-11-

43 4 0
                                    

POV: Steven // Sudden

Auf meinem Couchtisch hatte ich eine schmale, durchsichtige Vase mit drei Rosen aufgestellt. Links und rechts davon standen zwei rote Tafelkerzen. Der kleine Tisch für das Frühstück war eingedeckt, zum Schluss stellte ich noch die aufgebackenen Brötchen dazu.
An Melinas Tür klingelte ich und wartete freudig, dass sie mir öffnete. Fertig angezogen, mit ihrer Tasche auf der Schulter und ihrem Handy in der Hand, öffnete sie mir und sah mich mit einem fragenden Blick an. Ich sah sie mit großen Augen an und traute mich gar nicht zu fragen, was sie vorhatte.
"Hase? Ähm... Sind wir verabredet?", fragte sie zögernd.
"Ich... Ähm... Also ich habe Frühstück für uns gemacht.", leicht verwirrt gestikulierte ich mit meinen Händen und verwies schlussendlich auf die Treppenstufen.
"Oh... Tut mir leid, aber ich bin mit meinem Vater zum Brunch verabredet. Wir haben gestern Abend telefoniert und das recht spontan entschieden.", entschuldigend sah sie mich an.
"Achso... Ja... Also...", ich wollte meine Enttäuschung nicht offen zeigen, da ich mich auch für Melina freute, dass sie den Kontakt zu ihrem Vater so gut aufrechterhielt.
"Du kannst auch gern mitkommen, wenn du das willst.", diese Aussage ließ mich wie das fünfte Rad am Wagen fühlen.
"Alles gut, macht... Macht ihr mal.", lachte ich leicht. "Ihr habt ja auch noch genug nachzuholen. Ich... Ähm... Wir sehen uns dann heute Abend, oder?", fragte ich mit hochgezogenen Augenbrauen.
"Aber natürlich, ich melde mich.", sagte sie. Melina kam mir näher, strich mir über meine Wange und küsste mich zärtlich.

POV: Timi

Beim Floristen hielt ich mich länger auf als geplant. Nachdem ich zum Valentinstag für Ena sechs rote Rosen besorgte, lief ich mit Heisenberg zurück zum Haus. Mit dem Bund in der Hand kam ich die Straße entlang und sah vor meinem Haus einen weißen Ford Kuga parken. "Nein... Nein... Nein... Nicht schon wieder.", sagte ich genervt und atmete tief durch, als ich das Holztor fasste. "Du treibst mich in den Wahnsinn, merkst du das nicht?", hörte ich Ena durch das geöffnete Fenster rufen. Ich blieb stehen und blickte zu Heisenberg herunter, welcher gebannt auf die Haustür sah. "Wollen wir uns das wirklich antun, Kumpel?", fragte ich leicht lachend. "Ich verbiete dir, mir so einen Ton entgegenzubringen, Fräulein.", die schrille Stimme von Elisa ging mir durch Mark und Bein. Heisenberg trottete auf die Tür zu und bellte diese an. Augenrollend begab ich mich in seine Richtung und öffnete die Tür. "Ich bin zurück.", sagte ich gespielt freudig und lief mit dem Rosenbund in das Wohnzimmer. Ena und Elisa standen sich verärgert gegenüber, würdigten sich keines Blickes. "Was ist hier los?", fragte ich tief seufzend.
"Mama will hier wieder einziehen, weil sie bei Jess niemanden auf den Sack gehen kann.", Ena fuhr sich durch ihre Haare und sah mich Hilfe suchend an.
"Tim... Was sagst du denn dazu?", voller Erwartungen sah meine Schwiegermutter mich an.
"Elisa... Ähm...", begann ich, während sich ihre Augen weiteten. "Nimm es mir bitte nicht übel, aber..."
"Aber wir haben uns doch so gut verstanden.", flehte sie beinahe.
"Ich denke, dass es vielleicht nicht so gut ist, beziehungsweise kann ich mir nicht vorstellen, dauerhaft mit meiner Schwiegermutter unter einem Dach zu leben. Uns waren ja schon zwei Tage zu viel.", lachte ich bei meinem letzten Satz leicht und kratzte mich am Hinterkopf. Enttäuscht senkte sie ihren Kopf und ließ sich schweigend auf dem Sofa nieder.

POV: Lukas // Alligatoah

Genervt trat ich am frühen Abend den Heimweg nach der Probe an. - Was auch immer mit der Technik nicht stimmt, es muss so schnell wie möglich wieder funktionieren. -
Ich öffnete die Tür der Wohnung, keine Lampe war an und es herrschte absolute Stille. "Mäuschen? Ich bin zu Hause.", sagte ich mit leicht trockener Stimme. Ich schaltete das Licht im Flur ein und sah einen Zettel, der an die Innenseite der Eingangstür geklebt war. *Bin am See.*, las ich ab. Kurzentschlossen öffnete ich wieder die Tür und begab mich zu meinem Wagen.

Auf einem Schotterplatz nahe dem Tegeler See stellte ich meinen Wagen neben dem von Jessica ab und sah mich kurz um.
Die Autos von Jessica und mir waren die Einzigen, welche ich sehen konnte. Ich machte mich auf den Weg zu ihrem Lieblingsplatz, den sie mir in der Zeit nach dem Abschlusskonzert gezeigt hatte.

Der feine Staub, den ich durch meine Schritte auf dem Weg aufwirbelte, setzte sich an meinen weißen Turnschuhen fest und wegen der frischen Brise in der Luft schloss ich meine Jacke. In der Ferne, unter den mir bekannten drei Bäumen, sah ich warmweißes Licht. Je näher ich diesem kam, umso lauter wurde der Gesang von Jessica.

"Das hier ist deiner, meiner,
Kleiner-Finger-Schwur

Du bist für mich stark, wenn ich keine Kraft hab
Hältst mich zusamm'n, was sonst niemand schafft
Suche ich Schutz, wirst du riesengroß..."

Sie saß mit dem Rücken mir zugewandt, auf einer großen ausgebreiteten Picknickdecke. Während sie sang, hielt sie ihren Blick an der großen Kerze mit drei Dochten fest. Langsam lief ich um Jessica herum und sah sie zufriedengestellt an. Ihr Blick schweifte von der lodernden Flamme ab; langsam verstummte sie und ihre Augen suchten meine. "Hallo, mein Schatz.", sagte sie ruhig und erhob sich vom Boden. Jessica setzte einen Schritt auf mich zu, die Gitarre hielt sie noch fest im Griff. Ihre linke Hand legte sie an meine Taille und sie hob ihren Kopf; unsere Lippen vereinten sich zu einem leidenschaftlichen Kuss. "Wie war dein Tag?", fragte sie sanft. "Du bist auch hier, um abzuschalten, oder?", ich zog meine Augenbrauen nach oben, ein kleines Lächeln umspielte meine Lippen. "Klingt ja nicht so toll.", ihr Blick wechselte und sie sah mich besorgt an. "Lass uns jetzt nicht darüber reden, wir genießen einfach diesen Moment. In Ordnung?", erwartungsvoll sah ich sie an. Jessica nickte und ließ sich wieder auf der Decke nieder; ich tat es ihr gleich und setzte mich im Schneidersitz neben sie. Ich sah in ihr Gesicht, welches vom warmen Licht der Kerze beschienen wurde. Jessica sah mich glücklich an, sie war ruhig und strahlte eine gewisse Zufriedenheit aus. "Worüber denkst du nach?", fragte sie und legte mir ihre rechte Hand auf meinen Oberschenkel. "Weißt du, was mir letztes Jahr genau an diesem Ort bewusst geworden ist?", ich strich sanft über ihre Wange, nachdenklich deutete sie ein Kopfschütteln an. "Als wir letztes Jahr auf der Bank saßen, lagst du in meinem Arm... Sowie ich dir in die Augen sah, wurde mir klar, dass ich bereits in dich verliebt war." Nichtssagend mit einem Funkeln in den Augen, sah Jessica mich an. "Wieder einmal hast du es geschafft, dass mir die Worte fehlen.", sie senkte kurz ihren Blick und sah mich wieder an. "Dann sag einfach nichts, Mäuschen.", ich beugte mich in ihre Richtung und zog Jessica in einen fordernden Kuss.

Verloren - 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt