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POV: Ena

"Mhhh... Gehst du?", grummelte Tim am frühen Morgen im Halbschlaf, als es klingelte.
"Du liegst viel näher an der Tür.", sagte ich verschlafen und zog mir die Decke über den Kopf.
"Wir bleiben einfach liegen, vielleicht gehen die wieder.", Tim streckte sich kurz und drehte sich zu mir herum, sein Arm fand Platz um meinen Körper, oberhalb der Bettdecke. Wieder schellte es an der Haustür.
"Ich geh schon...", sagte ich genervt und erhob mich aus dem Bett.
"Babe...", gähnte er wehleidig und tastete hörbar meine Seite des Bettes ab. Erneut nahmen wir die Klingel wahr. - Ich hacke dem gleich die Finger ab! -
"Bin doch gleich zurück.", ein sanfter Kuss traf seine Wange. Im Vorbeigehen nahm ich meinen Morgenmantel vom Haken am Schrank und zog ihn mir auf dem Weg nach unten über.

"Was?!", schwungvoll öffnete ich genervt die Tür und sah in die Gesichter meiner Eltern. "Ihr wisst, dass ich euch liebe. Könnt ihr mir mal sagen, warum ihr uns am Mittwochmorgen um halb sieben so weckt?", verschlafen kratzte ich mich am Hinterkopf.
"Ich hab' doch gesagt, dass wir die beiden jetzt nicht stören sollten.", seufzte mein Vater strapaziert und rollte mit den Augen.
"Ach, was du wieder sagst...", sprach meine Mutter genervt.
"Ist ja wieder klar, was ich sage, ist egal. Nur deine Meinung zählt.", mein Vater verschränkte seine Arme.
"Klappe!", schrie ich und griff mir ermattet an meine Schläfe.
"Was geht denn hier ab?", schlaftrunken kam Tim in seinen Boxershorts die Treppe heruntergelaufen.
"Tim...", stieß mein Vater begrüßenswert aus.
"Moin... Sorry, meine Begeisterung hält sich um solche Zeiten dezent in Grenzen.", er streckte sich, von hinten, umfasste er meine Hüften und legte seinen Kopf auf meine linke Schulter.
"Siehst du... Jetzt haben wir die beiden geweckt und ihnen den Tag versaut.", mit einem vorwurfsvollen Ton sprach mein Vater und sah meine Mutter an.
"Jetzt ist aber gut, Frank. Ena musst du nicht langsam aufstehen, um zur Arbeit zu fahren?", meine Mutter sah mich durchdringend an und stützte ihre Arme in ihre Hüfte.
"So hörst du unserer Tochter zu. Sie arbeitet von zu Hause aus und hat eine recht flexible Arbeitszeit.", Tim griff nach der Haustür und schmiss diese genervt zu.
"Babe...", sagte ich fassungslos und drehte mich zu ihm herum.
"Kaffee? Kippe? Schlafen können wir jetzt eh nicht mehr.", sagte er und atmete tief durch, als das Schellen an der Haustür wieder begann.
Seufzend nickte ich, während wir dauerhaft das Klingeln hörten. "Soll ich die Klingel abstellen oder wollen wir uns den Morgen weiter versauen lassen?", lachte er.
"Schatz, es sind immer noch meine Eltern.", antwortete ich leicht amüsiert und drehte mich wieder zu der Tür um.

"Reinkommen, hinsetzen und dann seid ihr ruhig, bis ich sage, dass ich aufnahmefähig bin.", wies ich meine Eltern an und ließ sie an der geöffneten Tür stehen. In der Küche nahm ich eine weitere Tasse aus dem Hängeschrank und stieß Tim mit meiner Hüfte an seiner. "Voller wird deine Tasse nicht, Schatz.", ich atmete tief durch und blickte quasi durch die Wand ins Wohnzimmer. Tim nahm seine Tasse aus dem kleinen Vollautomaten, ging einen Schritt zur Seite und öffnete den Kühlschrank, um mir die Milch herauszugeben. Dankend nahm ich ihm den Milchkarton ab und sah ihn mit aufeinander gepressten Lippen an. Er öffnete das Küchenfenster und lehnte sich mit einer Zigarette am Mund über das Fensterbrett. Nachdem er einen Schluck vom Kaffee getrunken hatte, sah er mich über seine Schulter an. "Hast du sie eingeladen?", fragte er und gähnte leicht.
"Wenn ich meine Eltern einlade, dann bestimmt nicht um Zeiten, zu denen ich nicht mal Heisenberg zum Gassigehen wecken würde.", ich verdrehte meine Augen und zog mir ebenfalls eine Zigarette aus der Schachtel. Tim atmete tief durch und blickte wieder aus dem Fenster.

Nachdem er die Zigarette im Aschenbecher auf dem Fensterbrett ausgedrückt hatte, hauchte er mich einen Kuss auf die Schläfe. "Ich geh' mal duschen und mir was anziehen.", sagte er und lief aus der Küche.

Auf dem u-förmigen Sofa nahm ich mit der kuscheligen Decke zwischen meinen Eltern Platz und sah beide abwechselnd an. "Also... Es ist jetzt kurz nach sieben, warum seid ihr vor fünf losgefahren, um uns heute aus dem Bett zu klingeln?", fragte ich genervt und lehnte mich zurück. Lautstark begannen sie beide durcheinander zu sprechen und die Diskussion fortzusetzen. Ich zog mir die Decke über den Kopf in der Hoffnung, dass mein Wecker bald klingeln und dieser Alptraum ein Ende haben würde. "... Mal dasselbe mit dir, Elisa. Ena, sag doch auch mal was.", sagte mein Vater. Als ich unter der Decke hervorkam, sahen mich meine Eltern erwartungsvoll an.

"Ihr wollt meine Meinung dazu wissen?", fragte ich und sie nickten stumm. "Erstens, wenn das bei der Paartherapie genau so ablief, habt ihr dem Dude eindeutig zu wenig gezahlt. Zweitens, wäre meiner Meinung nach eine räumliche Trennung das Beste, eh ihr euch noch umbringt.", ich atmete tief durch. Es herrschte Stille, welche kurze Zeit später durch das Knarzen der Treppenstufe gestört wurde.

"Schön... Ruhe...", lachte Tim kurz. "Und?"
"Gut, Frank. Ich ziehe aus.", ungehalten sprang meine Mutter vom Sofa auf und stürmte auf die Tür zu.
"Und wo willst du hin?", rief mein Vater ihr hinterher.
"Ich komme hier bestimmt ein paar Tage im Gästezimmer unter, bis ich eine Wohnung gefunden habe.", mit diesen Worten ließ sie die Tür ins Schloss fallen und war nicht mehr aufzuhalten.
"Babe? Was ist in den letzten Minuten passiert, dass wir jetzt eine neue Mitbewohnerin haben", Tim sah mich mit großen Augen und einem breiten Grinsen, wobei er seine Zähne zeigte, an. Hilfesuchend blickte ich meinen Vater an, welcher sich die Stirn hielt.
"Das ist doch nicht ihr Ernst, oder Papa?", fragte ich besorgt.
"Spatz, du kennst deine Mutter. Spätestens heute Abend sitzt sie mit euch hier.", er atmete tief durch und sein Blick schweifte zu Tim. Dieser lief wortlos in den Flur, um eine kleine Dose zu holen, in der sich noch ein bisschen Gras befand; der zweite Handgriff ging in den Schrank der Anbauwand, aus dem er seine Bong holte. Stumm verfolgten mein Vater und ich mit unseren Augen meinen Freund, bis er sich zu uns gesetzt hatte.
"Auf ein paar aufregende Tage, würde ich mal behaupten.", sagte Tim und führte das Feuerzeug zum Kopf. 

Verloren - 3Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt