POV: Davi
"Was?! Jess, das kann doch jetzt nicht dein Ernst sein.", sagte ich energisch und blickte Jessica ungläubig an. Augenrollend saß sie mit verschränkten Armen vor mir auf dem Bürostuhl und atmete tief durch.
"Was hätte ich denn tun sollen? 'Vergiss es, Linda... April war abgemacht, seht zu, wie ihr bis dahin ohne Führungskraft klarkommt.' Das wäre bestimmt richtig gut rübergekommen."
"Wo sollen wir eine Arbeitskraft, wie du es bist, auf die Schnelle finden?", mein Ton wurde lauter, ich war fassungslos. - Damit habe ich nicht gerechnet, als sie mich ins Büro rief. -
"Glaubst du ernsthaft, dass gerade mich das kaltlässt? Ich hab doch schon Anzeigen geschaltet, ich hab sogar Aushänge in der Gegend verteilt.", Jessica sah mich mit großen Augen an, Enttäuschung lag in ihrem Blick.
"Bringt ja anscheinend nichts.", zuckte ich mit den Schultern und wandte meinen Blick von ihr ab.
"Hast du 'ne bessere Idee, als mich jetzt noch zur Sau zu machen. Dann schaff' mir doch mal jemanden so schnell ran, wenn du einen Mechatroniker an der Hand hast.", Jessicas Ton wurde straff, dass sogar ich schluckte.
"Gut...", sagte ich siegessicher und zog mein Handy aus der Tasche meines Blaumanns. In meiner Kontaktliste suchte ich nach der Nummer eines alten Bekannten und rief ihn an, für Jessica stellte ich den Anruf auf den Lautsprecher.*Die gewählte Rufnummer ist nicht vergeben. The dialed number ist not assigned.*
"Vorführeffekt...", lachte ich leicht."Pass bloß auf, mein Freund. Wenn das so weiter geht, hörst du bei mir bald auch kein Freizeichen mehr.", knurrte sie beinahe und sah mich finster an.
"Was ist denn in letzter Zeit mit dir los, Alter?", fragte ich genervt.
"Was los ist? Ich hab Angst, dass diese Werkstatt hier den Bach runtergeht, wenn ich weg bin. Ich glaube, dass du noch nicht mal gemerkt hast, hier bald den Sesselfurzer spielen zu dürfen. Auch wenn Ena das Büro schmeißt und dieses Team einmalig ist, heißt das nicht, dass du dann hier Kaffee trinken kannst und mal bissel an den Kisten rumschraubst. In dieser Werkstatt steckt mein Herz, ich weiß auch selber, dass ich die Zweigstelle in Berlin wollte, aber glaubst du wirklich, dass mir dieser Abschied leicht fällt?", Jessica wurde mit jeden Satz ruhiger, bis sie bei der abschließenden Frage fast stumm war. Ein trauriger und schmerzerfüllter Blick war in ihren Augen zu erkennen. Sie rümpfte die Nase, zog sich aus ihrer Schachtel eine Zigarette heraus und stand auf. "Ich muss hier raus.", sagte sie aufgelöst und ließ mich in dem Büro zurück.Ich erhob meinen Blick von dem grauen Boden und ließ ihn durch den Raum gehen. Auf dem Regal hinter dem Schreibtisch sah ich das eingerahmte Bild von Jessica. Damals hatte sie vor ihrer Werkstatt ein Foto aufgenommen, mit dem ersten Auto, dass sie erfolgreich reparierte. Ich atmete tief durch, nahm von dem Garderobenständer ihre Jacke und lief ebenfalls nach draußen.
Zitternd und mit verschränkten Armen stand sie bei null Grad in ihrem Shirt und dem Blaumann vor der Werkstatt, umgeben von dem Rauch der Zigarette. Ich legte ihr die Jacke von hinten über die Schultern, ging um sie herum und sah in ihre glasigen Augen. "Es tut mir leid, ich habe mich falsch verhalten.", wieder rümpfte sie ihre Nase und blickte an mir vorbei. "Jess, es tut mir wirklich leid. Ich bin echt der mieseste Teilhaber, den es gibt. Von Anfang an hatte ich mich aus dem ganzen, so gut es ging, rausgehalten und will es am liebsten immer noch. Ich verspreche dir hoch und heilig auf das Leben von Sinbad, dass ich mich deutlich bessern werde und das Baby hier weiter an der Spitze halte."
Ihr trauriger Gesichtsausdruck schwankte leicht in Zufriedenheit über. "Wer ist Sinbad?", fragte sie noch leicht verweint und schnipste den glühenden Stummel weg, sie wischte sich die getrockneten Tränen von ihren Wangen.
"Der Graupapagei meiner Eltern.", lachend kratzte ich mich am Hinterkopf.
"Du läufst doch echt nicht mehr ganz rund.", lachte sie auf und räusperte sich. "Ich nehme dich beim Wort.", sagte sie versöhnlich, aber distanziert.
"Brauchst du noch jemanden für den Umzug morgen?", höflich fragte ich nach, doch sie schüttelte mit dem Kopf und zog ihre Augenbrauen nach oben.
"Sehr gut, dann kann ich ja...", mein Blick schweifte in die Halle. "arbeiten. Ich hab Schicht, weil du nicht kannst.", sie nickte. "Der Arsch, der die Dienstpläne schreibt, soll mir mal unter die Augen treten.", sagte ich genervt. Jessica stellte sich nah vor mich und sah mir in die Augen.
"Und was willst du dem Arsch sagen?", sagte sie kühl, wieder schluckte ich.
"Dass... Ähm... Dass ich den Nächsten schreibe und mich um eine neue Fachkraft kümmere, weil ich 'ne große Klappe habe.", der Druck, der aktuell auf den Schultern von Jessica lastete, wurde mir mit jedem Moment klarer.
"Den Blick merke ich mir, mal sehen wie viele ich noch so einschüchtern kann.", lachte sie mich an.
"Du bist echt unmöglich.", ich rollte mit meinen Augen.
"Immer wieder gern.", sie sah auf ihre Armbanduhr und wieder zu mir. "Du hast Feierabend.", sagte sie und lief langsam wieder in Richtung der Halle.
"Brauchst du den Feierabend eher wie ich?", fragte ich laut hinterher.
"Weiß ich ehrlich gesagt nicht.", antwortete Jessica.
"Scher dich heim, ich pack das schon.", sagte ich. Mit aufeinander gepressten Lippen ging sie nach oben, um ihre Tasche zu holen und verließ anschließend dankend den Hof.
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Verloren - 3
FanfictionMeine Fanfiction zur aufgelösten Band Trailerpark geht in die dritte Runde. Ich wünsche euch sehr viel Spaß beim lesen und mitfiebern. Der dritte Teil ist die Zerreißprobe für die Gruppe, doch wen trifft es am meisten? Die Geschichte ist frei erfu...