas? Du weinst...", merkte Ena kurz an und ich wurde stumm. Ich konnte hören, wie sie wieder nach mir fragte, doch ich konnte in diesem Augenblick auch nachvollziehen, wie es Jessica in den letzten Monaten erging. "Habt ihr Schluss gemacht?", ich atmete tief durch und lief leise im Flur umher.
"Nein, wir haben uns nicht getrennt... Wir... Sie... Wir kommen morgen in das Krankenhaus und dann wird sie es dir erzählen, ich lege das jetzt so fest.", bestimmte ich in einem ernsten Tonfall. "Bis morgen.", abrupt legte ich auf und atmete wieder tief durch. Ich war mit all meinen Emotionen restlos überfordert, über meine Wange lief eine brennende Träne, welche den Ballast der vergangenen Wochen beinhaltete. Als ich wieder tief ausatmete und versuchte, mich weiterhin zu beherrschen, überkam es mich. "Fuck!", schrie ich schmerzerfüllt und warf mein Handy an die mir gegenüberliegende Wand. 

Verloren - 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt